Polizeiskandal:Polizist bestiehlt tote Rentnerin

Ein Polizeihauptmeister hat einer toten Frau die EC-Karte gestohlen und damit 2000 Euro abgehoben. Nun quittiert er freiwillig den Dienst.

E. Müller-Jentsch

Aus Sorge um eine alte Nachbarin riefen Hausbewohner in Sendling die Polizei. Zwei Beamte öffneten die Wohnungstür und fanden die Seniorin - sie war tot. Ein heute 34-jähriger Polizeihauptmeister nutzte diese Situation: Er stahl die EC-Karte der alten Frau, fand auch den Zettel mit der Geheimzahl.

Polizeiskandal: Der damals 31-jährige Polizist hat einer toten Rentnerin die EC-Karte gestohlen. Nachdem er in ihrer Wohnung einen Zettel mit der PIN-Nummer gefunden hatte, hob er 2000 Euro vom Konto der Verstorbenen ab.

Der damals 31-jährige Polizist hat einer toten Rentnerin die EC-Karte gestohlen. Nachdem er in ihrer Wohnung einen Zettel mit der PIN-Nummer gefunden hatte, hob er 2000 Euro vom Konto der Verstorbenen ab.

(Foto: Foto: ap)

Dann hob er am Bankautomaten Geld ab. Vor einer Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts München musste sich der mittlerweile suspendierte Beamte am Montag verantworten. Kurz bevor das Urteil verkündet wurde, quittierte er den Dienst.

"Polizisten sollen Straftaten verhindern und aufklären", sagte die Prozessvertreterin des Polizeipräsidiums und forderte, dass der diebische Beamte aus dem Dienst entlassen wird. Per Strafbefehl war der Mann bereits zuvor zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden: Dass er mit der entwendeten EC-Karte jeweils nachts zwischen 1.30 und 2.30 Uhr bei zwei Banken an den Geldautomaten insgesamt 2000 Euro vom Konto der Toten abgehoben hatte, wurde rechtlich als "Computerbetrug" gewertet.

Damals hatte der Anwalt des Polizisten mit dem Staatsanwalt die Strafe ausgehandelt, um seinem Mandanten eine öffentliche Verhandlung zu ersparen. Das rächte sich nun. Denn nicht nur, dass der große Sitzungssaal im Verwaltungsgericht bei der Disziplinarverhandlung mit Schulklassen gut besetzt war.

Nun war es aus Sicht des Gerichts auch zu spät, die Schuldfähigkeit des diebischen Polizisten in Zweifel ziehen zu wollen. Das Verwaltungsgericht lehnte einen entsprechenden Antrag des Advokaten ab: Für die geforderte psychiatrische Untersuchung wäre das Strafverfahren der richtige Zeitpunkt gewesen, wies die Kammer den Beweisantrag ab.

Eheprobleme und Selbstmordversuche

Zuvor hatte der Beamte dem Gericht ein Ehemartyrium geschildert: Seine jüngere Ehefrau leide an dem Borderline-Syndrom und tyrannisiere ihn mit Eifersuchtsszenen und grundlosen Nörgeleien - bis sie dann vollends ausraste und unberechenbar gewalttätig werde. Der Polizeihauptmeister, dessen Statur jedem Disco-Türsteher zur Ehre gereichen würde, berichtete, dass er in solchen Situationen auch seine Kollegen zu Hilfe rufen musste.

Er habe sogar schon einmal ein Kontaktverbot gegen seine Frau erwirkt, dann aber wieder aufheben lassen. Er habe auch bereits einen Selbstmordversuch begangen, daraufhin hätte der Chef der Polizeiinspektion ihm dann verboten, abends die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen.

All diese Eheprobleme habe er auf sich genommen, damit die Ausbrüche der Frau sich nicht gegen ihre kleine Tochter richten, erklärte der Beamte. Warum er aber damals den Diebstahl begangen habe, könne er nicht erklären und sich auch kaum daran erinnern, sagt der mit 20000 Euro verschuldete Hauptmeister. Er habe sich nach seiner Suspendierung von der Außenwelt zurückgezogen und weitere Selbstmordgedanken gehabt. Jetzt sei er in psychiatrischer Therapie.

"Wir würden der Klage des Freistaats stattgeben", sagte nach kurzer Beratung das Gericht - es hatte sich auch durch das familiäre Drama nicht milde stimmen lassen. "Diebstahl und Computerbetrug durch einen Polizisten sind dem Dienstherrn und auch der Öffentlichkeit nicht zuzumuten", sagte die Vorsitzende. Daraufhin beantragte der Polizist selbst die Entlassung (Az.:M19DK09.3455).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: