Der neue Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä sieht im Kampf gegen den Rechtsextremismus eine der zentralen Aufgaben der Polizei in München und setzt damit zu Beginn seiner Amtszeit einen überraschenden Akzent. Die Polizei werde sich mit dem Thema "intensiv beschäftigen", sagte Andrä in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. "Die rechte Szene soll wissen, dass wir ihnen auf die Finger schauen und ihnen auf den Fersen sind", sagte Andrä und fügte hinzu: "Wir werden überlegen, wie wir ihnen das Gefühl noch intensiver vermitteln können." Dafür brauche die Polizei nicht unbedingt mehr Personal.
Aktuell etwa beobachtet die Polizei die Umtriebe im "braunen Haus" in Obermenzing, einer Nazi-WG, die sich zum bayernweiten Szene-Treff entwickelt hat. Und dann gilt es, die Verbindungen eines Schwabingers zu Rechtsextremen zu klären, in dessen Wohnung kürzlich eine Nagelbombe gefunden wurde.
Auch auf einem zweiten Punkt will Andrä besonderes Augenmerk legen. Zwar sei München "sicherste Millionenstadt", das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger wird nach seiner Einschätzung aber stark durch ein Delikt gefährdet, das nur selten große Schlagzeilen verursacht: Wohnungseinbrüche. Die Erfahrung, dass Fremde in die eigene Privatsphäre eingedrungen seien, sei für jeden Betroffenen eine "starke Belastungssituation".
Andrä übernimmt die Führung der Polizei in keiner ganz einfachen Situation. Unter seinem Vorgänger Wilhelm Schmidbauer, der zum Landespolizeipräsidenten aufgestiegen ist, hat es eine Reihe von Übergriffen gegeben, die heftige öffentliche Kritik ausgelöst haben. Am spektakulärsten war dabei der Fall Teresa Z. Der Frau, die zu diesem Zeitpunkt gefesselt und damit wehrlos war, war im Polizeirevier in der Au durch einen Polizeibeamten das Nasenbein und die Augenhöhle gebrochen worden. Schmidbauer hatte den Faustschlag des Beamten zunächst als konsequentes Vorgehen verteidigt und konnte sich auch später nicht zu einer klaren Entschuldigung durchringen. Stattdessen wurde in umfangreichen Ermittlungen nach Belastungsmaterial gegen das Opfer gesucht.
Andrä rückt von dieser Linie offenbar vorsichtig ab, auch wenn das Wort "Entschuldigung" noch immer nicht fällt. Es sei "immer bedauerlich, wenn bei einem Polizeieinsatz Beteiligte verletzt werden". Das stehe "außer Frage". Die strafrechtliche Bewertung im Fall Teresa Z. müsse aber das Gericht vornehmen. Aufgabe der Polizei sei es, "im Nachgang die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen".
Zugleich wehrte sich Andrä aber gegen den Eindruck, dass Übergriffe wie im Fall Teresa Z. bei der Polizei zu Alltag gehörten. "Der Eindruck der prügelnden Münchner Polizei wird den Kollegen nicht gerecht", sagte er. Dass als Konsequenz die internen Ermittlungen in solchen Fällen künftig vom Landeskriminalamt geführt werden, ist in Andräs Augen "richtig", er sprach sich aber dagegen aus, eine völlig unabhängige Stelle außerhalb des Polizeiapparates mit solchen Ermittlungen zu betrauen.
Andrä bestätigte, dass die jahrelange Praxis, bei vier Telefonapparaten des Kriminaldauerdienstes die Gespräche aufzuzeichnen, fürs Erste "gestoppt" worden sei. "Wir prüfen gerade, ob das überhaupt notwendig ist", sagte der Polizeichef. Wenn es sich als für die Polizeiarbeit notwendig herausstelle, müsse es für die Aufzeichnung eine "rechtliche Grundlage" geben. Eine individuelle Kennzeichnung von Polizisten in Sondereinheiten wie den Unterstützungskommandos (USK) hält Andrä "nicht für notwendig".
Das vollständige Interview lesen Sie in der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag, 30. Juli 2013.