Polizei warnt von Betrügern:Mitleidstour am Stadtrand

Sie geben sich als Gehörlose aus - doch sie wollen ans Geld hilfsbereiter Menschen. Etwa ein Dutzend solcher Fälle gab es diesen Sommer bereits in und um München. Nun warnt die Polizei vor den Trickbetrügern.

Von Florian Fuchs

Es sah alles ausgesprochen offiziell aus, sogar eine Unterschriftenliste hatten die beiden angeblich gehörlosen Männer dabei. Die Spender sollten darauf Name, Postleitzahl und Heimatstadt angeben sowie die Höhe des Betrags, den sie geben wollten. Mehrere Spender hatten sich bereits eingetragen mit Beträgen von fünf bis zehn Euro, als eine 74-Jährige auf dem Parkplatz vor zahlreichen Geschäften in Ottobrunn ankam und das alles verdächtig fand.

Sie verweigerte eine Spende und die Unterschrift sowieso, stattdessen alarmierte sie die Polizei. Als die Beamten die Spendensammler kontrollierten, waren sie überrascht: Die Männer waren gar nicht gehörlos, sie hatten keine Sprachbehinderung. Und sie hatten auch keinen offiziellen Sammelauftrag - sondern wollten durch den Betrug ein paar Euro abgreifen.

Etwa ein Dutzend ähnlicher Fälle gab es diesen Sommer bereits in München und dem Landkreis, heißt es bei der Polizei. Die Täter gehen immer nach demselben Muster vor: Sie täuschen ein körperliches Gebrechen vor oder erzählen eine mitleiderregende Geschichte und behaupten, für eine Organisation tätig zu sein. Stattdessen sind sie Trickbetrüger. "Es ist kein neues Phänomen und es ist bestimmt nicht so, dass uns dieses Problem in München überflutet", sagt Jana-Lena Beckmann. "Aber letzten Sommer hatten wir diese Fälle nicht so oft wie in diesem Jahr."

Beckmann leitet das Kommissariat 65, zusammen mit ihren Mitarbeitern bearbeitet sie Trickdiebstähle. Sie erzählt, dass die Täter meist nicht in der Innenstadt auf bereitwillige Spender zukommen, sondern eher in ruhigeren Stadtteilen oder in Vororten. Und da oft auf Parkplätzen zum Beispiel vor Supermärkten, wo reger Kundenverkehr herrscht - und nicht so viel Polizei unterwegs ist wie in der Innenstadt.

"Wir können das schnell klären"

Manchmal, berichtet die Expertin, sehen die Sammelaktionen gar nicht so professionell aus, so dass man sie leicht durchschauen kann. Vor zwei Monaten etwa nahmen Beamte drei junge Männer fest, die mit einem Zettel in der Hand um Geld warben, auf dem stand: "Zertifikat des regionalen Verbundes für Taubstumme und körperlich behinderte Personen und für die armen Kinder wollen wir ein internationales Zentrum erschaffen um bauliche Anlagen zu bauen."

Zeugen berichten bei der Polizei oft, dass ihnen die Aktion komisch vorkam - sie dann aber doch nicht genauer nachgefragt und Geld gespendet haben. Das Präsidium setzt auf zivile Beamte und Taschendiebfahnder, um den falschen Spendensammlern beizukommen. Mit der neuen Bettelverordnung, betont Beckmann, habe die Masche nichts zu tun. "Das läuft unter Betrug und eventuell auch Urkundenfälschung."

Die Kommissariatsleiterin betont, dass sich niemand abschrecken lassen soll, an Hilfsorganisationen zu spenden. Wenn man aber auf der Straße angesprochen werde und einem an Spendensammlern etwas seltsam vorkomme, solle man die Polizei rufen. "Wir sind meist innerhalb weniger Minuten da und können das schnell klären."

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