Polizei:Nach sexuellem Missbrauch: Mehr als 100 Ebersberger sollen Speichelprobe abgeben

Lesezeit: 3 min

  • Ende September haben zwei Männer eine 23-Jährige in Egmating im Landkreis Ebersberg sexuell missbraucht, nachdem sie sie mit Alkohol willenlos gemacht hatten.
  • Die Polizei hat mehr als 100 junge Männer dazu aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben.

Von Barbara Mooser, Egmating

108 junge Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren werden in diesen Tagen aufgefordert, eine Speichelprobe bei der Polizei abzugeben. Diese hofft, durch die DNA-Tests eine schwere Sexualstraftat aufzuklären, die sich Ende September in Egmating ereignet hat.

Zwei Männer hatten eine 23-Jährige, die sie wohl durch Alkohol willenlos gemacht hatten, sexuell missbraucht. In der Gemeinde ist die Betroffenheit über die Tat groß: "Ich bin schockiert, dass so etwas bei uns in Egmating passieren kann", sagt Dritter Bürgermeister Bernhard Wagner.

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Die junge Frau hatte in der Nacht vom Freitag, 23. September, auf Samstag, 24. September, die beiden Männer in einem Münchner Lokal kennengelernt. Durch sehr viel Alkohol versetzten sie die junge Frau in einen Zustand, "in welchem sie nicht mehr zum Widerstand fähig war", wie es die Polizei formuliert.

Dass möglicherweise auch K.-o.-Tropfen im Spiel waren, will ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord nicht ausschließen, ein Nachweis sei hier aber "bekanntlich sehr, sehr schwierig". Die Männer brachten die wehrlose Frau in eine Wohnung und missbrauchten sie beide. Danach durfte die 23-Jährige, die aus dem Münchner Umland stammt, die Wohnung verlassen, sie wurde gefunden, als sie in Egmating orientierungslos herumirrte.

Wo die Wohnung lag, in der sich die Tat ereignet hatte, konnte das Opfer aufgrund seines Zustands nicht genau beschreiben. Allerdings, so die Polizei, könne man "den Tatort mit einer Weg-Zeit-Berechnung auf die Ortschaft Egmating eingrenzen".

Weil von den Tätern DNA-Material gesichert wurde, hat die Kriminalpolizei nun alle jungen Männer im relevanten Alter zu einer Speichelprobe und einem Gesprächstermin aufgefordert. Die entsprechenden Einladungen werden die Betroffenen in den nächsten Tagen im Briefkasten haben.

Die Überprüfung hat sich unter den jungen Leuten herumgesprochen

Der Termin soll an einem der nächsten Wochenenden stattfinden; Details dazu nennt die Polizei mit Rücksicht auf diejenigen Männer, die nichts mit der Tat zu tun haben, nicht. Man gehe davon aus, dass viele der Angeschriebenen den Termin wahrnehmen könnten, so ein Polizeisprecher. "Falls es bei einigen an diesem Termin aber partout nicht geht, finden wir auch andere Möglichkeiten."

Bürgermeister Ernst Eberherr hat für den Speicheltest den Gemeindesaal zur Verfügung gestellt, dies sei selbstverständlich, sagt er: "Wir wollen alles tun, um der Polizei zu helfen." Von der Tat habe er erst vor etwa zwei Wochen erfahren; es sei "zutiefst bedauerlich", was hier passiert sei, und sehr schlimm für die Betroffene. "Ich hoffe, dass sie die Täter erwischen", so Eberherr, allerdings bestehe natürlich auch die Möglichkeit, dass sie erst 19 oder über 30 seien und somit gar nicht zu denen gehören, die jetzt zum Test aufgefordert sind. "Aber irgendwo muss man mal anfangen, hat die Polizei gesagt."

Unter den jungen Leuten im Ort hat sich die anstehende Überprüfung bereits herumgesprochen. Wie SPD-Gemeinderätin Magdalena Wagner, 25, sagt, habe sie zwar von der Tat damals im September nichts mitbekommen, seit einigen Tagen sei sie aber doch ein Thema in Egmating. Bisweilen sei dabei auch zu hören, dass die junge Frau aufgrund ihres Alkoholkonsums selbst schuld sei an dem, was vorgefallen sei: "Das habe ich als sehr unangenehm empfunden." "Natürlich wird jetzt über den Vorfall gesprochen", sagt auch Markus Kätzlmeier, 27, Vorsitzender des örtlichen Burschenvereins.

Er selbst hat zwar bisher noch keine Einladung zu dem Test bekommen. Für ihn wäre es aber eine Selbstverständlichkeit, der Aufforderung nachzukommen, sagt er, und auch den anderen Mitgliedern im Verein - viele von ihnen sind genau in dem fraglichen Alter - rate er das: "Wenn es für das Dorf förderlich ist, dann soll man das auch machen." Es sei aber selbstverständlich jedem selbst überlassen, wie er das handhabe.

Den letzten Massengentest gab es nach dem Badewannenmord in Poing

Auf die Möglichkeit, durch Speichelproben Tatverdächtige zu ermitteln, greift die Polizei höchst selten zurück. Die Vorbereitung, die Probennahme selbst und auch die Auswertung seien äußerst aufwendig, so ein Polizeisprecher. Da die bisherigen Ermittlungen aber noch nicht zu den Tätern geführt hätten, habe man sich nun zu dieser Maßnahme entschieden.

Im Landkreis hatte es zuletzt einen Massengentest gegeben, als es um die Aufklärung des sogenannten Badewannenmordes in Poing ging. Damals, im September 2002, waren knapp 1500 Männer aus Poing im Alter zwischen 14 und 60 Jahren aufgerufen, eine Speichelprobe abzugeben. Keiner der Untersuchten kam allerdings als Täter in Frage. Der Mörder wurde erst später gefasst, weil ein Video der Tat auftauchte.

Grundsätzlich ist die Teilnahme am Test freiwillig. Weigere sich aber jemand, seine Probe abzugeben, werde man diesen Fall genauer prüfen, so ein Polizeisprecher. Sollte es Verdachtsmomente geben, wäre es unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaft auch möglich, den Test zwangsweise durchzuführen. Was das Opfer betrifft, so hat die Tat gravierende Nachwirkungen. Die junge Frau benötige nach wie vor psychologische Betreuung, so der Polizeisprecher.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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