Süddeutsche Zeitung

Vor dem G-7-Gipfel:Münchner Polizei will "zivilen Ungehorsam" nicht dulden

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In der Landeshauptstadt sind am Wochenende 3000 Beamte im Einsatz. Zu einer Großdemonstration am Samstag werden bis zu 40 000 Menschen erwartet - darunter knapp tausend, die dem linksautonomen "Schwarzen Block" zugerechnet werden.

Von Martin Bernstein

Noch gibt es kein Bekennerschreiben - aber Jubel in der Szene: "Sie feiern es", sagt Münchens Polizeivizepräsident Michael Dibowski am Tag nach dem Brandanschlag, bei dem acht in Haidhausen abgestellte Mannschaftswagen der Bundespolizei von noch unbekannten Tätern zerstört wurden. Rund 3000 Beamte werden im Umfeld des G-7-Gipfels allein in München im Einsatz sein. Um weitere Anschläge möglichst zu verhindern, um die mittlerweile 18 angekündigten Versammlungen mit Gipfelbezug zu begleiten, um Teilnehmer des Polittreffens zu eskortieren und deren Unterkünfte zu schützen - aber auch, um angesichts von Großkundgebungen und weiteren Veranstaltungen dafür zu sorgen, dass der Verkehr in München an diesem Wochenende nicht völlig kollabiert.

Zur Großdemonstration "Klimakrise, Artensterben, Ungleichheit - gerecht geht anders" am Samstag werden mindestens 20 000 Teilnehmer erwartet. Es könnten aber auch, wie vor sieben Jahren, durchaus doppelt so viele werden. Dibowski und die Münchner Polizei stellen sich darauf ein. Und darauf, dass die allermeisten wie vor sieben Jahren, als Polizei und Feuerwehr den Demonstranten sogar mit Wasser über hitzebedingte Durststrecken halfen, friedlich und fantasievoll ihr Anliegen auf die Straße bringen wollen. Aber eben möglicherweise nicht alle.

Die Vorgespräche mit den Veranstaltern der Münchner Großdemonstration, unter ihnen Bund Naturschutz, Naturfreunde, Misereor, Brot für die Welt und Welthungerhilfe, sind laut Dibowski "sehr gut gelaufen". Doch auch knapp tausend Teilnehmer, die dem linksautonomen "Schwarzen Block" zugerechnet werden, erwartet die Münchner Polizei. Zur Kundgebung werde in dieser Szene bundesweit mobilisiert, wenn auch in geringerem Ausmaß als 2015 vor dem letzten Elmauer Gipfel. Was der Münchner Polizei in die Karten spielt: Auf das G-7-Treffen in den bayerischen Bergen folgt unmittelbar ein Nato-Gipfel in Madrid. Für militante Gegner aus dem Ausland ist er offenbar das bevorzugte Ziel, internationale Aufrufe zu Protesten in München oder Elmau gebe es bisher kaum, sagt Dibowski: "Das ist uns ganz recht."

Doch nicht nur Gewalttätern will die Münchner Polizei konsequent entgegentreten, sondern auch Versuchen zu sogenanntem "zivilen Ungehorsam". Das sei ein "erfundener Rechtsbegriff", stellt Münchens zweithöchster Polizist die Position der Sicherheitsbehörden klar - wer damit argumentiere, verharmlose Straftaten. Straßenblockaden oder Störaktionen wie im September im Umfeld der Autoschau IAA würden deshalb keinesfalls toleriert und begangene Rechtsverstöße konsequent angezeigt. "Legitimer Protest endet dort, wo strafbares Verhalten beginnt", so der Polizeivizepräsident. Gezielt kontrollieren will die Münchner Polizei deshalb bereits die möglichen Anreisewege. In den Zügen und an Bahnhöfen erhält sie dabei Unterstützung durch die Bundespolizei.

Der Differenzierung zwischen friedlichen Versammlungsteilnehmern und gewaltbereiten Gruppen komme eine besondere Bedeutung zu, erläutert Dibowski am Donnerstagmittag die Einsatzphilosophie der Münchner Polizei. "Sollten Angehörige der linksautonomen Szene versuchen, ihr Gewaltpotential - im Schutz der Mehrheit friedlicher Versammlungsteilnehmer - auszuleben, wird die Münchner Polizei konsequent dagegen vorgehen", so der Polizeivizepräsident.

Noch mehr als für München könnte das für die Proteste in und um Garmisch gelten, die für die folgenden Tage angekündigt sind. Auch dort werden Münchner Polizisten zum Einsatz kommen - im Führungsstab, aber auch Spezialkräfte und Kriminalbeamte. Die Münchner Polizei erhält ihrerseits Unterstützung aus anderen Bundesländern. Nach der Sicherheitskonferenz Mitte Februar ist das G-7-Treffen, das nur scheinbar weit entfernt im Wettersteingebirge stattfindet, bereits der zweite Großeinsatz für die Münchner Polizei in diesem Jahr.

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