Polizei kontrolliert Radfahrer:Rotsünder im Visier

Mit Schwerpunktkontrollen versucht die Polizei, uneinsichtige Radfahrer zu erziehen. Diese reagieren äußerst grantig.

Bernd Kastner

Es ist der berühmte Vorführeffekt, der sich an diesem Nachmittag einzustellen scheint. Da haben die Polizisten ein ziviles Motorrad mit integrierter Videokamera an der Leopoldstraße postiert, haben ihre Funkgeräte mehr oder weniger zum Laufen gebracht, die Sonne scheint und unzählige Radler kommen des Wegs. Aber dann halten die allermeisten von ihnen an, wenn die Ampel an der Georgenstraße rot zeigt. Dabei ist sich Martin Cornils von der Verkehrspolizei sicher, einen guten Platz für die Schwerpunktkontrolle gewählt zu haben.

Polizei kontrolliert Radfahrer: Auch für Münchens Radler gelten seit 1. September neue Regeln.

Auch für Münchens Radler gelten seit 1. September neue Regeln.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Die Radler gehören zu seinen Sorgenkindern. Nicht nur, weil sie immer wieder Opfer des toten Winkels werden, wenn abbiegende Lastwagenfahrer die Radler übersehen. Sondern auch, weil viele Radfahrer Unfälle selbst verursachen. Cornils hat zwei Zahlen parat: 1109 Unfälle mit Radlern registrierte die Polizei im ersten Halbjahr 2009 - 642, also mehr als die Hälfte, hatten die Radler selbst verursacht. Immerhin kann Cornils von einem gefühlten Trend berichten: "Dass die Radler die Regeln mehr und mehr akzeptieren." Früher hätten die meisten gesagt: Ich bin doch sowieso der schwächere Verkehrsteilnehmer, was geht mich die Straßenverkehrsordnung an.

Zehn Minuten dauert es, bis der erste Radler tut, was er nicht darf. Zweihundert Meter weiter am Siegestor blickt der junge Mann durch seine schwarze Sonnenbrille nicht nur auf eine rote Kelle, sondern auch in Kameras. Ein Pulk Journalisten stürzt auf ihn, der Rot-Sünder wird grantig. Reden will er nicht, auch nicht mit dem Polizisten, der übers Bußgeld aufklärt: Leuchtete das Rot kürzer als eine Sekunde, sind es 45 Euro plus Gebühr; bei mehr als einer Sekunde 100 Euro. "Nicht gesehen?", fragt ihn der Beamte, er meint die Ampel. Der Mann seufzt nur.

Berüchtigt sind Leopold- und Ludwigstraße wegen der Geisterradler, also jenen Unbelehrbaren, die den Radweg in die falsche Richtung benutzen. Erst vor ein paar Wochen kam es deshalb vor der Uni zu einem Unfall, eine Studentin wurde schwer verletzt. Doch auf Geisterradler hat es die Polizei am Montag nicht abgesehen, und als doch einer, trotz all der Uniformen vor dem Siegestor, daherkommt, wird er nur belehrt. "Danke", sagt der Schüler. Es hätte eigentlich 15 Euro gekostet.

Der zweite Rotsünder ist ebenso grantig wie der erste. Er schimpft auf die Polizei, die nur die "Staatskasse auffüllen" wolle, und auf die Fernsehsender, die ihr Programm mit solchen Kontrollen "füllen" wollten. "Gute Fahrt", wünscht der Polizist - der Radler antwortet: "Und Ihnen viel Glück." Ehrlich klingt anders.

Dann scheppert das Funkgerät. Ein Beamter meldet, warum fast alle Radler anhalten: Ein "Warner" hat sich ein paar Meter vor der Georgenstraße postiert, einer, der die Radler auf die Polizei hinweist. Da lachen sie ein bisschen bitter, die Beamten, und zucken mit der Schulter: Verboten sei das nicht. Schließlich machen die Radiosender mit den Hinweisen auf die Blitzer genau dasselbe.

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