Polizei:Drei Schwerverletzte in der Neujahrsnacht

  • In Kirchtrudering hat ein psychisch Kranker versucht, einem Mann die Augen herauszudrücken. Das Opfer liegt mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus.
  • Er ist nicht der einzige Schwerverletzte in der Münchner Silvesternacht: Eine 14-Jährige brach beim Versuch, ein Selfie zu machen, durch eine Glaskuppel.
  • Ein Jugendlicher verlor durch einen Böller Teile seiner Hand.
  • Insgesamt berichtet die Polizei von 250 Einsätzen an Silvester.

Von Martin Bernstein

Die Neujahrsnacht in München wird überschattet von einem Überfall - buchstäblich aus dem Nichts, aber mit schrecklichen Folgen. Ein psychisch kranker Mann hat in Kirchtrudering einen 58-Jährigen angegriffen und versucht, mit den bloßen Fingern die Augäpfel des Opfers herauszudrücken. Durch die Schreie des Angegriffenen wurden mehrere Anwohner auf das Geschehen aufmerksam.

Die per Notruf 110 alarmierten Polizisten konnten den Täter, einen auffällig verwirrten 20-Jährigen aus dem Landkreis Regen, noch am Tatort in der Ruppanerstraße überwältigen und festnehmen. Er wurde in die forensische Abteilung des Klinikums Haar gebracht. Sein Opfer liegt mit schwersten Augenverletzungen in einem Münchner Krankenhaus.

Auch für ein 14-jähriges Mädchen und dessen Eltern begann das neue Jahr schrecklich. Bei einem Selfieversuch brach die Jugendliche nach Angaben der Berufsfeuerwehr durch eine Glaskuppel am Marsplatz und stürzte etwa vier Meter in die Tiefe. Sie verletzte sich dabei schwer an der Lendenwirbelsäule. Von einer Einliegerwohnung aus hatte eine Gruppe von Mädchen, das Flachdach der Augenoptikerschule geentert.

Um vermeintlich schöne Erinnerungen an die Silvesternacht zu haben, kamen die Jugendlichen auf die Idee, von dort oben Selfies zu machen. Die 14-Jährige trat dabei auf eine Glaskuppel. Diese zerbrach und das Mädchen landete im vierten Stock des Gebäudes. Um sie so schonend wie möglich auf den Boden zu bringen, forderte die Besatzung eines Rettungswagens die Drehleiter der Feuerwache Pasing an. Die 14-jährige wurde in den Schockraum einer Münchner Spezialklinik gebracht.

Ebenfalls in einer Spezialkinik liegt ein Jugendlicher, dem ein Silvesterböller kurz nach Mitternacht Teile der rechten Hand abgerissen hat. Die Mannschaft der Feuerwache Ramersdorf hatte sich gerade zum Neuen Jahr vor der Fahrzeughalle gratuliert. Plötzlich hörten sie einen dumpfen Knall von einer Bushaltestelle auf der gegenüberliegenden Seite der Anzinger Straße. Dort entdeckten sie, alarmiert von den entsetzten Freunden des Verunglückten, den schwer verletzten Jugendlichen.

Nur wenige Minuten nach dem das Neue Jahr begonnen hatte, wählten mehrere Bewohner eines Gebäudes in der Lazarettstraße den Notruf. Auf dem Balkon eines Mehrparteienhauses brannte es. Einsatzkräfte der Feuerwache Schwabing konnten in letzter Minute verhindern, dass die Flammen auf den Balkon der darüber liegenden Wohnung übergriffen. Die Mieter der durch Verrußung unbewohnbaren Brandwohnung waren nicht zu Hause.

Der Sachschaden wird derzeit auf etwa 100.000 Euro geschätzt. Insgesamt registrierte die Feuerwehr in München zwischen 19 Uhr am Silvesterabend und sechs Uhr am Neujahrsmorgen 119 Einsätze. In 83 Fällen hatten Feuerwerkskörper nur Mülltonnen oder Papierkörbe in Brand gesetzt. Flammen zerstörten oder beschädigten aber auch ein Auto, eine Gartenlaube, ein Mülltonnenhäuschen und sechs Balkone. Die Integrierte Leitstelle München verzeichnete 458 Rettungsdienst- und Notarzteinsätze.

Eigene Wohnung mit Feuerwerkskörpern angezündet

In Pasing zündeten vier Kinder am Neujahrstag einen offenbar ungeprüften Silvesterböller. Die 11- bis 14-Jährigen hatten sich in der Richard-Riemerschmid-Allee laut Polizeibericht im Kreis aufgestellt und ihre Hände über den Sprengsatz gehalten, um diesen vor Wind zu schützen. Als ihn einer der Jungen anzündete, explodierte der Böller sofort. Die vier Kinder zogen sich ein Knalltrauma und Verbrennungen an den Händen zu, ein weiterer wurde an der Brust verletzt. Sie kamen in ein Krankenhaus.

Rund 250 "silvestertypische Einsätze" hatte die Polizei, die zusätzlich fünf Einsatzhundertschaften aufgeboten hatte, die schon seit dem Abend in mehreren Stadtvierteln auf Streife gingen. Nach Angaben von Polizeisprecher Sven Müller handelte sich bei den Einsätzen hauptsächlich um Streitereien und Randale (64 Fälle), verbotenerweise eingesetzte Pyrotechnik (21), Sachbeschädigungen (14), Körperverletzungen (33), Ruhestörungen (53) und Brände (36). Am Friedensengel, dem Europaplatz und in den angrenzenden Parkanlagen feierten rund 7000 Personen - "mit viel Alkohol und Pyrotechnik", so der Sprecher. Vier Stunden lang mussten dort rund um den Jahreswechsel die Straßen gesperrt werden. Im Olympiapark begrüßten rund 4000 Münchner das neue Jahr.

Auf dem Marienplatz feierten rund 6000 Menschen, bewacht von mehr als hundert Bundes- und Landespolizisten. Zeitweise sei "kein Durchkommen" mehr gewesen, sagte Müller. Auf Anordnung der Polizei fuhr die S-Bahn den Marienplatz wegen Überfüllung zeitweise nicht mehr an. Mehrere Personen hatten verbotene, meist aus Tschechien oder Polen stammende Böller mit unkalkulierbarer Sprengkraft dabei. Sie wurden wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz angezeigt. Andere schossen oder warfen Feuerwerkskörper gezielt auf Menschen. Sie müssen sich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzungen verantworten. Fälle von "Antanzen" oder sexuelle Übergriffe auf Frauen sind der Münchner Polizei dagegen bis zum Neujahrsnachmittag nicht bekannt geworden.

Bereits am Freitagabend hat offenbar eine Gruppe Jugendlicher beim Aussteigen aus einem Bus der Linie 60 an der Haltestelle Max-Wönner-Straße in der Fasanerie eine Silvesterrakete gezündet und zurück in den Bus geworfen. Die Rakete sauste unkontrolliert durch den Bus, richtete aber nur geringen Sachschaden an. Der 46 Jahre alte Fahrer, der um 20.30 Uhr als einziger noch im Bus saß, erlitt jedoch ein Knalltrauma im Ohr. Die Experten vom Kommsissariat 13, die dieser Tage alle Hände voll zu tun haben, ermitteln wegen gefährlicher Körperverletzung und bitten um Zeugenhinweise (Telefon 089/29100).

Ein Mann, der ebenfalls schon am Freitagnachmittag Feuerwerkskörper in seiner eigenen Wohnung gezündet hatte, wird die nächste Zeit in Stadelheim verbringen. Gegen den 52-Jährigen ermitteln die Beamten des Kommissariats 13 wegen schwerer Brandstiftung. Durch das Feuer entstand laut Polizei ein Sachschaden von mehr als 150.000 Euro.

Da die Wohnung in der Bastianstraße am Hart komplett ausgebrannt ist, hat der Mann keinen festen Wohnsitz mehr, argumentierte der Ermittlungsrichter. Der Tatverdächtige muss deshalb, wie in solchen Fällen üblich, in Untersuchungshaft. Zuvor war er mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht worden. Von dort türmte er, wurde dann aber vom Kriminaldauerdienst vor seiner Wohnung geschnappt.

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