Polizei:"Das Trümmerfeld ist groß": Polizei verfolgt 66-Jährigen quer durch München

  • Nach einer wilden Verfolgungsjagd mit der Polizei war der mittlere Ring für mehrere Stunden gesperrt.
  • Ein Autofahrer hatte in der Nacht zunächst einen Zaun am Ostbahnhof gerammt, als er später von der Polizei kontrolliert werden sollte, randalierte der Mann.
  • Die Einsatzkräfte gaben einen Warnschuss ab und überwältigten ihn schließlich mit Hilfe von Pfefferspray.

Von Thomas Schmidt

Zwei Wochen nach der Schießerei in Unterföhring, bei der eine junge Polizistin lebensgefährlich verletzt wurde und noch immer im Koma liegt, ist erneut ein völlig harmloser Routineeinsatz der Münchner Polizei gefährlich eskaliert. Mit drei leicht verletzten Beamten und zwei beschädigten Autos ging er noch vergleichsweise glimpflich aus.

Der Einsatz begann mit einem Anruf, wie die Polizei berichtet. Ein Zeuge meldete sich Mittwochfrüh gegen 1.40 Uhr bei der Polizei. Er hatte gesehen, dass ein Autofahrer an der Preysingstraße in Haidhausen einen Bauzaun gerammt hatte und anschließend wegfuhr. Die herbeigerufenen Polizisten sahen sich die Unfallstelle an und fanden trotz der Dunkelheit ein abgefallenes Nummernschild auf dem Boden liegen. Eine Abfrage bei der Zentrale ergab, dass das Kennzeichen zu einem Dacia Duster einer Frau gehört, die in der Nähe wohnt. Der Fall schien nicht sonderlich kompliziert zu sein.

Es war inzwischen etwa vier Uhr, als die Polizisten bei der Adresse ankamen. Noch bevor sie an der Tür klingelten, sahen sie den geparkten Unfallwagen und hinter dem Steuer einen schlafenden Mann. Als die Einsatzkräfte ihn weckten, wollte er sich aber auf keinen Fall kontrollieren lassen. Statt auszusteigen, gab er Vollgas. Die Polizisten nahmen die Verfolgung auf.

Der 66-jährige Münchner raste über die Grillparzerstraße auf den Mittleren Ring, dicht hinter ihm folgten Streifenwagen. An der Ifflandstraße setzte sich dann ein Polizeiauto neben den Dacia. Der 66-Jährige wollte den Streifenwagen von der Straße abdrängen und rammte den BMW seitlich. Während es den Polizisten gelang, ihr Auto in der Spur zu halten, geriet stattdessen der Dacia ins Schleudern, rauschte gegen eine Leitplanke und blieb am Straßenrand liegen.

Sofort stiegen sechs Polizeibeamte aus und wollten den Mann aus dem zerbeulten Wagen holen, doch in dem Moment lehnte sich der 66-Jährige hinüber zum Handschuhfach und holte ein Klappmesser hervor. "Hände weg vom Handschuhfach!", rief ein Beamter, wie Polizeisprecher Thomas Baumann berichtete. Ein Polizist zog seine Dienstwaffe und feuerte einen Warnschuss in die Luft ab. Seine Kollegen schlugen die Seitenfenster ein und sprühten Pfefferspray ins Wageninnere. Das setzte den 66-Jährigen außer Gefecht, sodass er sich ohne weitere Gegenwehr von den Polizisten aus dem Auto zerren ließ.

Zwei Polizisten zogen sich leichte Schnittwunden zu, als sie die Seitenscheiben des Fahrzeugs einschlugen. Ein dritter bekam eine Salve des Pfeffersprays ab und musste ebenfalls behandelt werden. Der 66-jährige Fluchtfahrer wurde ins Krankenhaus gebracht, ob er sich bei dem Unfall verletzt hat, war zunächst nicht bekannt. Der Mittlere Ring musste vom Effnerplatz bis zur Dietlindenstraße gesperrt werden, zunächst in beiden Fahrtrichtungen, später nur noch in westlicher Richtung. Erst gegen 7.30 Uhr war die Straße wieder für den Verkehr freigegeben.

Auf den 66-Jährigen dürfte nun einiges zukommen, die Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch einen Haftbefehl beantragt. Die Liste der Vorwürfe ist stattlich: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Unfallflucht, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Trunkenheit im Straßenverkehr - offenbar hatte der Mann vor seiner halsbrecherischen Flucht auch noch gesoffen. Sein Führerschein wurde beschlagnahmt, der Mann ist der Polizei bekannt: Im August 2016 hatte der berufliche Kraftfahrer in Ebersberg beim Abbiegen mit einem Lkw eine Radfahrerin übersehen, sie überrollt und getötet.

Wie er an die Autoschlüssel des Wagens seiner Frau gelangen konnte, müssen die Ermittler noch klären. Trivial ist diese Frage keinesfalls, denn nach mehreren Fällen häuslicher Gewalt hatte die Frau vor Gericht ein Kontaktverbot gegen ihren Mann erwirkt.

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