Pokalfeier in München:Die Raffzähne vom FC Bayern

Mit der Aktion, dem BR die Senderechte für die Pokalfeier zu entziehen, hat der Verein seine Stammklientel vor den Kopf gestoßen.

Kommentar von René Hofmann

Der FC Bayern ist ein ganz besonderer Fußballklub. Er ist nicht nur Deutschlands erfolgreichster Verein, er ist auch derjenige, der mit Abstand das meiste Interesse auf sich zieht, wofür es eine einfach Erklärung gibt: Keine andere Kicker-Auswahl polarisiert ähnlich stark. Für den FC Bayern interessieren sich nicht nur diejenigen, die ihn gewinnen sehen wollen. Sondern auch alle, die ihm Niederlagen wünschen.

Wie eine solche Auswahl sich öffentlich beim letzten Hurra der Saison gibt, wie sie sich von ihrem Trainer verabschiedet, der einst mit viel Tamtam empfangen wurde, der nach nur drei Jahren nun aber doch kaltherzig zur nächsten gut dotierten Baustelle weiterzieht wie ein schnöder Saisonarbeiter - das ist spannend.

Gute Ware schmeißt kaum einer einfach aus dem Fenster

Kein Wunder, dass der Bayerische Rundfunk den Auftritt von Pep Guardiola und den Seinen am Sonntagmittag auf dem Münchner Rathausbalkon fest eingeplant hatte. Leichtfertig hat der öffentlich-rechtliche Sender ihn bestimmt nicht gekippt. Gute Ware schmeißt kaum einer einfach so aus dem Fenster. Die Aussicht, für die Übertragung aber kurzfristig einen sechsstelligen Betrag an den FC Bayern überweisen zu sollen, ließ die Verantwortlichen umdenken. Der BR pfiff seine Leute zurück und übertrug nicht. Der Spartensender Sport1 sprang ein - aber nur ein bisschen. Dort durften die Bayern nur als Pausenfüller jubeln, wenn beim Eishockey-Klassiker Russland gegen die USA wenig los war.

Vom Main Act zum Nebendarsteller: Mit der Aktion hat der FC Bayern sich klar verpokert. Über Nacht wurden aus den emotionalen Double-Gewinnern von Berlin gierige Raffzähne. Uns bekommt nur zu sehen, wer für uns zahlt: Das Signal, das der Klub mit der Aktion aussendet, ist kein gutes. Es kann weder denjenigen gefallen, die den FC Bayern gewinnen sehen wollen, noch denen, die ihm beständig Niederlagen wünschen. Der BR speist sich schließlich aus dem Rundfunkbeitrag - und den bezahlt so gut wie jeder.

Mit dem Pokalsieg in Berlin hat der FC Bayern zum elften Mal das Double geholt. Längst ist er so erfolgreich, dass er sich einbilden kann, sein Markt sei die ganze Welt. Seine Stammklientel derart vor den Kopf zu stoßen - das ist trotzdem ein bemerkenswerter Zug.

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