Süddeutsche Zeitung

Planegg:Klarer Schnitt

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Planegger Modeatelier mit Schneiderei schließt in Kürze

Von Rainer Rutz, Planegg

Fast 50 Jahre haben Ann Eggenhofer-Stübner und seit ein paar Jahren ihre Tochter Theresa von Morozowicz Würmtaler Frauen gezeigt, dass Mode auch im reiferen Alter noch schön und wichtig sein kann. Voraussichtlich zum Jahresende schließen sie ihren alteingesessenen Laden mit Schneiderei an der Ecke Mathilden-/Germeringer Straße - die aktuelle Herbst- und Winterkollektion steht bereits im Zeichen des Räumungsverkaufs.

"Modeatelier Eggenhofer-Stübner" nannte sich ganz bescheiden der Laden - früher war dort die Metzgerei der Mutter untergebracht. Doch das Angebot ragte über Planegger Verhältnisse hinaus. Eggenhofer-Stübner, eine Meisterschülerin der Münchner Modeschule, legte von Anfang an Wert auf aktuelle und geschmackvolle Mode für Frauen ab etwa 50 - die Modelle dafür holte sie sich von deutschen Modemessen und auch aus Italien. Sie sorgte für Beratung in intimer und familiärer Atmosphäre und schließlich Betreuung über den Kauf hinaus durch die eigene Schneiderei. Das Konzept ging prächtig auf, die Kundinnen kamen - oft mit Ehemann - aus einem Umkreis von rund 50 Kilometern. Der Mode-Laden wurde eine Art Treffpunkt für Modebewusste, die eine qualifizierte Beratung schätzten. "Frauen", sagt Eggenhofer-Stübner, "die auch mit 94 um Gottes Willen nichts Langweiliges haben wollen, auch auf Knalliges stehen und sich auch mal eine Jeans wünschen."

Da bauten sich mit den Jahren ganze Kunden-Clans auf: "Erst die Mutter, dann die Tochter und dann schaute schon auch mal die Enkelin vorbei." Mehr als 30 Lehrlinge wurden erfolgreich ausgebildet, darunter übrigens auch zwei Männer. Vor einigen Jahren ging Eggenhofer-Stübner in den Ruhestand. Präsent ist sie bis heute, auch wenn sie das Geschäft ihrer Tochter Theresa übergeben hat. Die zunehmende Konkurrenz aus dem Internet spürten beide eher wenig - den Kundinnen war die Betreuung wichtiger. Dennoch sagt die aktuelle Chefin, eine junge Mutter von zwei kleinen Buben, heute ganz pragmatisch: "Der Beruf des Schneiders stirbt aus."

Ihr persönlich wuchs der Stress über den Kopf, und mit den Jahren regte sich der Wunsch, sich wieder mehr um ihre Familie kümmern zu können: "Ich höre mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf", sagt Theresa von Morozowicz: "Lachend, weil endlich der Stress weg ist." Weinend, weil ihr der Kontakt zu den Kundinnen sehr wichtig war.

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Quelle:
SZ vom 12.11.2018
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