Süddeutsche Zeitung

Planegg:Einen Tag Gemeinderat

Schülerinnen und Schüler des Feodor-Lynen-Gymnasiums machen beim "Planspiel Kommunalpolitik" des Landratsamtes München mit. Sie stimmen im Rathaus für Wohnungen und ein Fahrradhaus am Bahnhof

Von Rainer Rutz, Planegg

Sie sind die Wähler von morgen und vielleicht sogar die neuen Politiker. 51 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen des Feodor-Lynen-Gymnasiums (FLG) waren einen Tag lang Kommunalpolitiker, diskutierten als imaginäre Gemeinderäte im Planegger Rathaus über das große Projekt "Bahnhofsumfeld" - und stimmten auch darüber ab.

Eines kann man nach mehr als sechs Stunden lebhafter Debatten ganz sicher sagen: von wegen Politikverdrossenheit! Die 14- bis 15-jährigen Mädchen und Buben haben sehr konkrete Vorstellungen, was sie wollen und was nicht. Und sie diskutieren ganz sachlich, strukturiert und ohne Polemik. Im "Planspiel Kommunalpolitik" des Landratsamts München haben die jungen Kurzzeit-Politiker feste Aufgaben als Gemeinderäte aller in Planegg vertretenen Fraktionen übernommen und sie brüten über den Plänen des Bahnhofsumfelds. Mitten drin: der Bürgermeister: Der 14-jährige Zeno leitet die Sitzung.

Zuvor kommen die Vertreter der Geschäftswelt zu Wort. Die Fraktionen hörten sich ihre Ideen an. Fast ein bisschen wie in der Realität, in der ja die Wirtschaftslobby auch eine große Rolle spielt. Zwei Profis, Eric Treske vom Institut "Intestrik" und Bettina Schmitt von der Hochschule für angewandte Wissenschaften, fungieren als "Verwaltung". Auch etliche FLG-Lehrer, darunter Angelika Lawo, die im "echten Leben" bei der Grünen Gruppe 21 für das Bürgermeisteramt kandidiert, stehen den jungen Lokalpolitikern mit Rat und Tat zur Seite. Lange machen sich die Jugendlichen mit der Materie vertraut: Dann geht die große Debatte im Sitzungssaal los. Viele Fragen werden gestellt, es wird diskutiert und nach Antworten gerungen. Sozialwohnungen, ja oder nein? Zentrales Fahrradhaus? Ein Jugendzentrum? Eine Fußgängerzone? Gar einen McDonald's? Marius findet zum Beispiel, man dürfe die Autos nicht ganz aus der Zone aussperren: "Autos sollten schon noch durchkommen, eventuell mit Sondererlaubnis für Busse und Anlieger." Er wünscht sich auch Sozialwohnungen, aber Nisha gefällt das Wort nicht: "Das hat so einen Beigeschmack." Für preiswerten Wohnraum sind aber alle. Und für einen verkehrsberuhigten Bereich - "sogar mit Grünflächen", sagt Marius.

"Ride & Bike" findet Anklang, weniger ein Jugendtreff am Bahnhof, zu dem in gewisser Weise auch ein McDonald's gehören könnte - sagen die beiden Natalies als Vertreterinnen dieses Wunschgedankens. Sie sind frustriert, dass über den Burger-Laden gar nicht abgestimmt worden ist. Dann das Ergebnis des Gremiums: Wohnungen, ein Fahrradhaus und eine Tiefgarage soll es geben. Nicht alle sind damit zufrieden, mit dem Verfahren zur Entscheidungsfindung allerdings schon. Lea, Schülersprecherin im FLG, findet das Planspiel "megacool: "Super, wie sich alle eingebracht haben", freut sie sich. Der 14-jährige Felix kann sich sogar vorstellen, "selbst mal in die Politik zu gehen", Lotte aus Gauting ist da eher etwas skeptisch: "Man bekommt wenig Kommunalpolitik mit." Maurizio ist am Ende besonders beeindruckt "wie man Konflikte lösen kann". Klar wird an diesem Tag auch: Viele Schüler engagieren sich bei "Fridays for future".

Später kommen die echten Profis zu Wort: Bürgermeister Heinrich Hofmann (SPD), Cornelia David (FW), Roman Brugger (SPD) und Anneliese Bradel (Grüne Gruppe 21) stellten sich den Fragen der Schüler-Politiker. Ihre Kritik: Es geht ein wenig durcheinander und oft werde das eigentliche Thema verfehlt.

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Quelle:
SZ vom 23.01.2020
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