Münchner Hauptbahnhof:Ein Palast aus Glas und Stahl

Lesezeit: 3 Min.

  • Die Deutsche Bahn und die Stadt München werben für den Neubau des Hauptbahnhofes.
  • Allerdings ist das Projekt abhängig von einer zweiten Stammstrecke - deren Bau nach wie vor unsicher ist.
  • Kritik gegen Architektur und Planung des Gebäude-Entwurfs wird laut.

Von Marco Völklein, München

Am Ende verlässt Florian Grüning enttäuscht den Saal. Die vielen Fragen, die er und seine Mitstreiter von der Bürgerinitiative "Altstadtfreunde München" sich notiert hatten, "sie sind alle unbeantwortet geblieben", sagt Grüning.

Warum zum Beispiel soll der über 65 Jahre alte Starnberger Flügelbahnhof abgerissen werden und einem etwa 75 Meter hohen Hotel- oder Büroturm weichen? Wie werden sich die Läden und Einkaufsmöglichkeiten auf die Innenstadt auswirken, die die Bahn im neuen Hauptbahnhof-Empfangsgebäude plant? Und überhaupt: Wie wird sich dieses "Ufo" aus Glas und Stahl, das die Bahn da errichten will, einfügen in die Bebauung mit teils historischen Gebäuden im Umfeld des Bahnhofs?

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Bis zu eine Milliarde Euro plant die Bahn für den Neubau ein. Simulationen der Architekten zeigen, was dabei herauskommen könnte.

Eine Veranstaltung zur Information und Beteiligung der Bürger hatten die Manager der Deutschen Bahn (DB) und die Planer der Stadt am Montagabend in der Freiheizhalle an der Donnersbergerbrücke geplant. Sie ist eingebettet in zwei Ausstellungen rund um den geplanten Neubau des Bahnhofs-Empfangsgebäudes - so steht ein "Infowürfel" in der Bahnhofshalle, im "Plantreff" an der Blumenstraße hat die Stadt Pläne ausgelegt.

Sieben Stockwerke als Empfangsgebäude

Wenn alles so läuft, wie sich der Konzern das vorstellt, dann sollen irgendwann im nächsten Jahrzehnt Bagger anrücken, das bestehende Gebäude mitsamt Seitenflügeln und Starnberger Flügelbahnhof abreißen - und ein komplett neues, sieben Stockwerke hohes Empfangsgebäude errichten.

Die Kosten veranschlagt die Bahn auf "bis zu eine Milliarde Euro". Der Neubau sei "das größte Bahnhofsprojekt Europas der nächsten Jahre", sagt der zuständige DB-Manager Rolf Reh. Während bei der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs hohe Beträge vor allem in neue Tunnel gesteckt würden, so Reh weiter, investiere die Bahn in München viel mehr Geld in das Gebäude an sich.

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Wobei das nicht ganz stimmt: Denn Voraussetzung für den Neubau des Empfangsgebäudes ist die Errichtung des geplanten zweiten S-Bahn-Tunnels, der direkt unter dem Hauptbahnhof verlaufen soll. Um den Zugang zu der Station zu graben, muss die Bahn einen Teil des Bahnhofs abreißen - anders gehe es bautechnisch nicht, argumentieren die Planer der Bahn und des Architekturbüros Auer Weber, die bei einem Wettbewerb vor etwa zehn Jahren den Auftrag errungen hatten.

Der Stadtrat unterstützt das Projekt

Noch allerdings ist unklar, ob die zweite S-Bahn-Röhre, die allein mehr als drei Milliarden Euro kosten wird, überhaupt kommt. Die Bahn indes setzt fest darauf und treibt parallel zu den Tunnelplanungen den Hauptbahnhof-Neubau voran. "Diese Chance", die sich aus dem Tunnelbau zur Umgestaltung des Bahnhofs sowie zur Verkehrsberuhigung des Vorplatzes ergebe, wolle sich die Stadt nicht entgehen lassen, ergänzt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Der Stadtrat sieht das genauso. Er hat sich mehrmals bereits für den Auer-Weber-Entwurf ausgesprochen.

Doch aus der Bürgerschaft kommen mittlerweile Stimmen, die mit den Plänen hadern. Grünings Altstadtfreunde zum Beispiel hätten gerne intensiv diskutiert, "ob es ein Projekt in dieser Dimension überhaupt braucht". "Ehrlich und ergebnisoffen", fordert Grüning, sollte der Dialog geführt werden. Und auch die Frage beantworten, ob eine Renovierung und ein "zeitgemäßer Umbau" des bestehenden Gebäudes nicht billiger käme.

Wenngleich DB-Mann Reh betont: Anders als die gut drei Milliarden Euro für den Tunnel werde das Geld für den Bahnhofsneubau nicht vom Steuerzahler aufgebracht, sondern von der Bahn selbst. Und die zusätzlichen Einnahmen aus der Vermietung im neuen Hauptbahnhof flössen über einen "Finanzierungskreislauf mit dem Bund" in die Sanierung kleinerer Bahnhöfe zurück.

Kritik an Architektur und Planung

Kritik gibt es auch an der Architektur des Auer-Weber-Entwurfs. So hat die "Initiative Münchner Architektur und Kultur" (AKU) eine Unterschriftensammlung gestartet, um die ihrer Meinung nach "einfallslose und monotone Groß-Glasstruktur" zu verhindern. Das geplante "Monstrum" würde, so die Initiatoren, "das charakteristische Stadtbild in kaum vertretbarem Ausmaß zerstören".

Eine Petition hat auch Pro Bahn gestartet, um eine zusätzliche Gleisquerung der Bahnsteige zu erreichen. Bei der Planung habe sich die Bahn zu sehr auf die optische Modernisierung sowie höhere Mieteinnahmen konzentriert, kritisiert der Fahrgastverband: "Die Pläne enthalten aber kaum funktionale Vorteile für die Reisenden." Bislang haben fast 2000 Leute die Petition unterschrieben. Der Freistaat prüft mehrere Varianten, wie das Problem gelöst werden könnte; mit einer raschen Entscheidung oder gar einem konkreten Planungsauftrag für eine solche Querung rechnet indes niemand.

Ohnehin wird es noch eine Weile dauern, bis die ersten Bagger rollen können. Am Montagabend jedenfalls konnten die Planer viele Fragen nur mit dem Hinweis beantworten, zahlreiche Details würden in der weiteren Planung noch geprüft. Bis Mitte 2016 soll zumindest mal eine Entscheidung fallen, ob der zweite S-Bahn-Tunnel gebaut wird - das hat der Freistaat angekündigt. Und erst dann wird es auch wieder konkreter beim Neubau des Hauptbahnhofs werden. Ein DB-Manager hatte im Frühjahr erklärt, er rechne nicht vor dem Jahr 2026 mit einer Inbetriebnahme des gesamten Bahnhofskomplexes.

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Von Silke Lode
© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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