Pläne für das Klinikum Großhadern:Von Wehmut keine Spur

Pläne für das Klinikum Großhadern: 40 Jahre nach dem Bau entspricht das Klinikum nicht mehr den Ansprüchen.

40 Jahre nach dem Bau entspricht das Klinikum nicht mehr den Ansprüchen.

(Foto: Robert Haas)
  • Das Klinikum Großhadern wurde vor etwa 40 Jahren erbaut und soll nun abgerissen werden.
  • Die Patienten sind überrascht von der Entscheidung, die Mitarbeiter sehen die Notwendigkeit für einen Neubau.
  • Die Einrichtungen in dem Gebäude sind nicht mehr zeitgemäß, die Wege zu lang.

Von Ruth Eisenreich

"Das kann ich mir nicht vorstellen", sagt eine Frau im mittleren Alter. "Im Ernst?", fragt ein Student. "Vollkommener Blödsinn", ruft ein Rentner. Erstaunen und Unverständnis, das sind die ersten Reaktionen zum nun beschlossenen Abriss und Neubau des Hauptgebäudes des Klinikums Großhadern - zumindest, wenn man sich am Tag der Entscheidung vor dem Krankenhaus umhört.

Das Gebäude sei doch vollkommen in Ordnung, finden Patienten, Besucher und Medizinstudenten. Da bröckelt kein Putz von den Wänden, da stürzen keine Decken ein, und vierzig Jahre sind ja für ein Gebäude auch kein Alter.

"Was wollen's denn anders machen? Ich bin zufrieden", sagt ein Rentner, der in den vergangenen Jahren immer wieder als Patient hier war und sich noch gut daran erinnern kann, wie das Klinikum in den Siebzigerjahren gebaut wurde. Er hat, so erzählt er, damals Material angeliefert: Heizungen und Gasflaschen etwa.

Wer das Gebäude nicht nur von gelegentlichen Besuchen kennt, sondern Tag für Tag hier arbeiten muss, für den stellt sich die Sache offenbar anders dar. Im Gegensatz zu dem älteren Herrn fällt den Mitarbeitern einiges ein, was man verbessern könnte. Für Büroräume etwa sei viel zu wenig Platz vorgesehen, finden sie; außerdem seien schon in den letzten Jahren immer wieder kleinere Bau- und Sanierungsarbeiten nötig gewesen.

Bessere Konzepte für die Zukunft

Im Gegensatz zu anderen Gebäuden würden vierzig Jahre bei einem Krankenhaus eben sehr wohl etwas ausmachen. Wie verlaufen die Gänge, wie kommen Ärztinnen und Pfleger im Notfall von A nach B? Das sind wichtige Fragen für einen Krankenhausbetrieb, und die Antworten darauf verändern sich im Laufe der Jahrzehnte.

Im Klinikum Großhadern sind die Wegzeiten zu lang, finden viele Mitarbeiter. "Da gibt's mittlerweile bessere Konzepte", sagt eine Krankenschwester, die seit Kurzem im Klinikum arbeitet.

Von Wehmut also keine Rede, nicht bei den Angestellten und schon gar nicht bei gelegentlichen Besuchern. "Man muss das rational sehen", sagt einer der Mitarbeiter: Das Krankenhaus sei eben nicht mehr auf dem neuesten Stand, und wenn Abriss und Neubau günstiger und einfacher seien als eine Komplettsanierung, dann sei das doch auch sinnvoll.

Keine großen Emotionen für die Klinik

Das Klinikum Großhadern mag das größte und vielleicht auch das wichtigste Krankenhaus Bayerns sein - große Emotionen scheinen die Münchner trotzdem nicht damit zu verbinden. Was mit dem in ganz München nur als "Toaster" bekannten Bettenhaus passiert, lässt sie jedenfalls ziemlich kalt.

Umso mehr, als der Abriss und Neubau erst in zwanzig Jahren abgeschlossen sein soll. Wer will schon so weit denken? "Bis das passiert ist, bin ich doch längst weg", sagt ein Medizinstudent im siebten Semester, der gerade von einem Kurs im Klinikum kommt und das Gebäude "eigentlich okay" findet.

Pläne für das Klinikum Großhadern: Nach 40 Jahren sei ein Krankenhausbau eben veraltet, sagen Mitarbeiter des Klinikums Großhadern: So seien die Wege zwischen den Abteilungen zu weit.

Nach 40 Jahren sei ein Krankenhausbau eben veraltet, sagen Mitarbeiter des Klinikums Großhadern: So seien die Wege zwischen den Abteilungen zu weit.

(Foto: Robert Haas)

Und einer der Mitarbeiter sinniert: "Ich werde das wahrscheinlich sowieso nur noch von der Parkbank aus beobachten, beim Taubenfüttern".

"Stadt der Gesundheit"

Es ist genau 60 Jahre her, dass sich die bayerische Staatsregierung von der Idee verabschiedete, noch mehr Erweiterungsbauten im sogenannten Klinikviertel zwischen Sendlinger Tor und Goetheplatz unterzubringen. Der Ministerrat folgte damals den Empfehlungen eines Expertengremiums und beschloss auszubrechen: mit einem neuen Klinikkomplex auf der grünen Wiese, genauer gesagt auf einem 70 Hektar großen Areal in Großhadern. Die Architektengemeinschaft Godehard Schwethelm, Walter Schlempp und Werner Eichberg wurde beauftragt, das neue Großkrankenhaus zu planen, eine "Stadt der Gesundheit", wie es hieß. Während in Krankenhäusern früherer Tage jede Fachklinik ihr eigenes Gebäude hatte, wurde Großhadern von Anfang an so geplant, dass die Abteilungen technische, wirtschaftliche und medizinische Ressourcen gemeinsam nutzen. Auch deshalb wurde der Komplex so massiv. Der bayerische Kultusminister Theodor Maunz sprach schon 1958 von einem "Bauprojekt einmaliger Größenordnung".

Der Bau des Klinikums begann 1967. Der erste Patient wurde in Großhadern am 16. September 1974 behandelt. Vorerst abgeschlossen war das Projekt 1981, als der OP-Trakt in Betrieb ging. 367 Millionen Mark kostete der Bau des Klinikums insgesamt.

Großhadern ist auch ein Ort medizinischer Pionierleistungen. Im Jahr 1983 etwa nahm der Herzchirurg Bruno Reichart an einem 28-jährigen Patienten die deutschlandweit erste Transplantation von Herz und Lunge in einem Eingriff vor. 1990 kam es zur ersten Lungentransplantation. Auch in der Krebstherapie gab es in Großhadern große Erfolge, etwa in der 1979 eröffneten Station für die Transplantation von Knochenmark.

1200 Betten gibt es derzeit in Großhadern, sie verteilen sich auf 29 klinische Einrichtungen. Im vergangenen Jahr feierte das Klinikum die Eröffnung des neuen Operationszentrums. Es hat 32 feste und vier ambulante OPs sowie 70 Intensivbetten. Laut Klinikum ist es eines der größten und modernsten seiner Art in Europa.

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