Placebo in der Olympiahalle:Die Wirkung lässt nach

Roter Plüschpenis, schwarzer Kajal - doch der Funke springt nicht über. Placebo entfaltet in der Münchner Olympiahalle nicht mehr die gewünschte Wirkung.

Lisa Sonnabend

Man muss lange suchen, um den Grund zu finden, warum der Funke beim Konzert von Placebo nicht übergesprungen ist. Denn eigentlich hat die britische Rockband alles richtig gemacht am Donnerstagabend in der Münchner Olympiahalle.

Placebo in der Olympiahalle

Neu bei Placebo: Schlagzeuger Steven Forrest haut drauf.

(Foto: Foto: ddp)

Der Bass wummert, die Gitarrenriffe peitschen. Dazu ertönt die einzigartige Stimme von Brian Molko fragil und fest zugleich. Schon nach dem ersten Song schwebt die Melancholie über der Halle.

Der androgyne Molko trägt eine enge schwarze Hose, tief ausgeschnittenes Hemd und hat die Augen mit schwarzem Kajal umrahmt, der im Laufe des Abends immer mehr verwischt. Der dünne Bassist Stefan Olsdal bewegt sich wie eine Spinne über die Bühne. Und auch der erst vor kurzem zu Placebo gekommene Schlagzeuger Steven Forrest haut drauf, als habe er in seinen 23 Jahren nichts anderes gemacht, als Placebo-Songs geübt.

Auch ihr Anliegen zieht die Band weiter konsequent durch: Sei, wie du bist, und liebe, wie du willst. In einer kurzen Pause tänzelt auf Video ein männlicher Balletttänzer, der statt einem Ballerinarock einen großen roten Plüschpenis umgebunden hat, durch einen Raum. Die Show stimmt - keine Frage.

Brian Molko hat sogar ein bisschen deutsch gelernt - und das mehr als das obligatorische "Danke" und "Hallo München". Molko sagt: "Jetzt zwei Minuten Pause mit Rock'n'Roll, jetzt Rock & Schwul". Es folgen die ruhigen Töne der Ballade "Blind".

Doch dennoch scheint Placebo nicht mehr so richtig auf das Publikum zu wirken. Warum hat der Effekt nachgelassen? Es ist keineswegs so, als hätten die Fans durchschaut, dass hinter Placebo wie in der Arznei nur Schein steckt. Denn dem ist nicht so. Auch die Songs der neuen Platte "Battle for the Sun"" sind raffiniert und mitreißend.

Vielmehr scheint die Wirkung nachzulassen, weil Placebo sich nicht versuchen, immer wieder neu zu erfinden wie es Muse vergangene Woche an gleicher Stelle vorgemacht haben, sondern auf Altbewährtes setzen. Und das wird nach 15 Jahren Bandgeschichte eben ein wenig langweilig.

Zwar stammt fast die Hälfte der Lieder an diesem Abend von dem neuen Album. Doch diese reihen sich musikalisch nahtlos an die alten Hits wie "Nancy Boy" oder "Special K". Die Stimmung ist am besten, wenn Placebo ihre Gassenhauer auspacken. Beim siebten Lied des Abends "Every You, Every Me" werden einige Mädchen, die der Ohnmacht nahe sind, aus den ersten Reihen von den Ordnern herausgezogen. Es sind erstmals deutlich mehr Hände als Digitalkameras in der Luft.

Wie schon bei früheren Konzerten beenden Placebo das Programm mit dem "Song to Say Goodbye" und den ersten Zugabeteil mit "The Bitter End". Die Überraschung bleibt aus.

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