Pink in München:Selbstironisches Sex-Subjekt

Willkommen im "Funhouse": Mainstream-Rockerin Pink begeisterte am Montagabend mit einer mitreißenden, temporeichen Show die Fans in der Olympiahalle.

O. Hochkeppel

So wörtlich hat den Begriff "Rock-Zirkus" noch niemand genommen. Was Alecia Beth Moore alias Pink auf ihrer "Funhouse"-Tour am Montag und Dienstag in der Olympiahalle veranstaltete, war eine als Mega-Rockkonzert getarnte, vom Rummelplatz-Dekor der Bühne passend in Szene gesetzte Zirkusvorstellung.

Pink in München: Provokant wie eh und je: Rockröhre Pink legte in der Olympiahalle eine fulminante Show ab.

Provokant wie eh und je: Rockröhre Pink legte in der Olympiahalle eine fulminante Show ab.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Eine, in der Pink fast alle Rollen selbst übernahm: von der Varieté-Direktorin im Pompadour-Kleid mit riesigen Federschwanz (als die sie zum Start aus der Versenkung der Mittelbühne am Trapez hervorgezogen wird) über die Dompteurin (den Part der Raubtiere vertritt hier ein Tänzer, der wiederum kaum verhohlen für Pinks Ex-Mann Corey Hart steht) bis zum Clown. Die Trapez- und Hochseil-Artistik ist ja ohnehin ihr bewährtes Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal.

Für einen solchen Manegen-Parcour braucht es eine große Entertainerin, und dazu ist die 29-Jährige mit dieser Show nachweislich und endgültig gereift. Nicht zuletzt, weil sie - im Gegensatz etwa zur jahrzehntelangen Marktführerin in Sachen Pop-Rollenspiel Madonna - auch über Gesangstalent und eine Stimme mit Fundament verfügt. Und weil sie damit auch musikalisch ein breites stilistisches Spektrum abzudecken versteht.

Bombastische Rock-Kracher wie das aktuelle "Sober" gehören ebenso dazu wie ein rein akustischer Folkballaden-Block oder eine Streichquintett-Einlage. Das eigene Hit-Repertoire wurde hier überdies in ein bezeichnendes Korsett von Cover-Versionen eingebettet: Von Led Zeppelins "Babe I'm Gonna Leave You" ging es über Queens "Bohemian Rhapsody" bis zu Gnarl Barkleys "Crazy" - das ist generationenübergreifende Rockoper, was auch das auffällig heterogene Publikum von zehn bis 60 Jahren erklärt.

Großes Hollywood-Kino gewissermaßen, das ja auch unerreicht ist in der Meisterschaft, auf der universalen Klaviatur der Gefühle zu spielen. Dazu gehört auch Abgründiges. So wie Steven Spielberg einst die gruseligen Qualitäten von Kinderspielzeug entdeckte ("Poltergeist"), so plustern sich auch bei Pink überdimensionale Horror-Clowns auf, schimmern immer wieder bedrohliche, düstere Elemente hinter dem "Funhouse"-Glitzerschmuck durch. Was oft auch sehr komisch ist.

Wie überhaupt Pinks Humor und Selbstironie ihre Rolle als Rebellin und Provokateurin überhaupt erst glaubhaft macht. Dieser Spaß an der Sache, gepaart mit der leidenschaftlichen Ernsthaftigkeit, mit der das drahtige Fitness-Wunder dafür arbeitet, ermöglicht ihr auch, aus der Sexfalle zu entkommen. So wie ihre Kostüme gewagt wirken, ohne doch wirklich Wesentliches zu zeigen, so gelingt ihr die Transformation vom Sex-Objekt zum Sex-Subjekt - selbst noch, wenn sie am Schluss, statt wie erwartet am Trepez wieder in der Mittelbühne zu verschwinden, in ein Wasserbad getaucht wird und der Redensart vom "feuchten Traum" eine ganz neue Bedeutung verleiht.

Zwar ist auch Pink ein Mainstream-Rollenmodell. Aber eines, das dann doch um Lichtjahre intelligenter und emanzipierter wirkt als als die Räkelmädchen des Pop-Business oder die Heidi-Klum-Weibchen der Massenmedien.

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