Wenn es stimmt, was überliefert ist, dann war der holländische Maler und Kupferstecher Lucas van Leyden ein Wunderkind der Renaissance. Schon im zarten Alter von zwölf Jahren soll er die Legende vom heiligen Hubertus mit Wasserfarben auf Leinwand in einer Weise gemalt haben, die für Aufregung sorgte.
Und als er mit 14 seinen ersten Stich vorlegte, muss den Betrachtern geradezu die Spucke weg geblieben sein angesichts der ausgefeilten Technik. Der Junge stichelte seine Motive so versiert ins Kupfer wie ein Alter. Dabei schuf er Bildwelten in vielerlei Grauabstufungen und schaffte so fast theatrale Szenerien.
Schon die Hauptmotive waren oft ungewöhnlich, wie das Blatt von der nackten Frau zeigt, die ihren Hund von Flöhen befreit. Bei der "Milchmagd" scheint ein ländliches Idyll dargestellt zu sein, erst auf den zweiten Blick offenbart sich die erotische Beziehung, die sich zwischen Magd und Kuhhirte anbahnt. Auch bei den Blättern, die religiöse Themen zum Gegenstand haben, ist man oft überrascht, was sich so alles im Hintergrund abspielt oder welche Details am Rande auf weltlich-lustvolle Sujets anspielen.
Van Leydens Blätter waren schon zu seinen Lebzeiten bei Künstlern und Sammlern sehr geschätzt und hoch gehandelt. Sein Einfluss auf die Entwicklung der europäischen Druckgrafik war beachtlich. Giorgio Vasari, der Hofmaler der Medici, lobte in seinen Künstlerbiografien den Variantenreichtum der Gesichter und die Vielfalt der Kopfbedeckungen und Gewänder.
Und er sah van Leydens Meisterschaft als Druckgrafiker auf Augenhöhe mit der Albrecht Dürers. Die Graphische Sammlung München verfügt über ein beachtliches Konvolut von Blättern des niederländischen Renaissancekünstlers Lucas van Leyden aus allen Schaffensphasen. Mehr als 80 davon zeigt sie nun in der Pinakothek der Moderne.
Lucas van Leyden (1489/94-1533) - Meister der Druckgraphik, Do., 29. Juni, Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, bis 24. September, Di. bis So., 10-18 Uhr, Do. bis 20 Uhr, 089/23805360