Wer ein Weißbier trinken möchte, bekommt dieses nicht von der Modelleisenbahn. Das gefüllte Weißbierglas würde spätestens beim Eintritt der Bahn in den Tunnel auf dem Boden des Pils-Doktors eine kleine Überschwemmung verursachen.
Die Bahn, Männertraum und Gag-Element, ist das Highlight in der kleinen Kneipe. Stammgäste haben Herbert Hollerer unzählige Zugschilder mitgebracht, die von der Decke hängen. Überhaupt, die Stammgäste. Sie machen den Hauptanteil der Besucher aus. 80 Prozent kennt der Wirt persönlich, sagt er, früher waren es 98.
Hollerer nimmt auch Päckchen für seine Gäste entgegen oder bewahrt den Schlüssel auf. Aber vor allem sieht er seine Aufgabe darin, zuzuhören. Bei ihm kann sich jeder ausheulen, wenn er Ärger hat mit der Frau zuhause oder im Job. Hollerer sagt meistens nicht viel. "Ein guter Wirt muss vor allem zuhören können."
Und solidarisch sein. Wenn ein Mann im Pils-Doktor mit einer Frau turtelt, die nicht seine ist, dann verrät Hollerer nichts, und wenn die Gattin sich telefonisch nach dem Ehemann erkundigt, hält der Wirt dicht. Aber dem Gast, dem sagt er danach trotzdem, was er von der ganzen Sache hält.
Manchmal verlässt diese eingeschworene Gemeinschaft auch die urige Kneipe. Hollerer hat schon Floßfahrten oder eine Fahrt mit der Partytram für seine Stammkunden organisiert. Auch Prominente lassen sich ab und zu im Pils-Doktor ein Bier schmecken. Thomas Gottschalk war schon einmal mit seiner Frau da, erzählt Hollerer - ebenso der Schauspieler Dietmar Schönherr mit seiner Gattin Vivi Bach.
Gibt man so ein zweites Zuhause freiwillig auf? Hollerer sagt, er würde gerne in Rente gehen, wenn er könnte. Oder in Urlaub. In den vergangenen Jahren sind entweder Hollerer oder seine Frau täglich in der Kneipe gewesen, zusammen wegfahren geht nicht. Früher seien sie mal mit den Kindern im Club Med gewesen, aber das ist lange her. Trotzdem - vorerst macht er eben doch noch weiter mit dem Pils-Doktor.
Seine Gäste wissen das zu schätzen. Auch wenn Hollerer Besuchern, die zu tief ins Glas geschaut haben, kein Bier mehr ausschenkt. Dafür bringt er Stammgäste ab und zu nach Hause, bevor er selbst nach Forstenried fährt. Diesen direkten Kontakt zu seinen Gästen schätzt der Wirt besonders: "Ich möchte nie eine Autobahnraststätte haben."