Süddeutsche Zeitung

Pilotprojekt:Münchner Schulen sollen Ganztagsangebot erweitern

  • Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es im Bildungsreferat Überlegungen, Ganztagsschüler nach Unterrichtsende in Horten aufzunehmen.
  • So soll ein Betreuungsangebot bis 17.30 Uhr möglich sein, das auch in den Ferien gelten könnte.
  • An der Grundschule in der Münchner Türkenstraße läuft bereits ein entsprechendes Pilotprojekt.

Von Melanie Staudinger

Eltern kennen das Problem: Pädagogisch wäre die Ganztagsschule eine gute Option zur Förderung der Kinder. In der Praxis aber wollen viele ihre Söhne und Töchter nicht anmelden, weil die Betreuungszeiten nicht ausreichen. Von Montag bis Donnerstag ist um 16 Uhr Schluss, am Freitag meist um 13 Uhr. Und in den Ferien hat die Ganztagsklasse frei - für berufstätige Eltern ist diese Zeit kaum zu überbrücken.

In München aber könnte es schon bald eine engere Zusammenarbeit zwischen Ganztagsschulen und Horten geben. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es im Bildungsreferat derzeit Überlegungen, Ganztagsschüler nach Unterrichtsende im Hort aufzunehmen und so die Betreuungszeit auf 17.30 Uhr zu verlängern. Das Angebot könnte auch in den Ferien gelten.

Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) bestätigte auf Anfrage, dass sich im Bildungsreferat eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Ganztagsbetreuung an Grundschulen beschäftigt, wollte sich aber zu den konkreten Inhalten noch nicht äußern. Jedenfalls brauche es keinen Notfallplan, wie ihn die Stadtratsfraktion der Grünen in dieser Woche forderte. "Wir sind dabei, die bedarfsgerechte Versorgung weiter zu intensivieren", sagt Zurek. Es gelte, akute Platzprobleme wie an den Grundschulen an der Burmester-, Plinganser- oder Feldbergstraße zu beheben. Andererseits brauche es auch eine langfristige Perspektive zur Bekämpfung des Erziehermangels.

Eine Lösung, und das schlagen auch die Grünen vor, wäre, den sogenannten gebundenen Ganztag weiter auszubauen. Hier bleiben die Kinder bis zum Nachmittag in der Schule, Lern- und Spielphasen wechseln sich ab. Während im Hort Erzieher arbeiten, tun die Lehrer an den Ganztagsschulen dies zusammen mit außerschulischen Partnern - und von denen gibt es im Gegensatz zu Erziehern in der Regel ausreichend. Von den 134 staatlichen Grundschulen in der Stadt bieten gerade einmal 54 gebundene Ganztagsklassen an. Viele Eltern aber meiden den gebundenen Ganztag. Die meisten begründen dies mit den nicht ausreichenden Betreuungszeiten.

Der Hort könnte genau die fehlenden Stunden überbrücken. Wie das funktioniert, zeigt die Grundschule an der Türkenstraße beispielhaft. Schulleiterin Jutta Stocker arbeitet in einem Pilotprojekt seit fünf Jahren eng mit dem städtischen Hort zusammen. Die Kinder der Ganztagsklasse können freitags nach Schulschluss bis 15.30 Uhr in den Hort gehen. "60 Prozent der Eltern nehmen das Angebot an", berichtet Stocker. Freilich müssten die Familien für die Hortstunden zahlen, die Ganztagsschule hingegen ist kostenlos.

Alexandra Brumann, die Leiterin des staatlichen Schulamts, würde einen gebundenen Ganztag mit der Option einer Zusatzbuchung im Hort begrüßen. "Der Ganztag ist ein gutes pädagogisches Konzept. Es wäre bedauerlich, wenn eine Anmeldung an dem fehlenden Anschlussangebot scheitert", sagt sie. Wann ein solches Angebot starten könnte, ist noch nicht bekannt. Im März aber änderten die Stadträte bereits die Kita-Regularien. Demnach sind jetzt auch Buchungen von weniger als zwei Stunden am Tag möglich, bisher allerdings gilt das nur für Modellprojekte wie das an der Türkenstraße.

SPD-Bildungsexpertin Birgit Volk hätte gegen ein solches Modell nichts einzuwenden. Allerdings will sie zuerst die Schulen mehr in die Pflicht nehmen. "Vielen Eltern wäre schon geholfen, wenn der Unterricht verlässlich bis 13 Uhr dauern würde", sagt die Stadträtin. Gäbe es dann noch an jeder Grundschule einen Ganztagszug bis 15.30 Uhr, wäre ein großer Teil des Bedarfs abgedeckt.

Wie Volk hält auch Beatrix Burkhardt, die bildungspolitische Sprecherin der CSU, wenig von der Forderung der Grünen, angesichts des Hortplatzmangels einen Notfallplan aufzustellen. Der sähe unter anderem vor, dass die Stadt in Ausnahmefällen mehr Kinder von der gleichen Anzahl an Erzieherinnen beaufsichtigen lässt, auch wenn sie damit auf staatliche Zuschüsse verzichten müsste.

Zudem wollen die Grünen, dass das Bildungsreferat noch intensiver um Erzieher wirbt und Auszubildende in die besonders vom Personalmangel betroffenen Einrichtungen schickt. "Das erweckt den Eindruck, dass wir schnelle Generallösungen haben ", sagt Burkhardt. Die aber gebe es so nicht. Langfristig muss die Stadt aus ihrer Sicht eine Art Mosaikkasten entwickeln, um im Notfall helfen zu können. "Wir haben noch für alle Kinder einen Platz gefunden", sagt die CSU-Politikerin.

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SZ vom 18.05.2017/libo
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