Gründe gibt es wahrlich genug, sich ein Glas Sekt oder Champagner zu genehmigen. Wegen des Kreislaufs, sagen manche, andere meinen: "Der ist so erfrischend!" Letztlich aber geht es den meisten dann doch um den Alkohol. Sekt ohne Alkohol wünscht man sich kaum einmal, da könnte man ja gleich Limo trinken.
Und doch ist Sekt ohne Alkohol eine echte Marktlücke, wie die Münchner Firma Vigorous Trading festgestellt hat. Das Unternehmen importiert vor allem orientalische Lebensmittel und beliefert zum Beispiel auch das Hotel Vier Jahreszeiten. Dessen Publikum kommt im Sommer oft aus dem arabischen Raum, und so fragte der Einkaufsleiter des Hotels, Sinan-Renan Yaman einmal beim Vigorous-Trading-Geschäftsführer Alexander Ludwig Berg nach, ob man es nicht einmal mit Sekt ohne Alkohol versuchen wolle. Irgendwie taten ihm wohl die steinreichen arabischen Gäste des Hauses leid, wenn sie bei Empfängen mit einem Glas Wasser oder Cola herumstehen müssen.
Berg fand: Da hat Yaman recht. Und so ging er auf die Suche nach Herstellern von alkoholfreiem Sekt wie zum Beispiel der alkoholfreien Variante des ostdeutschen Rotkäppchen-Sekts. Von dieser werden jährlich sogar eine Million Flaschen verkauft, sagt Alexander Berg, und man kann sich vorstellen, dass er gegen einen solchen Absatz auch nichts hätte.
Granatapfelversion kommt bei Frauen besonders gut an
So weit ist er freilich noch lange nicht. Erst einmal fand er in Rüdesheim am Rhein einen Abfüller, der auf der Grundlage eines deutschen Prädikat-Rieslings den Sekt herstellt und ihm mit Hilfe mehrerer Filtrationsverfahren den Alkohol entzieht. Mit 0,01 Volumenprozent enthält er jetzt weniger Alkohol als Orangensaft mit 0,04 Prozent. Und deshalb ist er sogar "als einziger Sekt weltweit", wie Berg sagt, Halal-zertifiziert, das heißt: für Muslime zum Verzehr erlaubt. "Dinar" heißt das Getränk, nach der arabischen Währung und der ersten Umayyaden-Münze aus dem achten Jahrhundert. Eine stilisierte Münze schmücktdie dunkle Flasche.
Weil der Alkohol beim Sekt als Geschmacksträger dient, musste allerdings Ersatz gefunden werden. Berg fand ihn in Form von Direktsaft aus Datteln und Granatäpfeln. Der Dattelsekt schmeckt leicht herb und kommt richtigem Sekt damit schon recht nahe, die Granatapfelversion ist leicht süßlich. "Kommt besonders gut bei Frauen an", weiß Berg aus diversen Versuchsreihen.
Im Hotel Vier Jahreszeiten ist man schon ein bisschen stolz drauf, dass man den Anstoß gegeben hat für diese Getränkeerfindung. Seit September ist der Dinar lieferbar, seinen ersten großen Einsatz bekommt er Mitte Dezember beim Empfang des Konsulats der Vereinigten Arabischen Emirate anlässlich des Nationalfeiertags. "Leider war September zu spät für unsere Saison", sagt Sinan-Renan Yaman vom Vier Jahreszeiten, "unsere arabischen Gäste sind meist von Anfang April bis Ende August hier."
Aber das nächste Reisejahr kommt bestimmt, und wenn dann im August wieder das hauseigene Gourmetrestaurant Schwarzreiter Betriebsurlaub macht und an seiner Stelle einen Monat lang ein arabisches Lokal aus ihm wird, dann werden hier wohl auch reichlich die "Dinar"-Korken knallen.