Süddeutsche Zeitung

Kritik:Bejubelt

Beim Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker mit Igor Levit am Klavier feiert ein begeistertes Publikum die Künstler.

Von Reinhard J. Brembeck

Wer erleben will, welche Begeisterungsstürme Klassik auslösen kann, der müsste in eines der Jugendkonzerte gehen, die die Münchner Philharmoniker veranstalten. Müsste. Denn diese Konzerte sind Schülern vorbehalten, manchmal verirrt sich eine Lehrerin, ein Kritiker in der jubelnden Menschenmenge, die so ganz anders enthemmt reagiert als das sehr viel ältere Publikum in normalen Klassikkonzerten.

Der Jubel in den Jugendkonzerten ist noch lauter geworden, seit sie von Fernseh-etc.-Star Malte Arkona moderiert werden. Arkona ist jugendweit bekannt, er wird mindestens so laut gefeiert wie die Musiker. Er ist wohltuend ahnungslos, aber frech, charismatisch, klassikbegeistert. Arkona liest die Infos zu Robert Schumanns Klavierkonzert von Tablett ab, hat aber auch ein Kurzfilmchen gedreht im Schumann-Haus, es steht in des Komponisten Geburtsstadt Zwickau. Arkona redet mit Thomas Synofzik, der seine Forschungsergebnisse zu Komponist wie Konzert erzählt. Beifall.

Dann spielt Igor Levit Klavier, er hat die überdeutliche Akustik der Isarphilharmonie noch nicht so richtig im Griff. Dann wird er von Malte Arkona und, Levit regt das an, Zuhörerinnen befragt. Was er denn denke beim Spielen? An Freunde, Gespräche, Menschen. Beifall, Pause, Auftritt und Befragung von Mirga Gražinytė-Tyla, Dirigentin.

Die ist Mitte 30, eine zarte Person, die die vor Kraft strotzende Philharmonikercombo mit kleinsten Bewegungen wundervoll im Griff hat. Mieczysław Weinbergs um 1950 geschriebene 3. Sinfonie leuchtet und strahlt, lockt, versöhnt und betört. Mirga Gražinytė-Tyla ist erstmals bei diesem Orchester, sie hatte Lampenfieber vor der ersten Probe. Die Musiker aber hätten ihr, der Weinberg-Kennerin, ein paar Momente in der Sinfonie gezeigt, die sie noch nicht kannte. Was für ein schönes Kompliment. Sie wird von Arkona und einer furchtlosen 14-jährigen Schülerin interviewt, die am Konzerttag Geburtstag hat. Die Philharmoniker spielen das dafür übliche. Jubel, Jubel, Jubel. Mit solch einem Publikum stirbt die Klassik sicher nicht so schnell aus.

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