Philharmonie :Spaenle muss heikle Fragen zum Konzertsaal klären

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Konzertsäle, Räume der Musikhochschule, Gastronomie und Wohnungen könnte der Neubau beherbergen. Ein Architektenwettbewerb soll darüber entscheiden. (Foto: Simulation: Steidle Architekten)
  • Nach der Entscheidung für das Werksviertel als neuen Konzertsaal-Standort kommt auf Kultusminister Spaenle harte Arbeit zu.
  • Er will einen Verdacht ausräumen: Dass vom Konzertsaal vor allem der Grundbesitzer Werner Eckart profitieren könnte.
  • Spaenle und Eckart schweigen bislang zu finanziellen Details.

Von Christian Krügel und Katja Riedel

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) macht beim Bau eines Konzertsaals im Werksviertel Tempo. Bis zum März will er einen Bericht, bis zum Sommer soll alles für einen Architektenwettbewerb vorbereitet sein. Doch so ehrgeizig der Zeitplan ist, so viel Arbeit kommt in den nächsten Wochen auf Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) und seine Verhandlungsgruppe zu.

"Es gibt eine ganze Litanei an Fragen abzuarbeiten", sagt Spaenle. Manche davon sind heikel. Denn in der CSU-Landtagsfraktion grummeln einige wegen der Standortentscheidung. Umso mehr müssen Spaenles Verhandlungsführer einen Verdacht ausräumen: Vom Konzertsaal könnte vor allem Grundbesitzer Werner Eckart profitieren.

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Dem 47-Jährigen gehören große Teile des Werksviertels, so auch das rund 8000 Quadratmeter große Areal, auf dem der Konzertsaal gebaut werden soll. Eckarts oberste Devise bei der Entwicklung des neuen Stadtquartiers ist es, keine Grundstücke aus seinem Familienbesitz, dem Pfanni-Erbe, zu verkaufen. So bietet er dem Freistaat auch nur eine Erbbauregelung für die Fläche an.

Seit 1919 gibt es das bis heute gültige, ganz besondere Baurecht, ein Gebäude auf fremdem Grund zu errichten. Während das Recht weniger vermögenden Familien mitunter ermöglicht, sich trotz teurer Bodenpreise ein Eigenheim zu bauen, könnte das Erbbaurecht den Freistaat teuer zu stehen kommen. Es beinhaltet Tücken, die vertraglich klar geregelt sein müssen, soll der Steuerzahler am Ende nicht draufzahlen.

Liefe die Frist aus, würde Eckarts Familie der Konzertsaal gehören

Grundsätzlich gehört beim Erbbaurecht das Gebäude zum Grundstück. Wenn der Vertrag nach Ablauf einer vereinbarten Frist auslaufen sollte, würde Eckarts Familie die steuerfinanzierte Philharmonie gehören - ein Albtraum für den Verein der Konzertsaalfreunde. Die fürchten, dass dann kaum private Mäzene das Projekt unterstützen würden. Deshalb wird es wohl zu einer anderen Regelung kommen müssen.

So könnte der Freistaat Eckart und seinen vier Kindern eine Entschädigung für die Ablöse des Hauses zahlen, üblicherweise zwei Drittel des späteren Verkehrswertes. Wahrscheinlich ist auch, dass der Freistaat die verbindliche Option bekommt, den Vertrag verlängern zu können. In der Vorlage für den Ministerrat war als Musterrechnung eine Laufzeit von 50 Jahren angenommen worden - was alle Experten aber als viel zu kurz ansehen. "Der Staat zielt bei seinen Verhandlungen auf eine möglichst lange Laufzeit des Erbbaurechts", heißt es dazu aus dem Kultusministerium.

Auch für Eckart selbst ist die Gebäudefrage nicht ganz risikolos. Denkbar wäre ja, dass in vielen Jahrzehnten der Konzertsaal leer steht oder dringend sanierungsbedürftig ist. Dann wäre der Freistaat womöglich sogar froh, dass man den Saal los ist. Zwischenzeitlich könnte der Freistaat noch ein bisschen verdienen: Für das Areal gibt es derzeit auch Baurecht für Wohnungen auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern. Wohnen in der neuen Philharmonie - das ließe sich durchaus vermarkten.

Eckart hat bereits ein Luxushotel geplant

Was genau den Freistaat das Konzerthaus kosten und bringen wird, ist noch unklar. Denn es gibt für das gesamte Werksviertel derzeit keine Bodenrichtwerte, da alles überplant wird. In ersten Verhandlungen mit dem Freistaat gab Eckart einen Bodenwert von 12,09 Millionen Euro an. Der Pachtzins bei Erbbau liegt üblicherweise in München bei drei bis fünf Prozent. Ausweislich der Vorlage für den Ministerrat stellte sich Eckart in den ersten Verhandlungen einen Zins von 4,9 Prozent vor. Der Unternehmer bekäme vom Freistaat damit jährlich rund 592 000 Euro - eine hervorragende, sichere Rendite.

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Wohl auch deswegen betont Minister Spaenle, dass die Vertragsgestaltung erst im Detail verhandelt werden müsse. Zu allen finanziellen Details schweigt er ebenso wie Werner Eckart, der auf eine entsprechende Verschwiegenheitsvereinbarung mit dem Freistaat verweist. Klar dürfte sein, dass Eckart auch indirekt profitiert. Eine Philharmonie bringt zahlungskräftiges Publikum ins Viertel. Das hilft dem Aparthotelbetreiber Aldina, den Eckart bereits als Pächter für das bislang spektakulärste Projekt im Werksviertel gewonnen hat: ein Luxushotel mit 80 Metern Höhe auf dem alten Kartoffelsilo.

Zudem wird der Bodenpreis durch den Konzertsaal deutlich steigen, was die Banken freut. Die spielen bei der Entwicklung des Quartiers eine entscheidende Rolle. Allein für den Umbau der alten Pfanni-Fabrikhalle in das Bürogebäude Werk 3, das fast fertig ist, muss Eckart eigenen Angaben zufolge 65 Millionen Euro wieder reinholen.

In der CSU-Landtagsfraktion hätten manche lieber die Paketposthalle gesehen

Sollten Eckart und seine Otec GmbH in wirtschaftliche Schieflage geraten und ein Insolvenzverwalter müsste die Besitztümer bestmöglich verwerten, könnte der Freistaat für sein Konzerthaus einen neuen Grundherren bekommen. Die Gefahr sehen Beobachter allerdings kaum: Sieben Unternehmen entwickeln das Werksviertel gemeinsam, darunter die Immobilientochter von Rohde&Schwarz und eine Immobilien-GmbH, die die Interessen der Telekom vertritt. Es sei schwer vorstellbar, dass keiner der Partner Interesse hätte.

Aber auch über solche Fragen dürfte von Mitte Januar an hart verhandelt werden. Die Immobilienverwalter des Freistaats werden sich dann mit Eckarts Leuten treffen. Gleichzeitig muss Spaenle politisch verhandeln: Ende Januar wird die Konzertsaalfrage noch einmal Thema in der CSU-Landtagsfraktion sein, wo insbesondere Thomas Goppel und Oliver Jörg mosern. Sie hatten die Paketposthalle in Neuhausen als Standort favorisiert. Das Projekt wäre aber wirtschaftlich womöglich noch heikler als der Deal mit Eckart.

Der Freistaat hätte sich zwar nicht auf ein Erbbaurecht einlassen müssen, sondern hätte die Halle kaufen können. Doch Spaenles Expertengruppe rechnet schon jetzt mit Instandsetzungskosten von 40 bis 60 Millionen Euro und einer sündhaft teuren Totalsanierung der Halle spätestens in 50 Jahren. Die Investorengruppe, die den Deal vorschlug, hätte bis dahin die umliegenden Flächen gewiss längst gut mit Hotel- und Bürobauten vermarktet.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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