Immer mehr Menschen, die gepflegt werden müssen, und immer weniger Menschen, die sie pflegen können. So sieht die demografische Prognose aus, auch für München. Das Sozialreferat hat ausgerechnet, dass in zehn Jahren knapp 5000 Menschen mehr pflegebedürftig sein werden als zum jetzigen Zeitpunkt. Das erfordert rund 1800 zusätzliche Vollzeitstellen in der Pflege, ambulant und stationär. Eine Herkulesaufgabe, angesichts des bereits bestehenden Fachkräftemangels.
Zumindest will die Stadt vorsorgen, wo sie kann. Deshalb sollen in den kommenden Jahren 700 neue vollstationäre Pflegeplätze entstehen, das hat der Gesundheitsausschuss des Stadtrats an diesem Donnerstag beschlossen.
Dafür hat man eine sogenannte Deckungslücke für das Jahr 2035 prognostiziert und nach Stadtbezirk aufgeschlüsselt. In den zehn am meisten betroffenen Bezirken, also jenen, wo mindestens eine Einrichtung mit mehr als 80 Plätzen fehlt, sollen Grundstücke reserviert werden. Der Wunsch der Stadträte: Die neuen Einrichtungen sollen möglichst „kleinteilig“, möglichst „wirtschaftlich umsetzbar“ sein. Sie sollen neben Pflegeplätzen auch Wohnungen für die Pflegenden sowie für fitte Seniorinnen und Senioren mit leichtem Betreuungsbedarf enthalten.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sowie das Kommunalreferat sollen bei der Standortsuche unterstützen. Dabei sollen laut dem Beschluss sowohl städtische als auch nichtstädtische Grundstücke berücksichtigt werden.
In München sind 17 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre, das sind nach Stand von Dezember 2023 rund 270 000 Menschen. Statistisch steigt mit zunehmendem Alter das Risiko, auf Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein. Bis zum Jahr 2035 wird diese Gruppe laut Sozialreferat auf mehr als 302 000 Menschen anwachsen. Etwa 45 000 Münchnerinnen und Münchner bekommen aktuell Pflegeleistungen. Für das Jahr 2035 erwartet das Sozialreferat einen Anstieg auf etwa 49 700 Menschen mit Pflegebedarf.
Von den pflegebedürftigen Menschen, die Pflegeleistungen bekommen, werden mehr als 84 Prozent zu Hause überwiegend von ihren Angehörigen versorgt und sind nicht auf eine vollstationäre Versorgung angewiesen. In den 56 vollstationären Pflegeeinrichtungen in München gibt es insgesamt 7 790 Plätze.
Mit mehr Plätzen allein werden die Herausforderungen des demografischen Wandels in den kommenden Jahren nicht bewältigt, das weiß auch die Stadtverwaltung. Angebote der pflegerischen Versorgung müssen überhaupt weiterentwickelt werden, heißt es in der Beschlussvorlage. Auch neue Modelle müssen integriert werden. Etwa das Konzept der sogenannten Community Care, nach dem nachbarschaftliche Strukturen systematischer eingebunden werden.
Kritisiert wird, dass solche neuen Ansätze bisher nicht „durch die Finanzierungslogik der Pflegeversicherung abgebildet“ werden. Der Mangel an beruflich Pflegenden sowie die Finanzierung des Pflegesystems insgesamt seien die drängendsten Herausforderungen, um auch in Zukunft auf den Pflegebedarf der Münchnerinnen und Münchner reagieren zu können, heißt es in der Vorlage. Allerdings könne die Kommune hier nur sehr bedingt Einfluss nehmen.