Pfälzer Residenz-Weinstube:Neue Weine, altes Glück

Speisen und trinken bei einer Münchner Legende: Die meisten Gäste sind bislang aus purer Nostalgie in die Säle der Pfälzer Weinstube gekommen. Doch nun gibt es weitere Gründe für einen Besuch.

Felix Mostrich

Es dürfte nicht viele gastronomische Betriebe geben, die ihre Existenz der puren Nostalgie verdanken. Die Pfälzer Residenz-Weinstube in München ist ein solches Unternehmen. Als die Pfalz 1946 per Besatzungsdekret von Bayern abgekoppelt und in das neue Bundesland Rheinland-Pfalz eingegliedert wurde, taten sich die in Bayern verbliebenen Pfälzer zu einem Landesverband zusammen und eröffneten in den Erdgeschossräumen der Münchner Residenz eine Weinstube.

Pfälzer Residenz-Weinstube: Die Münchner saßen schon immer gern in den Sälen der Pfälzer Weinstube. Nun lohnt es sich sogar, wegen der Weine hinzugehen.

Die Münchner saßen schon immer gern in den Sälen der Pfälzer Weinstube. Nun lohnt es sich sogar, wegen der Weine hinzugehen.

(Foto: Robert Haas)

Die war quasi als Ersatzparlament gedacht und hat zumindest als Treffpunkt funktioniert. Den Münchnern ist das Lokal ans Herz gewachsen, weil man sich dort nach anstrengenden und teuren Kulturgenüssen bei preiswertem Wein erholen kann.

Von Anfang an ist die "Resi" - so heißt das Lokal bei vielen Stammgästen - nicht als anspruchsvolles Restaurant, sondern als Weinprobierstube im altdeutschen Stil gedacht gewesen. Auf eine perfekt ausgebaute Küche hat man also bewusst verzichtet.

Die von Metzgern in der Pfalz bezogenen Weinstuben-Klassiker - Bratwürste, Leberknödel, Saumagen, Fleeschknepp, Crebbenetz - mussten lediglich warm gemacht werden; im übrigen aber beschränkte man sich auf das Angebot pfälzischer Straußwirtschaften, das ungefähr identisch ist mit dem, was die Bayern Brotzeit nennen.

Als die Pfälzer Weinstube vor exakt 30 Jahren zum ersten Mal in der SZ-Kostprobe besprochen wurde, funktionierte sie noch ganz nach den oben beschriebenen Prinzipien. Speziell des Essens wegen ist das Lokal damals sicher selten aufgesucht worden. Aber auch beim Wein konnten nicht alle Liebhaber glücklich werden.

In der breiten Schwemme lieblicher und halbtrockener Weißweine gab es überhaupt nur zwei wirklich trockene, die offen ausgeschenkt wurden; sie trugen die abwertenden Nummern 3a und 5a, waren für viele Kenner aber die einzigen erträglichen Alternativen. Beim Rotwein war die schüttere Auswahl damals nahezu indiskutabel.

Auf Probierstubenniveau

Heute sehen die schön gewölbten historischen Säle der Resi zum Glück noch genau so aus wie damals, und auch auf der gedruckten Speisekarte hat sich wenig verändert. Die Pfälzer Weinstubenklassiker mit Sauerkraut oder Kartoffelsalat werden nach wie vor in bewährter ländlich-schlichter Qualität zu Preisen zwischen 6 und 8 Euro angeboten. Auch das Tatar vom Rind zum Selberanmachen mit seinem Ring klug abgestimmter Gewürze, mit Sardellen und Kapern (10,80) dürfte in seiner Preiskategorie in München ohne Beispiel sein.

Bei der jüngsten Renovierung hat man endlich eine professionelle Küche eingebaut, in der deutlich variabler gearbeitet werden kann. Seither gibt es zusätzlich zur Stammkarte eine Tageskarte mit wechselnden Speisen. Leider gelingt es der Küche fast nie, gemeinsam bestellte Gerichte auch gemeinsam zu servieren. Da kann es passieren, dass ein Gast am Tisch schon seinen zweiten Gang verzehrt, bevor sein Nachbar überhaupt den ersten, der nur aus fertigen kalten Substanzen besteht, zu Gesicht bekommt. Bei solchen Servicemängeln wird einem bewusst, dass man in einem gastronomischen Großbetrieb gelandet ist.

Im Übrigen aber haben Gäste, die mit dem Probierstubenniveau einverstanden sind, wenig Grund zu Beschwerden. Eine der Neuerungen, die mit der neuen Küche möglich wurden, sind Flammkuchen.

Zwei Versionen dieser wiederentdeckten hauchdünnen oberrheinischen Fladenbrote stehen ständig auf der Karte (je 8,20): Die "Pfälzer" Variante mit Sauerrahm, Speck und Zwiebeln findet in der Regel allgemeines Wohlgefallen; die vegetarische mit Schafskäse und Konserven-Peperoni wirkt daneben seltsam trocken und eintönig.

In der Zeit, in der sich der Flammkuchen als Pizza-Ersatz wieder einbürgern konnte, ist das Grillhähnchen fast ganz aus der Gastronomie verschwunden. In der Resi ist es noch zu haben: fein gewürzt und nicht zu trocken, aber leider manchmal im lauwarmen Zustand. Den Gerichten auf der Tageskarte kann man fast pauschal bescheinigen, dass sie auf ihrem gemäßigten Preisniveau jeweils recht akzeptabel sind.

Am meisten hat sich in den vergangenen 30 Jahren zum Glück auf der Weinkarte getan. Die Trockenen sind nun in allen Kategorien deutlich in der Überzahl, und im Flaschenwein-Angebot kann man heute fast alle pfälzischen Spitzenerzeuger finden. Leider schnellen die Preise der edleren Kreszenzen, da beim Ausschank im Lokal der Verkaufspreis jeweils verdoppelt wird, unverhältnismäßig steil in die Höhe.

Mit dem fabelhaften Deidesheimer Riesling 2009 von Dr. von Bassermann-Jordan aber (30 Euro) oder dem roten St. Laurent 2008 vom Weingut Kaiserberg in Nußdorf (18,90) kann man auch als Liebhaber dieser Sorten höchst zufrieden sein.

Residenzstraße 1, 80333 München, Telefon: 22 56 28, www.bayernpfalz.de, geöffnet täglich von 10 bis 0.30 Uhr

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