Petition zu Ladenöffnungszeiten:Knapp 5000 Unterschriften gegen die 20-Uhr-Grenze

7. Shoppingnacht in München, 2013

Nächtliches Einkaufen wird in München wohl weiter die Ausnahme bleiben. Unser Bild zeigt die Neuhauser Straße.

(Foto: Catherina Hess)

Eine Online-Petition macht sich für flexiblere Ladenöffnungszeiten stark, knapp 5000 Unterstützer haben bereits unterschrieben. Doch die Staatsregierung zeigt keine Neigung, die strenge bayerische Regelung zu ändern.

Von Dominik Hutter

Wolfgang Fischer hat ein schönes Beispiel parat: die spätabendlichen Schlafanzug-Parties, mit denen der Buchhandel einst den neuen Harry-Potter-Band begrüßte - so gut wie weltweit, mit Ausnahme des Landstrichs zwischen Neu-Ulm und Berchtesgaden. Dort liegt bekanntlich Bayern, das weiterhin am Ladenschlussgesetz von 2003 festhält: montags bis samstags von 6 bis 20 Uhr, Sonn- und Feiertage sind ganz tabu. "Da sind wir wirklich rückständig", sagt der Chef des Innenstadtverbands "City-Partner". Aber der Status quo sei "völlig zuzementiert".

Tatsächlich sind aktuell keinerlei Änderungen in Sicht, der Landtags-CSU steckt noch immer jenes peinliche Abstimmungs-Patt in den Knochen - 2006, als der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber die Regelung eigentlich lockern wollte. Für Fans nächtlicher Shopping-Aktivitäten erinnert München des Nachts daher eher an Neunburg vorm Wald als an eine große europäische Metropole. In Hamburg und Berlin dürfen die Geschäfte an Werktagen rund um die Uhr offen haben. Theoretisch. Denn natürlich lohnt sich das in den meisten Fällen gar nicht, "das hat sich eingependelt", sagt Fischer.

Tausende Unterstützer für längere Öffnungzeiten

Während die Politik krampfhaft stillhält, versuchen es die Anhänger einer Liberalisierung mit den Mitteln der digitalen Demokratie. Seit einer Woche läuft auf der Internet-Plattform "Online-Petition" eine Unterschriftensammlung für flexiblere Ladenöffnungszeiten in München - mit durchaus beachtlicher Resonanz: Mehr als 4700 Unterstützer (Stand: Donnerstagmittag) sind bereits zusammengekommen, die sich unter einer weltoffenen Großstadt etwas anderes vorstellen als ein nächtliches Rollgitterparadies. Die Petition richtet sich an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Der allerdings ist eigentlich der falsche Adressat. Für den Ladenschluss ist der Freistaat zuständig - und an den wird das Rathaus eine solche Petition wohl auch weiterleiten. Ministerpräsident Horst Seehofer gilt jedoch als entschiedener Verfechter der 20-Uhr-Grenze, und aus dem zuständigen Sozialministerium ist zu hören, dass derzeit keine Initiative für eine Liberalisierung geplant sei. Die jetzige Regelung trage "als soziale Leitplanke zum Schutz der Ladenangestellten bei". Denn das ist die andere Seite der Medaille: Irgendwer müsste ja auch Kunden beraten oder die Kasse bedienen, nachts um halb zehn.

Flexibilisierung? Kann sich Verdi "überhaupt nicht vorstellen"

Damit spricht die Staatsregierung der Gewerkschaft Verdi aus dem Herzen. Eine Flexibilisierung könne man sich "überhaupt nicht vorstellen", erklärt Verdi-Mann Hans Sterr. Weil der Mensch einfach auch Ruhezeiten brauche - nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Kunden. Längere Öffnungszeiten seien mit dem familiären Alltag nicht zu vereinbaren, da könnten auch finanzielle Aufschläge nicht weiterhelfen. Eine "unheilige Allianz zwischen Gewerkschaften und Kirche" gebe es da, urteilt Fischer. Die Kirche will bekanntlich den heiligen Sonntag retten.

Allerdings stehen auch die Einzelhändler keineswegs auf der Seite der Nacht-Einkäufer. Gerade die kleineren Läden fürchteten, unter die Räder zu kommen, berichtet Verbands-Geschäftsführer Bernd Ohlmann. Die offizielle Haltung lautet: Nein zu längeren Öffnungszeiten, ja zu flexiblen Aktionen à la Shopping-Nächte. Aber da werde sich wohl eh nichts tun, sagt Ohlmann. "Die CSU hat das Thema so gerne wie Zahnschmerzen." Obwohl Ohlmann überzeugt ist, dass das Thema Internet-Handel die Debatte um den Ladenschluss noch einmal befeuern wird.

Zumindest die Rathaus-CSU ist jedoch Änderungen gar nicht so abgeneigt. Eine "gewisse Liberalisierung" könne man sich durchaus vorstellen, berichtet Stadtrat Manuel Pretzl. Am Sonntag werde aber keinesfalls gerüttelt. SPD und Grüne sind prinzipiell skeptischer, die jetzigen Öffnungszeiten "sollten ausreichen", findet Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich. Bei den Liberalen hingegen stehen flexiblere Öffnungszeiten seit langem ganz oben im Forderungskatalog. Negative Folgen für die Mitarbeiter fürchtet FDP-Spitzenmann Michael Mattar nicht. Schließlich seien Zuschläge zu erwarten - und die Höchstarbeitszeit werde ja nicht ausgedehnt.

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