Kritik:Liebe und Leder

Kritik: Peter Maffay auf seiner viermal verschobenen Tour zum Jubiläum "50 Jahre auf der Bühne", hier beim Konzert in Köln.

Peter Maffay auf seiner viermal verschobenen Tour zum Jubiläum "50 Jahre auf der Bühne", hier beim Konzert in Köln.

(Foto: Christoph Hardt/IMAGO/Panama Pictures)

Der 73-jährige Peter Maffay kraftstrotzend wie nie in der Münchner Olympiahalle.

Von Michael Zirnstein, München

Jeder Rock strebt im rasenden Moment zur Ewigkeit. Peter Maffay ist auf einem guten Weg. An die 20 Nummer-Eins-Alben in 53 Bühnenjahren, das macht dem Tutzinger Raubein keiner nach. Jetzt auf der Zielgeraden ist der 73-Jährige im Schaffensrausch. Er nutzt die Zeit, "die uns durch die Hände rinnt" (aus "Morgen", in dem es allerdings um die sterbende Erde geht), für Platten, eine Radio-Show, ein zweites "Anouk"-Kinderbuch mit seiner jungen Partnerin für die dreijährige Tochter und für TV-Auftritte, etwa als Juror bei "The Voice". Das erstaunte dann doch: Der Knödel-Peter als Stimm-Coach?

Doch, das kann er. Unverwechselbar schmirgelt und knurrt sich Maffay durch die Olympiahalle, laut und leise, auch weit hinauf ins Falsett, trainiert wie nie. So wie sein Körper, den er fast drei Stunden lang über die gitarrenförmige Mittelbühne jagt, um allen Fans, die hier "Freunde" heißen, nah zu sein. Die Nieten-Jacke streift Leder-Peter im ersten Song ab, darunter Bi- und Trizepse, die aussehen, als bestellte ihr Betreiber jeden Abend die Band zum Armdrücken ein.

Alles strotzt vor Kraft, gerade die Musik, die mal Deutschrock ("Jetzt!"), aber nicht Rammsteinhauerei ist, mal energetisches Gotteslob, mal Motivations-Hymne: "Für immer jung" - programmatisch. Seine Weltklasse-Band ist ihm seit Jahren treu, sein Drum-Gewaltiger Bertram Engel seit 45. Das hält noch eine Weile, auch dank der jungen Animateurstruppe inklusive Bassisten-Sohn Leon Taylor und Band-Boss-Sohn Yaris. Und danach? Braucht Maffay auch keine Avatare wie Abba, er hat den ewig-faltenlosen Drachen Tabaluga, der drei neue Stücke vom kommenden Weltrettungs-Album vortanzt. Altbacken wirken nicht die Schlager ("Du"), sondern nur die Bildschirmschoner-Videos und einige Ansagen: Klar, die Wandlung "der" Politiker von Pazifisten zu Militaristen zu beklagen, ist eine klare Meinung, aber angesichts ukrainischer Gäste im Saal, die sich nun fragen, wie sie Putin denn ohne Waffen, aber mit Liebe beikommen sollen, fehl an diesem Platz. Das Finale mit dem Liedermacher-Burg-Waldeck-Geist ("Freiheit, die ich meine") und einem Sängerkreis aller Beteiligten mit Gänsehaut-Satzgesang ("Die Töne sind verklungen") aber sind Momente fast für die Ewigkeit.

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