Personal in der Verwaltung:SPD und CSU wollen fest eingeplante neue Stellen streichen

Earth Hour in München

Seit der Kommunalwahl 2014 haben CSU und SPD insgesamt 5000 Stellen in der Verwaltung geschaffen. Immer wieder kündigten sie an, zurückhaltender sein zu wollen, nun machen sie offenbar ernst.

(Foto: dpa)
  • SPD und CSU im Stadtrat wollen etwa 270 Stellen bei städtischen Stellen streichen. Seinen Job würde aber niemand verlieren: Die Stellen waren nur geplant und bislang noch nicht besetzt.
  • Das bedeutet: Die Parteien kassieren Personal wieder ein, das die eigenen Stadträtinnen und -räte für nötig gehalten hatten. Das schafft viel Frustration in den Fraktionen.
  • Mit dem Kompromiss wollen die Regierungsparteien in die Haushaltsdebatte im Stadtrat gehen. Die steht am Donnerstag an.

Von Heiner Effern

Das Rathausbündnis aus SPD und CSU will noch in diesem Jahr etwa 270 geplante und teilweise schon beschlossene Stellen streichen. Darauf einigten sich die Fraktionsspitzen mit den Bürgermeistern am Montagmittag im Rathaus. Grund dafür ist die "labile Situation" bei der Gewerbesteuer.

So steht es in einem internen Papier von Kämmerer Ernst Wolowicz und Personalreferent Alexander Dietrich, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Auch in den kommenden Jahren wollen SPD und CSU die Zahl der neuen Stellen drastisch begrenzen. Künftig soll jeweils bis April keine einzige mehr durch den Stadtrat genehmigt werden. Erst dann will die Koalition auf der Basis aktueller Finanzzahlen entscheiden, wie viele sie im jeweiligen Jahr für möglich hält.

Mit diesem Kompromiss will das Rathausbündnis am Donnerstag in die Haushaltsdebatte des Stadtrats für das Jahr 2018 gehen. Am Nachmittag mussten noch die Fraktionen ihr Einverständnis erklären, dem Vernehmen nach stimmten die Stadträte von CSU und SPD aber zu. Die Zahl der neuen Stellen im Jahr 2017 wurde seit Tagen heftig diskutiert, denn ein Großteil von ihnen hätte 2018 erstmals finanziell zu Buche geschlagen.

In der vergangenen Woche rechnete die Stadtregierung noch mit insgesamt mehr als 1150 neuen Stellen. Am Montag war diese Zahl nach internen Verhandlungen mit den Referaten schon auf 1070 gesunken. Das heißt, dass bei den im November und Dezember noch anstehenden Personalbeschlüssen bereits kräftig gestrichen wurde. Insgesamt soll es im Jahr 2017 nun nur noch 800 Stellen geben. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sieht keine Alternative für dieses restriktive Vorgehen: "Wir müssen das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben in Zukunft vernünftig hinbekommen. Das gilt nicht nur für die Stellen."

Trotz Rekordeinnahmen in den Jahren 2015 und 2016 geriet die Stadt immer wieder unter Druck, weil auch die Ausgaben exorbitant wuchsen. Nicht zuletzt beim Personal: Seit der Kommunalwahl 2014 haben CSU und SPD insgesamt knapp 5000 neue Stellen in der Verwaltung geschaffen. Zwar haben sie immer wieder beteuert, künftig zurückhaltender sein zu wollen; in der Praxis entfaltete das jedoch kaum eine wahrnehmbare Wirkung. Bis jetzt. Und nun stehen CSU und SPD vor der unangenehmen Aufgabe, Personal wieder einzukassieren, das ihre eigenen Stadträte für nötig halten. Das ist möglich, schafft jedoch viel Frustration in den Fraktionen.

Da es kaum zu bewerkstelligen sein dürfte, Hunderte Beschlüsse im einzelnen nochmals auf ihre Stichhaltigkeit und Priorität hin zu überprüfen, sollen die Referate nach dem Rasenmäher-Prinzip vorgehen. So steht es im Vorschlag von Personalchef Dietrich und Kämmerer Wolowicz. Dafür sollen die Referate größtmögliche Flexibilität erhalten. Sie sollen künftig zum Beispiel alle zweckgebundenen Stellen, die sie nicht mehr benötigen, umschichten können. Grundsätzlich ist die Rücknahme schon genehmigter Stellen durch die Rathausmehrheit schon vorbereitet.

Alexander Dietrich bei Referentenwahlen im Münchner Rathaus, 2016

Für das städtische Personalwesen ist Alexander Dietrich (CSU) zuständig. Er zieht jetzt die Zügel an.

(Foto: Florian Peljak)

Sie hatte dafür eigens ein Instrumentarium beschlossen: In den Fachausschüssen des Stadtrats werden Empfehlungsbeschlüsse gefasst, die erst später in den Haushaltssitzungen auch mit Geld hinterlegt werden. Oder auch nicht. Nun machen CSU und SPD davon Gebrauch, auch wenn es rumpelt. "Wir müssen das jetzt pauschal umsetzen, weil wir das nicht mehr zurück auf die Fachebenen bekommen", sagte Reiter. Dieses Vorgehen könnte also zum ersten und bereits zum letzten Mal Anwendung finden. "Da gibt es sinnvollere Lösungen."

Eine Alternative wollen die Regierungsfraktionen im Jahr 2018 zum ersten Mal anwenden. Bis in den April hinein sollen gar keine neuen Stellen beschlossen werden. Wenn dann im Frühjahr Klarheit über Verluste oder Gewinne im Vorjahr herrscht und aktuelle Steuerprognosen vorliegen, will die Stadtregierung eine Obergrenze fürs laufende Jahr festlegen - und als Kriterium dabei auch das Wachstum der Stadt berücksichtigen.

Auch die CSU kann mit dem Kompromiss leben

So will sie verhindern, dass sie am Ende mit einem Berg potenzieller neuer Mitarbeiter dasteht, die sie auf Dauer nicht oder nur sehr schwer finanzieren kann. Dieser Aspekt war zuletzt in den Vordergrund gerückt, weil die Stadt spürbare Einbußen bei der Gewerbesteuer erwartet. Diese könnten im dreistelligen Millionenbereich liegen, ist zu hören.

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl kann damit und mit dem "vernünftigen" Kompromiss bei den 2017 beschlossenen Stellen leben. Auch wenn die Finanzexperten seiner Fraktion lieber 100 Stellen mehr gestrichen und 2018 auf ein Stellenmoratorium gesetzt hätten. "Beide Fraktionen haben Zugeständnisse gemacht", sagte Pretzl. Das Vorgehen mit einer Personalentscheidung jeweils im April verspreche eine "konkrete und auf die Zukunft ausgerichtete Finanzplanung".

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