Perlach:Ein großer Saal und sogar ein Kino

"Protest-Graffiti" am Münchner Hanns-Seidel-Platz, 2017

Vor zwei Jahren sprühte Jan Deichmann den Schriftzug "Promises" (Versprechen) an die Stelle, wo das Kulturzentrum entstehen soll.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Perlacher fordern bei ihrer Bürgerversammlung den Baubeginn für ihr Kulturzentrum am Hanns-Seidel-Platz und weniger Wohnungen am Otto-Hahn-Ring

Von Johannes Korsche, Perlach

Der Andrang zur Perlacher Bürgerversammlung war so groß, dass sich der Beginn leicht verzögerte, bis alle ihre Stimmzettel in der Hand hielten. Etwa 350 Perlacher waren am Dienstagabend in die Mensa des Schulzentrums Perlach-Nord gekommen, um Wünsche für ihr Viertel zu äußern. Sie hatten insgesamt 32 Anträge und Anfragen im Gepäck, die vor allem auf die Entwicklung des Stadtteils abzielten: Der Einzelhandel an der Maximilian-Kolbe-Allee soll genauso erhalten bleiben wie die Frischluftschneise im Hachinger Tal, die in den Augen der Perlacher wegen des geplanten Wohn- und Gewerbegebiets in Gefahr ist.

Für die Maximilian-Kolbe-Allee hatte der Bezirksausschuss-Vorsitzende Thomas Kauer (CSU) auch eine Nachricht an die Perlacher mitgebracht. Die Stadt plane hier einen Aufstellungsbeschluss, der die Nutzung durch Läden festschreibe, sagte er unter lautem Applaus. Auch zum Bauprojekt auf dem Siemensparkplatz und dem immer noch ausstehenden Kulturzentrum am Hanns-Seidel-Platz haben die Perlacher eine deutliche Meinung.

Denn der Wunsch nach einem eigenen urbanen Zentrum in Neuperlach habe inzwischen schon zu "Frust und Galgenhumor" geführt, beschrieb ein Perlacher die Stimmung zum Hanns-Seidel-Platz. Schließlich warte man schon seit 50 Jahren darauf. "Ich halte das für einen Skandal."

Auf dem Hanns-Seidel-Platz werden zwar gerade Wohnungen hochgezogen, doch dort, wo in Zukunft das Bürgerhaus stehen soll, sind die Betonmischer noch nicht in Sicht. Immerhin wolle sich die Stadt nun selbst um das Projekt kümmern, verkündete Thomas Kauer, was erneut mit Applaus und sogar mit "Bravo"-Rufen bedacht wurde. Die Perlacher wollen aber verhindern, dass der Bau ein reiner Zweckbau für die Stadtverwaltung wird. Daher solle in dem Bürgerhaus, geht es nach der einstimmigen Meinung der Bürger, ein auf mindestens 500 Plätze erweiterbarer Veranstaltungssaal ebenso vorgesehen werden wie eine größere Gaststätte samt Café und Biergarten. Außerdem sei ein Kino am Hanns-Seidel-Platz zu planen. Zudem forderte ein weiterer Antrag, ausreichend Raum für Musiker und Musikunterricht im Viertel zu schaffen. Gerade in einem Viertel mit viel Bauprojekten gebe es dafür Möglichkeiten.

Haben die Perlacher bei ihrem Bürgerhaus schon längst die Geduld verloren, wollen sie bei der Bebauung des Siemens-Parkplatzes am Otto-Hahn-Ring lieber bremsen. Denn bevor der Stadtrat hier einen Entschluss fällt - was für diesen Herbst geplant sei, so eine Mitarbeiterin des Planungsreferats -, sollen Mitglieder der Bürgerinitiative, die sich gegen die als maßlos empfundene Bebauung stemmt, Akteneinsicht erhalten. Am Otto-Hahn-Ring ist der Bau von bis zu 750 Wohnungen geplant. Vorgesehen ist, dass die Häuser fünf bis sechs Geschosse hoch werden, allerdings sind auch einzelne höhere Bauten vorgesehen, wie bei einer Einwohnerversammlung im Februar bekannt wurde. Das wollen die Perlacher verhindern, sie fordern eine "maßvolle Bebauung mit zwei bis vier Geschossen". Ein überarbeiteter Entwurf für das Areal soll dem BA und der Bürgerinitiative zugeleitet werden, bevor der Stadtrat darüber befindet.

Auch das befürchtete Ladensterben an der Maximilian-Kolbe-Allee 8-14 ist für die Neuperlacher schon seit diesem März ein Thema. Der Eigentümer plant, die Läden im Erdgeschoss in 19 Wohnungen umzuwandeln, außerdem hat er einen Antrag gestellt, den bisher dreigeschossigen Bau um zwei Stockwerke aufzustocken. Die Perlacher antworteten mit einer Unterschriftenliste, auf der sich mehr als 4000 Gegner des Ladensterbens eintrugen, und auch der BA sprach sich gegen das Vorhaben aus. Zwar war die Erleichterung bei den Perlachern spürbar, dass die Stadt die gewerbliche Nutzung festschreiben will. Doch dass sie sich auch weitergehende Maßnahmen vorstellen können, zeigt ein verabschiedeter Antrag. Die Stadt solle das Haus kaufen, um die "lebendige und funktionierende Infrastruktur" zu erhalten. Das wäre ein "sozial verträglicher und sinnvoller Akt für ganz Neuperlach Süd", sagte die Antragsstellerin.

Wie bei nahezu jeder Bürgerversammlung beschwerten sich auch einige Perlacher über die Verkehrs- und Parksituation. So soll auf Teilen der Nailastraße und der Carl-Wery-Straße sowie entlang des Adolf-Baeyer-Damms das Parken für Lkw grundsätzlich verboten werden. Auf der Albert-Schweitzer-Straße im Bereich zwischen Quidde- und Ständlerstraße soll eine durchgängige Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern und am Pfanzeltplatz eine Kurzparkzone gelten. Nach dreieinhalb Stunden war Schluss, die CSU-Stadträtin Evelyne Menges (CSU) verabschiedete die Bürger. Der eine oder andere war da allerdings schon auf dem Nachhauseweg.

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