Bürgerversammlung:Im Digi-Tal der Ahnungslosen

Bürgerversammlung: Große Pläne: Die Stadtwerke brauchen den U-Bahn Betriebshof in Neuperlach für die Stabilität des Netzes.

Große Pläne: Die Stadtwerke brauchen den U-Bahn Betriebshof in Neuperlach für die Stabilität des Netzes.

(Foto: SWM/MVG)

Die Perlacher Bürgerversammlung klagt über schlechten Mobilfunkempfang und kämpft weiter gegen das Ausmaß des geplanten U-Bahn-Betriebshofs

Von Patrik Stäbler

Am Adolf-Baeyer-Damm in Neuperlach liegt das Digi-Tal der Ahnungslosen. So sieht es zumindest eine Anwohnerin, die sich bei der Bürgerversammlung für den Stadtteil über den mauen Mobilfunkempfang in der Gegend beschwert hat. "Wir leben im digitalen Funkloch", klagte sie. "Wir haben sehr oft kein Netz. Wir fühlen uns wie in einer digitalen Bananenstraße."

Ihr Antrag, für Aufklärung und Abhilfe zu sorgen, löste ob der Wortwahl einige Heiterkeit unter den 200 Anwesenden in der Turnhalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums aus - jedoch wurde er mit großer Mehrheit angenommen. Dass das Rathaus in der Sache allzu viel wird ausrichten können, erscheint indes fraglich. Denn Ursache für den schlechten Empfang, mit dem sich auch der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach bereits beschäftigt hat, ist der Brand eines Mobilfunkmasts am Theodor-Heuss-Platz vor fast zwei Jahren. Überdies ist infolge eines Bauprojekts unlängst ein weiterer Sendemast in Perlach weggefallen.

Ungleich größeren Handlungsspielraum hat die Stadt bei einem anderen Thema, das im zweiten Jahr hintereinander die Perlacher Bürgerversammlung dominiert hat - einem neuen U-Bahn-Betriebshof in Neuperlach Süd. Dort sollen nach dem Wunsch der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) auf einer Fläche von sieben Hektar an der Arnold-Sommerfeld-Straße unter anderem Abstellmöglichkeiten für 30 Züge, eine Werkstatt- und eine Waschhalle, Verwaltungsgebäude sowie ein 900 Meter langes Abnahmegleis für Bremstests entstehen. Nötig sei diese zweite Anlage neben dem Betriebshof in Fröttmaning, um "weiterhin eine leistungsstarke und verlässliche U-Bahn anbieten zu können", argumentiert die MVG, die eine Fertigstellung "Ende der 2020er-Jahre" anvisiert.

Viele Bewohnerinnen und Bewohner in Neuperlach, Waldperlach und Neubiberg fürchten nun die Belastungen durch ein solches Großprojekt - allen voran den Lärm. Zudem werfen die Kritiker, die zwei Bürgerinitiativen gegründet haben, der MVG vor, bei der Standortwahl nicht mit offenen Karten gespielt zu haben. So sei die Öffentlichkeit erst lange nach dem Stadtratsbeschluss für einen Betriebshof in Neuperlach 2016 darüber aufgeklärt worden, welchen Umfang das Projekt haben werde. Und: dass dort ein 24-Stunden-Betrieb geplant sei, auch auf dem Bremstestgleis.

Beim Betriebshof sind auch die Kosten unklar

Bei der Bürgerversammlung stellten Vertreter der Bürgerinitiative (BI) mehrere Anträge, die alle eine klare Mehrheit erhielten. Unter anderem wurde das Rathaus aufgefordert, die Standortwahl zu überdenken und dabei über die Stadtgrenze hinaus zu blicken - an den Endpunkt einer möglichen Verlängerung der U5, etwa in Taufkirchen. Außerdem beantragte ein BI-Vertreter die Offenlegung der Kostenplanung für das Projekt, auch unter Berücksichtigung zusätzlicher Lärmschutzmaßnahmen, die kürzlich angekündigt worden seien.

Diese sähen nun auch am Abnahmegleis bis zu acht Meter hohe Wände vor, erläuterte BA-Vorsitzender Thomas Kauer (CSU). "Das ist eine deutliche Nachbesserung. Ob das reicht, wird das Lärmschutzgutachten zeigen." Dieses werde derzeit überarbeitet und voraussichtlich Ende des Jahres vorliegen, sagte Kauer. Er unterstrich die Forderungen des BA nach Lärmschutz auch am Eingang des Betriebshofs sowie eingeschränkten Betriebszeiten. "In einer Stadt, in der nachts keine U-Bahn fährt, muss man auch nachts keine Bremsen testen."

Zur Klage über die "digitale Bananenstraße" in Neuperlach erläuterte Kauer nach der Veranstaltung, dass voraussichtlich im Herbst ein neuer Mobilfunkmast am Standort des abgebrannten Masts aktiviert werden solle. Dies werde die Situation hoffentlich verbessern, sagte der BA-Chef, der jedoch betonte: "Der Empfang in weiten Teilen Neuperlachs ist sehr schlecht. Deshalb sollte man darüber nachdenken, wo man dort mittelfristig noch einen zusätzlichen Mast aufstellen kann."

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