Pensionierter Lehrer vor Gericht:Rangelei um Spielzeuggewehr

Streit mit einem Elfjährigem: Ein pensionierter Lehrer muss sich vor dem Münchner Amtsgericht wegen Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten. Der 82-Jährige hatte dem Jungen sein Spielzeuggewehr abgenommen - es sei schon "ein wenig ärgerlich, wenn man als Pädagoge scheitert".

Von Christian Rost

Ein pensionierter Lehrer muss sich seit Donnerstag vor dem Münchner Amtsgericht wegen Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten. Manfred B. hatte aus Angst, er könne von einem Plastikgeschoss am Auge getroffen werden, im Juni 2012 in Kleinhadern einem Elfjährigen ein Spielzeuggewehr abgenommen.

Der Mann ist 82 Jahre alt, formuliert seine Sätze äußerst präzise und nimmt es auch sonst sehr genau. Mit der Anklage, die Staatsanwalt Georg Decker gegen ihn vorgebracht hat, ist Manfred B. überhaupt nicht einverstanden: Er habe dem Buben das Spielzeuggewehr nicht entrissen, wie der Staatsanwalt meinte, sondern "mit dem Knaben um das Sturmgewehr gerungen", sagte der ehemalige Lehrer. Und er habe dem Kind auch nicht mit der Faust auf die Brust geschlagen, er habe es "zur Seite geräumt". Es sei nämlich schon "ein wenig ärgerlich, wenn man als Pädagoge scheitert", begründete B. sein Vorgehen.

Der ehemalige Lehrer hatte sich daran gestört, dass vor seiner Wohnung, die an einen Spielplatz grenzt, eine Gruppe Kinder mit Spielzeuggewehren hantierte, mit denen sich Plastikmunition verschießen lässt. Er sei auf dem linken Auge blind und habe nicht auch noch sein rechtes einbüßen wollen. Deshalb habe er "die Knaben" zunächst gebeten, woanders zu spielen. Einige Tage später hielten sich die bewaffneten Buben aber schon wieder vor seiner Wohnung auf. Daraufhin habe er ein "Sturmgewehr", das auf dem Boden lag, an sich genommen und den Buben, der es zurückhaben wollte, nach einer Rangelei weggeschoben. Den Sachverhalt hat der Lehrer auf 30 Seiten niedergeschrieben - samt seiner Einschätzung, dass er "im Zuge der Gefahrenabwehr" korrekt gehandelt habe. Das Konvolut überreichte er Richterin Karin Jung.

Die Vorsitzende wollte die Sache gar nicht so hoch hängen, der Staatsanwalt hätte einer Einstellung wegen Geringfügigkeit zugestimmt. Und auch die Frau von Manfred B., die neben ihm auf der Anklagebank als "seelischer Beistand" saß, hätte den Fall offenbar gerne kurz gehalten. Jedenfalls schüttelte sie mit dem Kopf, als ihr Mann auf "einen Freispruch" pochte. Die Richterin gab zu bedenken, dass zumindest der Tatbestand der Nötigung erfüllt sei. Weil B. dennoch an seine Unschuld glaubt, wird der Elfjährige am 3. September als Zeuge gehört.

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