Peaches-Konzert in München:Penisneid war gestern

Peaches in München

Nur auf den ersten Blick nackt: Peaches im Technikum.

(Foto: TJ Krebs)

Eletroclash-Sängerin Peaches beleuchtet im Technikum intime Bereiche, die sonst tabuisiert werden. Die Botschaft: Der weibliche Körper ist perfekt, egal wie.

Konzertkritik von Dirk Wagner

Penisneid war gestern. Die kanadische Electroclash-Sängerin und Produzentin Peaches weiß die Vulva so eindrucksvoll und detailliert in ihrer gesamten Schönheit zu beschreiben, dass sich bei den vulvenlosen männlichen Zuschauern im Technikum eher ein "Vulvaneid" einstellen mag.

Und damit auch kein Zweifel darüber aufkommt, wovon hier gerade die Rede ist, tanzen im Technikum zwei Vulven über die Bühne - respektive eine Tänzerin und ein Tänzer, die als solche verkleidet sind. Sie sei mit großen Lippen gesegnet, singt derweil Peaches, die auf einem Podest steht. Und darauf sei sie stolz. Entsprechend lehnt sie in ihrem Song "Vaginoplasty" die Möglichkeit der chirurgischen Schamlippenverkleinerung ab.

Peaches hat all das schon vor Jahren thematisiert

Die Botschaft ist dieselbe wie damals, als Peaches vor Jahren ihre unrasierten Achsel- und Schamhaare zur Schau stellte: Der weibliche Körper ist perfekt, er bedarf keiner Korrektur und muss keinem Schönheitsideal folgen. Das alles hat natürlich was mit Selbstbewusstsein zu tun.

Peaches in München

Was Peaches macht, hat ntaürlich mit Selbstbewusstsein zu tun.

(Foto: TJ Krebs)

Die sexuelle Selbstbestimmung ist ein Pfeiler der freien Gesellschaft, und so beleuchtet Peaches auch jene intimen Bereiche, die sonst gerne tabuisiert werden. Oder die intimen Bereiche beleuchten gleich ganz selber, wenn etwa die Tänzer ihren Allerwertesten der Sängerin entgegen recken. Peaches steht in der Mitte, und so, wie Überglücklichen buchstäblich die Sonne aus dem Hintern scheint, illuminieren nun zwei Spotlights die Sängerin. Sie scheinen aus den prallen Pobacken der Tänzer zu strahlen.

Peaches, die ihr erstes Studioalbum seit sechs Jahren präsentiert, hat all das freilich schon vor Jahren thematisiert. Bereits bei ihrem ersten Auftritt in München vor 15 Jahren, damals, noch im Ultraschall, missachtete sie zusammen mit ihrem kanadischen Kollegen Chilly Gonzales das Tanzverbot an jenem Karfreitag - und setzte den etablierten Sexismen einer männlichen Auslegung der Rock- und Popmusik selbstbewusst ein weibliches Pendant entgegen. Dass sie damit mittlerweile auch ein größeres Publikum erreicht, lässt auf einen gesellschaftlichen Fortschritt hoffen, der während des großartigen Konzerts ohnehin schon gelebt wird.

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