Paulaner-Gelände in der Au:Zehn Kilo Sprengstoff bringen den Paulaner-Schornstein zum Einsturz

  • Seit 2016 schon reißt die Bayerische Hausbau die Gebäude auf dem früheren Paulaner-Gelände in der Au ab: Sie will dort Wohnungen und Gewerbebauten errichten.
  • Jetzt wurde der 75 Meter hohe Schornstein des Kesselhauses mit Erfolg gesprengt: Der Sprengmeister benötigte 10 Kilogramm Sprengstoff, um das 1000 Tonnen schwere Bauwerk zu Fall zu bringen.
  • Die Bauarbeiten auf dem neun Hektar großen Areal dauern noch bis 2023 an.

Von Melanie Staudinger

Es knallt dumpf und schon ist der Schornstein auf dem Paulaner-Gelände in der Au Geschichte. Keine zehn Sekunden hat die Sprengung gedauert, die vor allem einer ganz genau beobachtet hat. Joachim Müller steht im abgesperrten Bereich und sagt: "Der hätte schon noch 50 Jahre gehalten." 1966 haben er und seine Kollegen das Bauwerk errichtet, berichtet der Münchner.

Sechs Monate habe das gedauert, so dass der Schornstein vor kurzem noch seinen 50. Geburtstag gefeiert hat. Jahrzehntelang hat er den Dampf, der im Kesselhaus der Brauerei erzeugt wurde, in den Himmel geblasen. Er brachte es auf eine stolze Höhe von 75 Metern, weil früher die Abgase wesentlich giftiger gewesen seien als heute, wie Müller erklärt. "Da hat man noch Schweröl benutzt", erzählt der Experte für Feuerungs- und Kaminbau.

Die Brauerei ist längst an den Stadtrand gezogen, die meisten ihrer Gebäude abgebrochen. An diesem Samstag also soll der sogenannte Mauerwerkschornstein folgen und damit Platz machen, damit auf dem Gelände, so groß wie 13 Fußballfelder, bald bis zu 3500 Menschen, Einzelhändler, Gastronomen und andere Unternehmer unterkommen. Welfengarten, Nockherberg und "Am Alten Eisenwerk" hat die Bayerische Hausbau ihre Projekte genannt und sie sollen voraussichtlich 2023 fertig sein.

Seit sechs Wochen sind die Verantwortlichen um Sprengmeister Martin Hopfe mit den Planungen, Vorbereitungen und Absprachen beschäftigt. Der Schornstein wiegt nicht nur etwa 1000 Tonnen, wie Müller schätzt, seine Ausmaße sind auch sonst ziemlich beachtlich: Die Außenwand misst 70 Zentimeter, die Innenwand, das Futter quasi, bringt es auf eine Stärke von 80 Zentimetern. "Diese Wandbereiche sprengen wir", sagt Hopfe, der seinen Job seit 34 Jahren ausübt und schon in der DDR überflüssige Industriebrachen wegsprengte. Innerhalb eines Tages brachten er und sein Team nun in München 50 Bohrlöcher an, jeweils mit einem Durchmesser von 35 bis 36 Millimetern. 10 Kilo Sprengstoff finden darin Platz. Mit großen Problemen rechnet der Sprengmeister nicht. "Dennoch ist keine Sprengung Routine", erklärt er.

Während er letzte Details bespricht, machen sich auf der anderen Seite die 80 Männer und Frauen der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr bereit. Sie sollen dafür sorgen, dass die Sprengstelle ausreichend benässt ist. Sie haben Wasser aus dem benachbarten Auer Mühlbach in mehrere Container gefüllt und spritzen es im Halbkreis um die geplante Aufprallstelle zehn Meter in die Höhe. 1700 bis 1800 Liter Wasser fließen pro Minute durch die Rohre, damit es nicht so staubt. Die Kollegen von der Polizei sperren derweil die angrenzenden Straßen - Menschen müssen ihre Häuser nicht verlassen, sie wohnen alle außerhalb der Sicherheitszone. Nur das Schnellrestaurant an der Regerstraße darf für einige Zeit keine Hamburger verkaufen.

Fünf vor elf wird gesprengt

Um fünf vor elf erklingt das finale Zeichen, zwei kurze Fanfarenstöße. "Achtung ich zähle - drei, zwei, eins: Zündung", sagt der Sprengmeister und löst damit die Sprengung aus. Ein zwei Meter hohes Sprengmaul wird in den Schaft gesprengt und der Mauerwerkschornstein fällt entlang der Regerstraße planmäßig in das extra für ihn vorbereitete Schuttbett mit dem fünf Meter hohen Wall. Richtig laut war der Knall nicht, und für manche der Dutzenden Zuschauer kam er auch zu früh. Denn eigentlich war die Sprengung für Punkt elf Uhr angesetzt. Um die Straße aber nicht zu lange zu blockieren, wurde sie um fünf Minuten vorverlegt.

Erbauer Joachim Müller ist derweil mit Erklärungen beschäftigt. Früher habe man große Schornsteine (die im Übrigen von Fachleuten nicht Türme genannt werden) nicht gesprengt. "Man hat mit einem Presslufthammer Löcher hineingebohrt und diese mit Holz abgestützt", sagt Müller. Danach sei das Holz angezündet worden und das Bauwerk in sich zusammengefallen. "Der nächste Schornstein, der fallen wird, wird wohl der vom Branntwein-Monopol in Berg am Laim sein", vermutet der Kaminbauer. Denn wirklich benötigt werden die Riesen in großer Zahl heute nicht mehr.

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