Ende August meldete sich eine Mitarbeiterin der Bayerischen Hausbau bei Ernesto Lukschik. Da erfuhr er offiziell, was sich in der Nachbarschaft schon herumgesprochen hatte: dass seine bisherige Vermieterin, die Hausbau, das Gebäude an der Hochstraße 71 an Hamburger Immobilienunternehmer verkauft hat - wie auch das Gebäude daneben, Hausnummer 73. Nun lebt Lukschik, 60, in Angst. Angst davor, wie so viele andere Mieter zum Opfer des Münchner Immobilienmarkts zu werden. Derzeit zahlt er mit seinem 34 Jahre alten Mietvertrag 600 Euro für 75 Quadratmeter, dafür heizt er auch selbst mit Holz.
Direkt hinter seinem Haus sollen nun vom nächsten Jahr an 200 noble Eigentumswohnungen entstehen. Und in absehbarer Zeit wird es auch um die Existenz seines Hauses gehen. Der Verkauf der zwei Mietshäuser ist der kleinere Teil eines Immobiliendeals an der Hochstraße, der die Verhältnisse im neuen Stadtquartier auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände ändert. Denn die Hausbau hat neben den Mietshäusern auch ein 9000 Quadratmeter großes Grundstück verkauft.
Bisher war in der öffentlichen Wahrnehmung die Bayerische Hausbau eins mit dem Paulaner-Bauprojekt: Die Brauerei, die zu 70 Prozent der Schörghuber-Unternehmensgruppe gehört (30 Prozent hält Heineken), hat ihre Innenstadtflächen an die ebenfalls zu Schörghuber gehörende Hausbau verkauft. Die plante auf drei Arealen mit den Namen "Am Alten Eiswerk", "Welfengarten" und "Nockherberg" insgesamt 1500 Wohnungen für 3500 Menschen. Darunter auch ziemlich teure. Kritik gab es, weil die Hausbau am Eiswerk Luxus-Wohnungen mit Preisen zwischen 10 000 und 20 000 Euro pro Quadratmeter anbot, zum Beispiel eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 87 Quadratmetern für 1,08 Millionen Euro. Die Hausbau hielt dem entgegen, man schaffe neben 30 Prozent geförderten auch 290 frei finanzierte Mietwohnungen, die man im Bestand behalte, und 30 Werkswohnungen.
Mit dem Verkauf des Grundstücks an der Hochstraße hat die Hausbau etwa zwölf Prozent des Baurechts auf dem Paulaner-Areal abgegeben. Das Baufeld liegt dort, wo früher ein Büroturm stand, Adresse Hochstraße 75, direkt neben dem Wirtshaus Paulaner am Nockherberg. Es ist inzwischen planiert. Über den Preis gibt es keine offizielle Angabe, er dürfte sich angesichts der Münchner Bodenpreise um einen solide achtstelligen Betrag handeln.
Käufer ist die Becken Development aus Hamburg. Das Unternehmen gehört zur Becken Holding, die über sich schreibt, sie habe Immobilien im Wert von 1,6 Milliarden Euro realisiert, vor allem in Hamburg und Berlin, und eine "Projektpipeline für die nächsten fünf Jahre" von 1,5 Milliarden Euro. Die Holding ist auch schon in München aktiv: Sie baut in Nymphenburg für 45 Millionen Euro die edle Wohnanlage "Romanpark". In eine ähnliche Richtung geht das Vorhaben am Nockherberg. Auf 17 400 Quadratmetern sollen "bis zu 200 Eigentumswohnungen" entstehen, erklärt die Becken-Holding. Geplant seien "hochwertige Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen mit 45 bis über 200 Quadratmetern Größe". Heißt das, dass dort eine ähnlich luxuriöse Anlage entsteht wie am Eiswerk? Fragen zu geplanten Standards und Verkaufspreisen beantwortet ein Holding-Sprecher nicht. "In dieser frühen Projektphase" könne man dazu keine Angaben machen.