Paulaner-Gelände:Hausbau verkauft Grundstück an Immobilienunternehmen

Verkauf von Grundstücken in der Hochstraße durch die Bayerische Hausbau, München.

Die beiden Häuser an der Hochstraße 71 und 73 wurden von der Hausbau verkauft, ebenso wie das Baufeld daneben.

(Foto: Jan A. Staiger)
  • Die Bayerische Hausbau hat zwei Mietshäuser an der Hochstraße und ein 9000 Quadratmeter großes Grundstück an ein Immobilienunternehmen verkauft.
  • Damit hat die Hausbau etwa zwölf Prozent des Baurechts auf dem Paulaner-Areal abgegeben.
  • Das Baufeld war nicht für geförderte Wohnungen vorgesehen, sondern für frei finanzierten Wohnungsbau. Dort könnten also teure Eigentumswohnungen entstehen.

Von Sebastian Krass

Ende August meldete sich eine Mitarbeiterin der Bayerischen Hausbau bei Ernesto Lukschik. Da erfuhr er offiziell, was sich in der Nachbarschaft schon herumgesprochen hatte: dass seine bisherige Vermieterin, die Hausbau, das Gebäude an der Hochstraße 71 an Hamburger Immobilienunternehmer verkauft hat - wie auch das Gebäude daneben, Hausnummer 73. Nun lebt Lukschik, 60, in Angst. Angst davor, wie so viele andere Mieter zum Opfer des Münchner Immobilienmarkts zu werden. Derzeit zahlt er mit seinem 34 Jahre alten Mietvertrag 600 Euro für 75 Quadratmeter, dafür heizt er auch selbst mit Holz.

Direkt hinter seinem Haus sollen nun vom nächsten Jahr an 200 noble Eigentumswohnungen entstehen. Und in absehbarer Zeit wird es auch um die Existenz seines Hauses gehen. Der Verkauf der zwei Mietshäuser ist der kleinere Teil eines Immobiliendeals an der Hochstraße, der die Verhältnisse im neuen Stadtquartier auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände ändert. Denn die Hausbau hat neben den Mietshäusern auch ein 9000 Quadratmeter großes Grundstück verkauft.

Bisher war in der öffentlichen Wahrnehmung die Bayerische Hausbau eins mit dem Paulaner-Bauprojekt: Die Brauerei, die zu 70 Prozent der Schörghuber-Unternehmensgruppe gehört (30 Prozent hält Heineken), hat ihre Innenstadtflächen an die ebenfalls zu Schörghuber gehörende Hausbau verkauft. Die plante auf drei Arealen mit den Namen "Am Alten Eiswerk", "Welfengarten" und "Nockherberg" insgesamt 1500 Wohnungen für 3500 Menschen. Darunter auch ziemlich teure. Kritik gab es, weil die Hausbau am Eiswerk Luxus-Wohnungen mit Preisen zwischen 10 000 und 20 000 Euro pro Quadratmeter anbot, zum Beispiel eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 87 Quadratmetern für 1,08 Millionen Euro. Die Hausbau hielt dem entgegen, man schaffe neben 30 Prozent geförderten auch 290 frei finanzierte Mietwohnungen, die man im Bestand behalte, und 30 Werkswohnungen.

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Mit dem Verkauf des Grundstücks an der Hochstraße hat die Hausbau etwa zwölf Prozent des Baurechts auf dem Paulaner-Areal abgegeben. Das Baufeld liegt dort, wo früher ein Büroturm stand, Adresse Hochstraße 75, direkt neben dem Wirtshaus Paulaner am Nockherberg. Es ist inzwischen planiert. Über den Preis gibt es keine offizielle Angabe, er dürfte sich angesichts der Münchner Bodenpreise um einen solide achtstelligen Betrag handeln.

Käufer ist die Becken Development aus Hamburg. Das Unternehmen gehört zur Becken Holding, die über sich schreibt, sie habe Immobilien im Wert von 1,6 Milliarden Euro realisiert, vor allem in Hamburg und Berlin, und eine "Projektpipeline für die nächsten fünf Jahre" von 1,5 Milliarden Euro. Die Holding ist auch schon in München aktiv: Sie baut in Nymphenburg für 45 Millionen Euro die edle Wohnanlage "Romanpark". In eine ähnliche Richtung geht das Vorhaben am Nockherberg. Auf 17 400 Quadratmetern sollen "bis zu 200 Eigentumswohnungen" entstehen, erklärt die Becken-Holding. Geplant seien "hochwertige Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen mit 45 bis über 200 Quadratmetern Größe". Heißt das, dass dort eine ähnlich luxuriöse Anlage entsteht wie am Eiswerk? Fragen zu geplanten Standards und Verkaufspreisen beantwortet ein Holding-Sprecher nicht. "In dieser frühen Projektphase" könne man dazu keine Angaben machen.

Was passiert mit den Häusern Hochstraße 71 und 73?

Zum Zeitplan schreibt er: Man bereite derzeit einen Bauantrag vor. Im August habe man einen Architektenworkshop veranstaltet. Zusammen mit dem Gestaltungsbeirat für das ehemalige Paulaner-Gelände, dem auch Vertreter der Stadt und des Bezirksausschusses angehören, wurden drei Architekturbüros für die Realisierung der Einzelhäuser ausgewählt: das Büro Rapp und Rapp aus Amsterdam sowie die Münchner Büros von Meyer Schmitz-Morkramer und SU und Z Architekten.

Ende des Jahres soll die Architektur der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Baubeginn soll im dritten Quartal 2019 sein. "Der Neubau wird die bestehende Wohnbebauung an der Hochstraße ergänzen und dringend benötigten Wohnraum bereitstellen", schreibt die Becken Holding. Dieser Satz kommt dem Nachbarn Ernesto Lukschik "verhöhnend und zynisch" vor. Denn der Wohnraum, den er und viele andere Münchner brauchen, entstehe dort nicht.

Das veräußerte Baufeld ist für frei finanzierten Wohnungsbau vorgesehen. Die geförderten und die Miet-Wohnungen entstehen an anderen Stellen des Paulaner-Areals. Auch die Hausbau hätte an der Hochstraße 75 also teure Eigentumswohnungen bauen können. Ob es schon eigene Pläne für das Areal gegeben habe, sagt ein Hausbau-Sprecher auf Anfrage nicht. Es gehöre jedoch seit jeher auch zur Geschäftsstrategie, Flächen zu erwerben, dafür Baurecht zu schaffen und sie dann zu verkaufen. Bei einer solchen Entscheidung spiele auch "die Kapazitäts- und Liquiditätsplanung des Unternehmens" eine Rolle - sprich: ob man gerade genug Personal und Geld hat, um das Bauprojekt selbst zu stemmen. Der Verkauf der 9000 Quadratmeter an der Hochstraße "dürfte auch insofern keine Überraschung darstellen", schreibt der Sprecher, als man bei Informationsveranstaltungen zum Paulaner-Projekt "mehrfach auf die Option einer Teilveräußerung hingewiesen" habe.

Und was passiert mit den Häusern Hochstraße 71 und 73, mit Ernesto Lukschik und seinen Nachbarn? Es handelt sich insofern um einen gemeinsamen Deal mit dem Grundstücksverkauf, als die Bayerische Hausbau diese Häuser zu einem ähnlichen Zeitpunkt an Becken verkauft hat, allerdings nicht an die Becken Holding, sondern an "die Familie Becken als Privatinvestor", wie deren Sprecher schreibt. Er betont aber, dass der Übergang des Eigentums "frühestens 2020" erfolgen werde. Zu eventuellen Abriss- und Neubauplänen äußert er sich nicht.

Die Hausbau ist offenbar bemüht, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der Hausbau-Sprecher sagt dazu nur: "Mit unseren Mietern befinden wir uns derzeit in intensivem Austausch." Lukschik berichtet, die Hausbau habe "adäquate Ersatzwohnungen" in Aussicht gestellt. Das aber kann er sich nicht vorstellen. "Ich bin mit meiner Wohnung fest verwachsen", sagt er. Außerdem werde "ein ähnlicher Preis für eine Ersatzwohnung in München wohl kaum noch zu finden sein". Und viel mehr könne er sich von seinem Einkommen als Handwerker nicht leisten. Auf der Homepage der Becken Holding hat Lukschik den Satz gelesen: "Die wichtigste Währung der Welt heißt Unabhängigkeit."Ihm kommt das vor wie eine Empfehlung von Millionär zu Millionär. "Wir kleinen Mieter bleiben abhängig wie Leibeigene."

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