Süddeutsche Zeitung

Paul Würges:"Black Boy Jacky" rockt ein letztes Mal die Halle

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Mit 85 Jahren ist die Karriere zu Ende: Die Münchner Rock'n'Roll-Legende gibt mit vielen Freunden sein Abschiedskonzert in Planegg

Von Franz Kotteder, München

"Ich werd' ja wahnsinnig, ohne Musik!" Paul Würges sagte diesen Satz im April vor zwei Jahren, als es darum ging, warum er nicht wie gewohnt am Montag in der Festhalle Bayerland beim Münchner Frühlingsfest auftrat. Er war einfach gesundheitlich zu sehr angeschlagen, der alte Rock'n'Roller konnte damals kaum noch stehen, wegen einer Nervenerkrankung, und er litt sehr darunter, nicht mehr auftreten zu können.

Inzwischen ist er 85 Jahre alt, und an diesem Freitag gibt er sein Abschiedskonzert, draußen in Planegg im Saal der Großgaststätte Heide-Volm, wo er so oft aufgetreten ist und wo er auch seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Seine alte Band, die Rocking Allstars, ist dabei, vor allem aber die Cagey Strings, Freunde von jeher, die ihn nicht im Stich lassen. Günter und Barney von der Spider Murphy Gang treten auf, Gus Backus, und vielleicht kommt auch Peter Kraus, heißt es. Moderieren wird das Ereignis der Rock'n'Roll-DJ Chuck Herrmann.

Da werden also eine ganze Menge Legenden, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, auf der Bühne stehen, um einen der wenigen echten Popstars zu ehren, die München je gehabt hat. Denn Paul Würges war in den fünfziger und sechziger Jahren einer der ersten deutschen Rock'n'Roller überhaupt und damals einer der besten Gitarristen dieser Musikrichtung.

Aufgewachsen ist Paul Würges in der Maikäfersiedlung in Berg am Laim, er machte eine Malerlehre, weil das die Eltern so wollten. Aber eigentlich hatte er Musik im Blut. Gitarrespielen hatte er bei der Jugendorganisation der Naturfreunde gelernt, und schon mit 16, 17 Jahren trat er zusammen mit ein paar Spezln in den Münchner Ami-Clubs auf, spielte Hillbilly- und Countrynummern, bis sie dann den Rock'n'Roll entdeckten.

Da war er dann in Deutschland ganz vorne mit dabei. "Der deutsche Bill Haley" wurde er genannt, auch wenn sein Gitarrenspiel doch eher an Chuck Berry erinnerte. Er galt bald als bester deutscher E-Gitarrist, ging mit seiner Band auf Tournee in England und den USA, nach Polen, Österreich und in die Schweiz. Er trat in Unterhaltungsfilmen der fünfziger Jahre als Rock'n'Roller auf, die hießen etwa "Gruß und Kuss vom Tegernsee", oder auch "Witwer mit fünf Töchtern". 1959 nahm ihn die Ariola unter Vertrag, er wurde Begleitmusiker von Größen wie Tony Sheridan, Paul Anka oder Chubby Checker.

Seine eigenen Hits hießen "Black Boy Jacky" oder später dann, bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck 1964 auch mal "Olympic Nights". Dann kam die Beatmusik daher, Paul Würges eignete sich den neuen Stil zwar an, die großen Erfolge blieben aber doch aus.

Musiker ist er aber die ganze Zeit geblieben, bis in die letzten Jahre. Bei seinem letzten Auftritt auf dem Frühlingsfest im vergangenen Jahr reichte es nur für eine Halbzeit. Das, hoffen seine Fans, soll am Freitag in Planegg anders sein. Denn wenn es schon ein Abschiedskonzert sein muss, dann soll es auch so schön wie möglich für den Pauli werden.

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Quelle:
SZ vom 24.03.2017
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