Personalie:Intendant Paul Müller verlässt Münchner Philharmoniker

Personalie: Paul Müller, Intendant der Münchner Philharmoniker, verlässt das Orchester.

Paul Müller, Intendant der Münchner Philharmoniker, verlässt das Orchester.

(Foto: Catherina Hess)

Ende 2024 legt Paul Müller sein Amt nieder, fast zwei Jahre früher, als sein Vertrag es vorsieht. Was sind die Beweggründe des erfahrenen Orchestermanagers?

Von Susanne Hermanski

In den vergangenen zehn Tagen spielten die Münchner Philharmoniker acht Konzerte in vier verschiedenen Städten, München, Wien, Leipzig, Dresden, wieder München. Immer wieder auch mit anderen Solisten. Das einzutakten und die Weichen für die künstlerische Entwicklung eines Klangkörpers in der Weltspitze zu stellen, ist der ganz normale Wahnsinn. Jedenfalls für Paul Müller, Intendant des Orchesters seit 2008. An diesem Dienstag hat er nun bekanntgegeben, dass er zum Ende des Jahres 2024 diese Aufgabe niederlegen wird. Nicht, weil ihm der Wahnsinn zu viel wird, sondern weil Paul Müller ein vernunftbegabter Mann ist.

Müller scheidet gut anderthalb Jahre früher aus, als sein Vertrag mit der Stadt München dies vorgesehen hätte. Der 64-Jährige möchte rechtzeitig Platz machen für seine Nachfolge, damit der oder die Neue auf dem Intendantenposten den Start von Lahav Shani mit vorbereiten und begleiten kann. Der junge Israeli übernimmt im September 2026 als Chefdirigent die Münchner Philharmoniker. Hätte Müller darauf beharrt, bis zum Ende seiner eigenen Vertragslaufzeit zu bleiben, wäre er exakt einen Tag vor Shanis Antritt aus dem Amt geschieden.

Erste Vorbereitungen für die Ära Shani laufen unterdessen freilich jetzt schon. Im nächsten Jahr wird er die Münchner beim Klassik-Open-Air am Odeonsplatz dirigieren, 2025 soll es schon ein paar mehr gemeinsame Auftritte geben.

Paul Müller, der vor seinem Wechsel nach München Intendant der Bamberger Symphoniker war, hat bewegte Zeiten mit den Münchner Philharmonikern und deren Chefdirigenten erlebt. Am Anfang war da der Knatsch zwischen dem Orchester und Christoph Thielemann, der schließlich zur Trennung von dem Wagner-Spezialisten führte. Dessen Nachfolger Lorin Maazel starb unerwartet, und es rückte Valery Gergiev nach. Für Paul Müller war der Russe ein großer Wunschkandidat.

Doch als der Ukraine-Krieg ausbrach und sich Gergiev weiterhin als strammer Putin-Verehrer und Propagandist auftrat, war er für München nicht mehr haltbar. Die Stadt trennte sich von ihm als Chefdirigent. Paul Müller hat all diese Stürme mit dem Orchester ohne allzu großen Wirbel durchkreuzt. Immer ist er ausgesprochen loyal gegenüber den Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, ein disziplinierter Kämpfer für die Sache seines Orchesters und Realist. Dass er ganz und gar in den Ruhestand geht, Ende 2024, ist schwer vorstellbar, aber er freut sich "auf die Möglichkeit und die Zeit, dann einmal darüber nachzudenken", sagt Paul Müller.

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