Patenprogramm:Freundschaften über Kulturen hinweg

Patenprogramm: "Save me - München sagt ja": Peter Groba (links) ist Doktorand und kümmert sich seit zwei Monaten um Sabaun Mohammadi.

"Save me - München sagt ja": Peter Groba (links) ist Doktorand und kümmert sich seit zwei Monaten um Sabaun Mohammadi.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Das Patenprogramm der Kampagne "Save Me" vermittelt Flüchtlingen Ehrenamtliche, die sie im Alltag unterstützen.
  • Der Doktorand Peter Groba und der Flüchtling Sabaun Mohammadi treffen sich regelmäßig, zum Beispiel zum Lernen oder für Stadtspaziergänge.
  • Etwa 150 Patenschaften wurden durch das Projekt bereits initiiert.

Von Sophia Baumann

Peter Groba und Sabaun Mohammadi machen eine Pause unter den großen, dichten Bäumen im Südpark. Es ist ein heißer Sommertag und die beiden haben mehrere Stunden lang Mathe gelernt: Abschlussprüfungen stehen an. Sie schlendern die kleinen Wege entlang, verabreden sich für den Abend im Englischen Garten. Beide leben seit 2015 in der Stadt. Groba kam als Industriedoktorand nach München, Mohammadi als Flüchtling.

Seitdem sind zwei Jahre vergangen. Mohammadi hat ein Leben in Deutschland begonnen. Er wohnt in einem Wohnheim mit Studenten, geht zur Schule, spricht schon überraschend gut deutsch. Doch er hatte nur wenig Kontakt zu Einheimischen - bis er von dem Patenprogramm der Kampagne "Save me - München sagt ja" erfuhr. Bei dem Projekt unterstützen Freiwillige Flüchtlinge, helfen zum Beispiel bei Hausaufgaben und Behördengängen. Das Programm brachte Groba, 29, und Mohammadi, 19, zusammen.

Sie treffen sich nun seit zwei Monaten regelmäßig, meistens wie an diesem Tag zum Lernen und Spazierengehen. Zwar kommen die jungen Männer aus verschiedenen Kulturen, ihr Leben war bislang ganz unterschiedlich. Doch den blonden, schlanken Doktoranden aus Deutschland und den dunkelhaarigen, stämmigen Flüchtling aus Afghanistan verbindet nicht nur die Bartfrisur. Sie tragen an diesem Tag beide ein lockeres T-Shirt und Jeans, sprechen unaufgeregt und bedächtig. "Wir sind eher ruhige Typen", sagt Groba.

Momentan hilft er Mohammadi bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Mohammadi hat schon Lehrstellen angeboten bekommen, zum Beispiel im Kindergarten. Aber ihn schreckt die lange Ausbildungszeit von fünf Jahren ab, außerdem sei Erzieher doch eher ein Frauenberuf. Mohammadi schreibt deshalb weiter Bewerbungen, um Kfz-Mechatroniker zu werden. Es ist sein Traumberuf, schon in seiner Heimat hat er in diesem Bereich gearbeitet. Auch Groba hat eine Leidenschaft für Autos, er promoviert bei BMW. Mohammadi erzählt, dass er später gerne einen BMW fahren würde. "Einen 5er?", fragt Groba. Mohammadi weiß nicht, was das ist. Groba will ihm die Modelle von BMW demnächst zeigen.

Im Gegenzug möchte Mohammadi afghanisch für Groba kochen. Gemüse? Eintopf? Groba ist Vegetarier, deshalb überlegt Mohammadi, welche Gerichte geeignet wären. Die Zutaten wird er beim türkischen Supermarkt einkaufen. Auch wollen Groba und Mohammadi zusammen ins Sommerbad Maria Einsiedel gehen. Allzu weit will Mohammadi sich allerdings nicht ins Becken wagen: Er hat Angst vor tiefem Wasser, ebenso wie unter freiem Himmel zu übernachten. Das hängt mit seiner Flucht zusammen. Mohammadi kommt ursprünglich aus einer Kleinstadt in Afghanistan, irgendwo zwischen Kabul und der Grenze zu Pakistan.

Aufgrund von familiären Problemen musste er fliehen. Mit der Mutter hat er schon seit drei Jahren keinen Kontakt mehr - aus Angst, sein Onkel könnte ihn aufspüren. Über weitere Details möchte Mohammadi nicht sprechen. In einer kalten Januarnacht 2015 ist er in Deutschland angekommen - und beantragte Asyl. Anfang dieses Jahres wurde sein Antrag jedoch abgelehnt. Mohammadi hat Widerspruch eingelegt, wartet nun auf einen Gerichtstermin. Ein Ausbildungsplatz könnte seine Chance auf eine Zukunft in Deutschland womöglich erhöhen, hofft Groba.

"Save Me" sucht Ehrenamtliche

Ohne Familie in einem fremden Land mit unsicherer Perspektive: Für Flüchtlinge wie Mohammadi ist es wichtig, unterstützt zu werden, sagt Nina Klofac, Projektleiterin der Kampagne "Save Me". Sie hat in ihrem Büro in der Goethestraße schon etwa 150 Patenschaften initiiert. Im Moment gibt es allerdings mehr interessierte Flüchtlinge als Paten, die Warteliste der Asylbewerber ist lang. "Das Thema ist abgeflaut", stellt Klofac fest. Sie sagt auch: Einige Freiwillige haben zunächst auch Ängste, die man abbauen muss. Mehrere verpflichtende Workshops bereiten die Paten auf ihre Aufgabe vor.

Sabaun Mohammadi und Peter Groba beteuern jedoch beide, in ihrer Patenschaft habe es bisher keine Probleme gegeben. Zwischen Afghanistan und Deutschland sieht Mohammadi aber ganz konkrete Unterschiede: In seiner Heimat fahren zum Beispiel die meisten Menschen ohne Führerschein Auto, erzählt er. "Aber darf man das in Afghanistan?", fragt Groba. Eigentlich nicht, aber das sei eben etwas anderes, gibt Mohammadi zu und wiegt seinen Kopf ein wenig hin und her.

Nächste Workshop-Termine für Interessierte an einer Patenschaft bei "Save Me - München sagt ja" sind am Mittwoch, 26. Juli, und am Mittwoch, 2. August. Anmeldungen sind unter ehrenamt@save-me-muenchen.de möglich.

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