Konzerte zu Ostern in MünchenFeierliche Klänge zur Passion

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Die Scrovegni-Kapelle, Fresko von Giotto, 14. Jahrhundert: "Die Passion Christi - Straße nach Calvary".
Die Scrovegni-Kapelle, Fresko von Giotto, 14. Jahrhundert: "Die Passion Christi - Straße nach Calvary". (Foto: Imago)

Traditionell erklingen am Karfreitag in München die Passionen von Johann Sebastian Bach in Kirchen und Konzertsälen. Aber auch andere sakrale Werke sind zu hören. Ein Überblick.

Von Paul Schäufele

Dom-Musik

Schola Gregoriana Ratisbonensis, 5. Juli 2024, im Regensburger Dom; Schola Gregoriana, Regensburger Dom Foto: Christoph Hönerlage
Schola Gregoriana Ratisbonensis, 5. Juli 2024, im Regensburger Dom; Schola Gregoriana, Regensburger Dom Foto: Christoph Hönerlage (Foto: Christoph Hönerlage)

Wer bei Passionskonzerten automatisch daran denkt, wie sich aus den Untiefen von Chor und Orchester ein „Kommt ihr Töchter, helft mir klagen“ erhebt, hat ja nicht unrecht. Aber dass die Musikgeschichte noch anderes in petto hat außer die (natürlich: überragenden) Passionen Johann Sebastian Bachs, zeigt unter anderem die Schola Gregoriana Ratisbonensis in der Münchner Frauenkirche. Der Regensburger A-cappella-Chor, bekannt für seine vitalen Interpretationen der Gregorianik, wirft den Blick unter dem Motto „Humiliatio – Exaltatio. Erniedrigung – Erhöhung“ auf weitaus ältere Musik. Etwa 1200 Jahre alt sind die einstimmigen Chöre und von ungebrochener Kraft. So etwa die Karfreitagsgesänge der Improperien (Schelten), die mit der dramatischen Ansprache des Christus an sein Volk anheben: „Popule meus, quid feci tibi?“ (Mein Volk, was habe ich dir getan?) Geleitet wird das Regensburger Ensemble im Münchner Dom von Christoph Hönerlage und ergänzt durch die Orgel-Improvisationen des Domorganisten Ruben Sturm.

Schola Gregoriana Ratisbonensis, Humiliatio – Exaltatio, Samstag, 12. April, 19.30 Uhr, Dom Zu Unserer Lieben Frau, Eintritt frei, muenchner-dommusik.de

Orpheus-Chor

Auch der Orpheus-Chor macht zunächst einen höflichen Bogen um den Thomaskantor. Das Programm des 1982 gegründeten Chors verbindet Musik des 17. Jahrhunderts mit Zeitgenössischem. Das ist die bewährte Taktik des Ensemble-Gründers und -Leiters Gerd Guglhör. So steht das geistliche Madrigal „Velum templi scissum est“ einträchtig neben der aus dem Jahr 1987 stammenden, herausfordernd spannenden Vertonung des „Stabat mater“ durch Knut Nystedt. Durch den anspruchsvollen instrumentalen Solo-Part tritt die junge Cellistin Amrei Bohn in Kontakt mit dem Chor. In Ēriks Ešenvalds’ „In Paradisum“ wird das Instrumentarium noch erweitert durch die Bratsche von Carla Usberti. Dabei wirken die zarten Tremoli der Instrumente wie der Flügelschlag von Engeln, die mit den innigen Linien der Chormusik ins Paradies leiten sollen. Beide Streicherinnen bilden dann zurück auf der Erde im Zusammenspiel mit dem Kirchenmusiker Michael Leyk das Continuo, wenn am Ende doch Bach seinen Auftritt hat – mit der Trauermusik-Motette „Jesu meine Freude“.

Orpheus-Chor, In Paradisum, Sonntag, 13. April, 17 Uhr, Himmelfahrtskirche Sendling, Karten unter muenchenticket.de oder per Mail an tickets@orpheus-chor.de

Bach Collegium

Auftakt der Bach’schen Passionsmusiken machen Chor und Orchester des Bach Collegiums München mit der „Passio D.N.C secundum Matthaeum“. Seit mehr als fünfzig Jahren bereichert das Orchester mit schlankem Klang die Bach-Tradition der Stadt, seit einigen Jahren auch der aus Musik-Studierenden bestehende Chor. Und auch die Solisten-Gruppe besteht aus relativ jungen, vielversprechenden Sängerinnen und Sängern. So wird etwa Julia Duscher, die sich in München schon als Lied- und Oratoriensängerin bewiesen hat, ihren lyrischen Glocken-Sopran präsentieren, der auch Opern erprobte Konstantin Ingenpass die Bass-Arien übernehmen. Evangelium und Tenor-Arien singt der in München gut bekannte Eric Price. Leiten wird die Matthäus-Passion Christian Kabitz vom Cembalo aus.

Bach Collegium München, Matthäus-Passion, Donnerstag, 17. April, 19 Uhr, Herkulessaal, Karten unter münchenticket.de

Münchener Bach-Chor

Konstantin Krimmel, der nächste Don Giovanni der Bayerischen Staatsoper, singt in der "Matthäuspassion".
Konstantin Krimmel, der nächste Don Giovanni der Bayerischen Staatsoper, singt in der "Matthäuspassion". (Foto: Wilfried Hösl)

Klassiker der Passionskonzerte in München bleibt die Aufführung der Matthäus-Passion durch den Münchener Bach-Chor mit seinem inzwischen auf historischen Instrumenten spielenden Orchester. Dennoch kommt es heuer zu einer Premiere. Die Kirchenmusikerin Johanna Soller schärft und präzisiert das Klangbild des traditionsreichen Ensembles zwar schon seit Beginn der Saison 2023. Doch im vergangenen Jahr stand noch eine Passion mit der Nederlandse Bachvereniging in ihrem Kalender, sodass sie Bachs sakrales Großwerk in der Isarphilharmonie 2025 zum ersten Mal dirigieren wird. Unter den Solisten glänzen dabei die belgische Sopranistin Flore Van Meerssche, der empfindsam-dramatische Evangelist Daniel Johannsen, der hochbegabte Schweizer Bariton Äneas Humm und der vielfach preisgekrönte Konstantin Krimmel, dessen Christus allen im Gedächtnis bleibt, die ihn einmal erlebt haben.

Münchener Bach-Chor und -Orchester, Matthäus-Passion, Freitag, 18. April, 14 Uhr, Isarphilharmonie, Karten unter muenchenticket.de

Arcis-Vocalisten

Echte Bach-Begeisterte, die noch dazu ein glückliches Händchen mit der Fortbewegung im innerstädtischen Raum haben, könnten es am Karfreitag noch zur zweiten Matthäus-Passion schaffen. Denn die Arcis-Vocalisten bringen dasselbe Stück am selben Tag im Herkulessaal zur Aufführung. Nur die Besetzung ist ein wenig anders: Die Schweizerin Carmela Konrad (Sopran) trifft auf Hanna Roos (Alt), Rodrigo Carreto (Tenor), Matthias Horn (Bass) und Alban Lenzen (Christus). Den Orchesterpart übernimmt unter bewährter Leitung von Thomas Gropper das Originalklangensemble L’arpa festante. Und anstelle des Münchner Knabenchors werden im Herkulessaal die zurecht weltweit gefeierten Knabenstimmen der Regensburger Domspatzen erklingen.

Arcis-Vocalisten, Matthäus-Passion, Freitag, 18. April, 18 Uhr, Herkulessaal, Karten unter bellarte-muenchen.de

Münchner Motettenchor

Die „Matthäuspassion“ in der St.-Matthäus-Kirche: Der Münchner Motettenchor konzertiert mit jungen Solisten.
Die „Matthäuspassion“ in der St.-Matthäus-Kirche: Der Münchner Motettenchor konzertiert mit jungen Solisten. (Foto: Peter-M. Möhring/oh)

Der Matthäus-Passion in ihrer epischen Breite steht die Johannes-Passion als kürzeres, konziseres, unmittelbar dramatisches Werk entgegen: Auf der einen Seite der tänzerisch schreitende Eingangschor „Kommt ihr Töchter“, auf der anderen das leidenschaftlich ausgerufene „Herr!“. Nach dem vergangenen Jahr, in dem der 300. Geburtstag von Bachs Johannes-Passion mit einem veritablen Reigen von BWV-245-Aufführungen gefeiert worden ist, setzt sich die „andere“ Münchner Institution der Passionsmusik, der Münchner Motettenchor, das Werk erst in diesem Jahr wieder aufs Programm. Benedikt Haag, der den Chor seit 2013 leitet, freut sich darauf: „Der Kontrast zwischen dramatischen Rezitativen und betrachtenden Arien, zwischen kommentierenden Chorälen und dramatischen Turbae-Chören machen die Johannespassion besonders. Vor meinem inneren Auge entstehen sofort Bilder. Mich bewegen diese Bilder, mich bewegt diese Geschichte. Ich glaube, das geht vielen so.“ Unterstützung findet Haag in den bewährten Oratorien-Solisten Julia Duscher und Eric Price, aber auch in der wunderbaren Altistin Alice Lackner und den Bässen Ansgar Theis und Maximilian Argmann.

Münchner Motettenchor, Johannes-Passion, Freitag, 18. April, 19 Uhr, Matthäuskirche, Karten unter muenchenticket.de

Residenzsolisten

Die Residenz-Solisten in der Hofkapelle.
Die Residenz-Solisten in der Hofkapelle. (Foto: Bavaria Klassik)

Eine schwere Geburt: „Die Aufgabe, sieben Adagios, wovon jedes gegen zehn Minuten dauern sollte, aufeinanderfolgen zu lassen, ohne den Zuhörer zu ermüden, war keine von den leichtesten“, soll Joseph Haydn später gesagt haben. Und ja, „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ ist ein in jeder Hinsicht einzigartiges Werk. Vermutlich ein Auftragswerk des Marqués de Valde-Inigo, Domherr im südspanischen Cádiz, in dem Haydn sieben langsame Sätze aufschrieb, die im Wechsel mit den biblisch überlieferten Äußerungen des Christus in den Momenten nach der Kreuzigung erklingen sollten. Zu den Bibelworten zwischen „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ und „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände“ stellt Haydn sieben höchst charakteristische Kompositionen, die den Schmerz und die Erschütterung in ganz eigenen, außerordentlich expressiven Formen festhalten. Die Residenz-Solisten präsentieren das Werk in seiner Fassung für Streichquartett in der Hofkapelle der Residenz.

Residenz-Solisten, Haydn: Sieben letzte Worte, Freitag, 18. April, 18 Uhr, Hofkapelle der Residenz, Karten unter bavaria-klassik.de

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