Pasing:Zerbrochenes Leben

Pasing: Stilles Gedenken an einen Nachbarn: Bei der Einweihungszeremonie für die Stele von Bernhard Haas an der Varnhagenstraße gab es Reden, aber auch Momente des stummen Verharrens.

Stilles Gedenken an einen Nachbarn: Bei der Einweihungszeremonie für die Stele von Bernhard Haas an der Varnhagenstraße gab es Reden, aber auch Momente des stummen Verharrens.

(Foto: Robert Haas)

Erinnerungszeichen für den Pasinger Juden Bernhard Haas

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Lächelnd blickt er über die Schulter direkt in die Kamera, ein älterer Herr mit einem stattlichen, ergrauten Schnauzbart. Das Foto aus dem Münchner Stadtarchiv stammt gewiss aus glücklichen Tagen, es zeigt den Pasinger Kaufmann Bernhard Haas. Er war erfolgreich im Beruf, heiratete mit 55 Jahren noch einmal und bekam zusammen mit seiner zweiten Frau Dora 1926 Sohn Erich. Alle drei bezogen 1933 ein hübsches Zweifamilienhaus an der Pasinger Sandstraße, die heute Varnhagenstraße heißt, benannt nach Rahel Varnhagen, der Schriftstellerin und Salonnière, die jüdischer Abstammung war. Wie Bernhard Haas, für den sich just im Jahr seines Umzugs vieles änderte. Auch seine Frau, die zum Judentum übergetreten war, erlebte nun Diffamierungen. Das Leben war ein anderes im Deutschland der Nationalsozialisten. Am 10. November 1938 verhafteten sie ihren Mann und verschleppten ihn ins Konzentrationslager Dachau. Dort kam Haas am 28. November, drei Tage nach seinem 67. Geburtstag, ums Leben.

Genau 80 Jahre nach seiner Ermordung, denn in Dachau stirbt man 1938 keines natürlichen Todes, wurde am Mittwochnachmittag für Bernhard Haas eine Stele eingeweiht, eines der sogenannten Erinnerungszeichen, mit denen die Landeshauptstadt ihrer jüdischen Bürger gedenkt. Die schlanke Skulptur aus Edelstahl steht an der Varnhagenstraße 7. In die Stele eingeschnitten sind die wichtigsten Lebens- und Verfolgungsdaten des Pasinger Kaufmanns, aber auch ein gerastertes Bild.

Die Ortshistoriker vom Institut für zukunftsweisende Geschichte hatten die Stele bei der zuständigen Koordinierungsstelle der Stadt angeregt. 2008 hatten sie eine Dokumentation über das jüdische Leben im Münchner Westen herausgebracht. Bei der Gedenk- und Einweihungszeremonie in Pasing sprach am Mittwoch auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie berichtete, wie sie in jener Pogromnacht 1938 als Sechsjährige verängstigt an der Hand ihres Vaters durch München eilte. Und sie sagte auch, dass sie die Angst von damals, die auch Bernhard Haas und die Seinen hatten, heute bei vielen jüdischen Menschen in Deutschland wieder spüre.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: