Pasing:Viele Baustellen

Seit 13 Jahren arbeitet die Stadt daran, im Zentrum des Viertels ein funktionierendes Verkehrskonzept umzusetzen. Das Mobilitätsreferat soll nun die Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen prüfen und Probleme beheben

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Am Marienplatz tost der Verkehr, Baustelle. Wieder mal. Die Madonna auf ihrer Säule kann sich das mit etwas Abstand ansehen, seit 2014 thront sie seitlich und nicht mehr in der Mitte des Geschehens. Und seit 2012 wird sie auch nicht mehr von der Tram 19 umrattert, die hier einmal ihre Wendeschleife hatte. Die Straßenbahn hat ihr Gleisbett nun anderswo, sie kurvt über die Bäckerstraße zum Bahnhof und die Gleichmannstraße entlang wieder zurück in die Landsberger Straße. Die wiederum ist seit 2013 von der Bodenseestraße abgetrennt. Ihr verkehrsberuhigter Zustand beginnt schon an der Kreuzung zur Bäckerstraße. Oder wenn man will, noch viel weiter östlich, am Knie, wo die Josef-Felder-Straße abzweigt. 2012 wurde diese sogenannte Nordumgehung Pasing in Betrieb genommen. All diese Neuerungen gehören zum "Verkehrskonzept Pasing-Zentrum", das 2007 vom Stadtrat beschlossen wurde. Der Mobilitätsausschuss der Stadt will die Maßnahmen jetzt auf ihre Wirksamkeit hin evaluieren. Kurz, es geht um die Frage, ob der Verkehrumbau im Zentrum aufgegangen ist. Und wie Verschlimmbesserungen und Schildbürgerstreichen, die in den vergangenen Jahren immer wieder beklagt wurden, beizukommen ist. Von "Anpassungen" ist nun also die Rede.

Pasing Bus-Bahnhof Verkehrssituation

Gelungenes Verkehrskonzept? Am Pasinger Bahnhof müssen Busfahrer und Passanten sehr achtgeben.

(Foto: Jutta Czeguhn/oh)

Federführend in diesem Evaluierungsprozess, so der Beschluss, soll das künftige Mobilitätsreferat sein. Es hat Verkehrszählungen im Zentrum von Pasing durchzuführen und das Ergebnis dem Stadtrat "baldmöglichst" vorzulegen. Das sind interessante Neuigkeiten für Pasing, wo es nicht nur in den politischen Gremien, sondern auch in interessierten Kreisen der Bürgerschaft und des Gewerbes mittlerweile zur Folklore gehört, bei der Verwendung des Begriffs "baldmöglichst" in Zusammenhang mit der Auswertung von Verkehrserhebungen zumindest erstaunt die Augenbrauen hochzuziehen. Denn: Seit beinahe zehn Jahren wartet man auf Ergebnisse aus diversen Zählungen für den Bereich Pasing-Nord. Und mit höflicher Zurückhaltung und kaum hochfliegenden Erwartungen werden die Mitglieder des zuständigen Bezirksausschusses (BA) nun wohl auch auf eine weitere Ankündigung des Mobilitätsausschusses reagieren: "Zeitnah" - sobald es die Pandemiesituation erlaubt - will man sie zu einem Workshop bitten. Dieser soll dann die "noch ungelösten Verkehrsprobleme" im Pasinger Zentrum definieren und abstellen. "Zeitnah" und "Workshop" - wieder zwei Wörter, die, in einem Satz verpackt, in Pasing allergische Reaktionen auslösen können. Sind doch auch die intensiven Workshops der Jahre 2011/12 für das Verkehrskonzept Pasing-Nord bislang hartnäckigst ergebnislos geblieben. Aber hier signalisiert der Mobilitätsausschuss Bewegung: "Voraussichtlich zum Frühjahr 2021" werde das Planungsreferat dem Stadtrat "einen Vorschlag für die verkehrliche und städtebauliche Neuordnung im Bereich des Nordausgangs des Bahnhofs Pasing unterbreiten". Angekündigt war dieses Konzept allerdings schon vor mindestens sechs Jahren.

Pasing Verkehrssituation Radweg Arcaden endet im Nichts

Ausgebremst: Der Radweg entlang der Nordumgehung endet am Bahnhof.

(Foto: Jutta Czeguhn/oh)

Es scheint, als wolle der Ausschuss nun etliche Knoten lösen, die in der Vergangenheit in Pasing Ärger, Frust und Enttäuschung garantierten. Ohne freilich das Zentrumskonzept des Stadtrats mit seinen verkehrsberuhigenden Maßnahmen an sich in Frage zu stellen. "Grundsätzlich kann die Verkehrsberuhigung des Pasinger Zentrums allerdings bereits heute als gelungen bezeichnet werden", heißt es folglich in dem Beschluss des Mobilitätsausschusses. Als Beispiel wird etwa, basierend auf Daten einer Erhebung von 2015, die Verkehrsbelastung der Landsberger Straße östlich des Pasinger Marienplatzes angeführt. Diese habe früher bei rund 27 000 Fahrzeugen binnen 24 Stunden gelegen, nun seien es weniger als 2000 Fahrzeuge, davon rund ein Viertel Linienbusse.

Pasing Verkehrssituation Marienplatz

Der Marienplatz ist im Ansatz verkehrsberuhigt, man kann nur Richtung Westen abbiegen.

(Foto: Jutta Czeguhn/oh)

Immerhin räumt der Ausschuss in seinem Beschlusspapier ein, dass es nach wie vor einen "gewissen, spürbaren Schleich- und Durchgangsverkehr" gebe. Etwa über die Bachbauernstraße zur Irmonherstraße und damit zur Kaflerstraße/Bahnhofsvorplatz, oder über die Spiegelstraße, Am Schützeneck und die Rathausgasse zur Landsberger Straße. Die Verkehrsbelastungen dieser neuralgischen Straßenabschnitte und Knotenpunkte im Pasinger Zentrum würden jedoch "in für diese Art von Straßenkategorien üblichen Größenordnungen" liegen. Zudem seien sie auch zu Teilen dem Quell- und Zielverkehr zuzuschreiben. Dennoch soll nun im Workshop an Lösungen gearbeitet werden.

Ein Mittel, um den "gebietsfremden Schleichverkehr" einzudämmen, sollte laut Beschlussvorschlag eigentlich die Unterbrechung der Bauernbachstraße südlich der Spiegelstraße sein - der einzige bisher noch "fehlende, wichtige Baustein des Verkehrskonzeptes Pasing-Zentrum". Doch dieser Empfehlung wurde im Mobilitätsausschuss nicht zugestimmt. Andere Maßnahmen sollen nun erarbeitet werden. Beim Feilen am funktionierenden Verkehrskonzept soll es zudem um Fußwege und Radverkehrsbeziehungen gehen, die bislang besonders im Bahnhofsbereich und entlang der Nordumgehung alles andere als optimal gestaltet sind. Das Baureferat wie auch das künftige Mobilitätsreferat sollen deshalb - hier richtet sich der Blick in eine nicht all zu ferne Zukunft - sicherstellen, dass nach den Straßenarbeiten auf der Nordumgehung im Zuge des Pasinger U-Bahn-Baus dort endlich der seit Langem geforderte durchgängige Zweirichtungsradweg angelegt wird. Aktuell fährt man als Radfahrer, längs der Pasing Arcaden, frontal auf eine Treppe am Bahnhof zu. Ein veritabler Schildbürgerstreich.

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