Pasing:Ungelöste Probleme

School kids fight each other model released Symbolfoto PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY BAEF00093

Hefte raus, Klassenarbeit! Viele Schüler sind vor Tests so aufgeregt, dass der Blackout droht.

(Foto: Imago)

Nach dem Weggang eines Referendars ist am Max-Planck-Gymnasium in Pasing niemand mehr für die dringend notwendige psychologische Betreuung der Schüler zuständig

Von Josa Mania-Schlegel, Elsbeth Föger und Minh Thu Tran, Pasing

Essstörungen, Cybermobbing oder einfach nur Liebeskummer: Eigentlich steht für solche Probleme an allen bayerischen Schulen ein Psychologe bereit. Nicht so am Max-Planck-Gymnasium, jedenfalls nicht mehr. Die eigentlich eingesetzte Schulpsychologin, eine Teilzeitkraft, ging in Elternzeit. Dann übernahm ein Referendar. Der musste vor kurzem jedoch wieder zurück an seine Seminarschule. Für die Betreuung der rund 1000 Schüler am Gymnasium in Pasing ist nun niemand mehr zuständig.

Deshalb hat sich der Vorsitzende des Elternbeirates, Manfred Müller, in einem Brief an das Kultusministerium gewandt. Darin schildert er die schwierige Situation des Max-Planck-Gymnasiums, die für ein Gymnasium mit mehr als 1000 Schülerinnen und Schülern "untragbar" sei. Müllers Forderung: Ein neuer Schulpsychologe müsse sofort zur Verfügung stehen.

Gerade das Max-Planck-Gymnasium habe schulpsychologische Betreuung besonders nötig, denn: "Viele Schüler kommen jetzt nicht gerade aus dem Villenviertel, sondern eher aus schwierigen Verhältnissen", sagt Müller. Bei Lese- und Rechtschreibschwächen zum Beispiel kann ein Schulpsychologe ein Attest ausstellen, nach dessen Vorlage betroffene Schüler etwas mehr Zeit für eine Prüfung haben. Auch Fälle von Mobbing und Gewalt könnten ohne Ansprechpartner schnell eskalieren. Schulpsychologen werden außerdem von der Schulleitung zu Rate gezogen, bevor Verweise an Schüler ausgesprochen werden. Zusätzlich sind Schulpsychologen für die Beratung von Lehrern und Eltern zuständig.

Aufgaben, die vom Lehrerkollegium nicht angemessen geschultert werden können. Der Schulleiter des Max-Planck-Gymnasium, Walter Scharl, spricht deshalb von einer "Mangelverwaltung" durch das Kultusministerium. Eine Begründung, warum die Stelle des Schulpsychologen nach dem Weggang des Referendars unbesetzt blieb, bekam er nicht. Die schulpsychologische Beratung der Schüler werde gerade von anderen Lehrkräften übernommen - die natürlich nicht psychologisch ausgebildet wurden. Diese Beratungsstunden seien bei seinen Lehrkräften "nicht unbedingt beliebt oder effektiv", berichtet Walter Scharl. Seiner Meinung nach macht sich die fehlende psychologische Betreuung vor allem bei individuellen psychischen Problemen einzelner Schüler bemerkbar. Dies seien Schwierigkeiten, die man nicht mit Gesprächen im Klassenverband lösen könne. Auch der Elternbeirat des Max-Planck-Gymnasiums kritisiert das Vergabeprinzip des Kultusministeriums: "Schulpsychologen werden nach dem Gießkannenprinzip wahllos und ohne Berücksichtigung regionaler und sozialer Sonderheiten über den Schulen ausgeschüttet", stellt Manfred Müller kopfschüttelnd fest.

Die schulpsychologische Betreuung erscheint vielerorts in Bayern als mangelhaft. Viele Schulpsychologen sind überfordert und machen unbezahlte Überstunden, um dem Bedarf an Beratung nachzukommen. In Bayern haben Schulpsychologen nur vier bis sechs Anrechnungsstunden pro Woche zur Verfügung; das hat sich seit der Kultusministerkonferenz 1973 nicht geändert. Die Schulpsychologen geben im Freistaat also regulär Unterricht und sind nur nebenbei für die psychologische Betreuung der Schüler zuständig. Dadurch sinkt das Niveau der Beratung, findet Hans-Joachim Röthlein, Vorstand des Landesverbands Bayerischer Schulpsychologen: "Sie würden ja auch nicht zu einem Arzt gehen, der vier Stunden pro Woche praktiziert und ansonsten etwas anderes macht."

Für das Max-Planck-Gymnasium in Pasing sind das allerdings Luxusprobleme. Lehrern, Eltern und Schülern wäre schon geholfen, wenn es wieder einen Psychologen gäbe. Auf den Beschwerdebrief des Elternbeirates hat das Kultusministerium noch nicht reagiert. Auf Nachfrage vertröstet der Pressesprecher - die Angelegenheit werde derzeit geprüft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: