Pasing:Packender Polizeieinsatz

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Die Pasinger Inspektion zieht von der Institutstraße in ein hochmodernes Gebäude an der Heimburgstraße. 600 Kartons werden innerhalb einer Woche in die neue Dienststelle transportiert. Ihre Schusswaffen und Computer bringen die Beamten eigenhändig weg

Von Ellen Draxel, Pasing

Montagmorgen, 7.39 Uhr, Funkspruch an die Einsatzleitung. "Isar 45 hier, wir verabschieden uns von der Institutstraße und melden uns, wenn alles gut geht, aus der Heimburgstraße wieder. Danke für die gute Zusammenarbeit." Drei Minuten später stöpselt Günther Eichner von der Abteilung Versorgung der Münchner Polizei die Telefonanlage an der Institutstraße 1 ab, seine Kollegen Alfons Weinhart und Christoph Sudau ziehen kurz nach acht die Kabel aus dem Server. Von diesem Moment an ist Pasings Polizei offline. Kein PC funktioniert mehr, in den folgenden Stunden kommen ausschließlich Handys zum Einsatz.

Der Streifen- und Wachdienst macht währenddessen keine Pause, der alltägliche Betrieb läuft auch ohne technischen Support weiter. Um die Auszeit möglichst kurz zu halten, wird das Herzstück der Kommunikation schnell ins Auto verfrachtet und zur Heimburgstraße gefahren. Bis dahin sind es nur wenige Minuten. Am westlichen Rand des Stadtbezirks laden die Beamten den Server aus, bringen ihn in den Keller und verkabeln ihn. Fehlt nur noch die Freigabe des Landeskriminalamtes und vom Telekommunikationsanbieter. Punkt 10 Uhr laufen die Computer wieder. Operation Umzug gelungen.

Nicht gerade gemütlich: eine der Zellen in der neuen Polizeiinspektion Pasing. (Foto: Florian Peljak)

Die Polizeiinspektion Pasing, fast 40 Jahre lang in einem denkmalgeschützten Klostergebäude mitten im Zentrum des Viertels nahe dem Pasinger Marienplatz beheimatet, hat den Standort gewechselt. Notgedrungen, denn der immer wieder verlängerte Mietvertrag mit den Schwestern von der Congregatio Jesu ist endgültig ausgelaufen. Der Neubau liegt knapp einen Kilometer weiter westlich, an der Ecke Aubinger/Heimburgstraße. "Ein bisschen Wehmut ist bei dem Umzug natürlich schon dabei", sagt Peter Löffelmann, Pasings Polizeichef. "Aber es war an der Institutstraße einfach wahnsinnig eng. Und die Stromversorgung war auch am Limit."

Löffelmann hat Erfahrung mit dem Umziehen. Er war früher mal Inspektionsleiter in Ismaning und durfte dort schon das Domizil wechseln. Ein Kraftakt ist so etwas trotzdem immer. Vor allem, wenn wie in Münchens zweitgrößter Polizeiinspektion hundert Mitarbeiter und mehrere Dienstgruppen involviert sind. Da gibt es die zivilen Einsatzteams, zuständig beispielsweise für Wohnungseinbrüche und unabhängige Fahrzeugkontrollen. Dann die Verfügungstruppe, die ad hoc einspringt, wenn Kollegen krank werden, oder wenn Personal bei Fußballspielen, Staatsbesuchen oder Abschiebungen gebraucht wird. Erhebungs- und Ermittlungsbeamte kümmern sich um kleinere Delikte wie Fahrrad-, Ladendiebstahl oder Schwarzfahren. Und Kontaktbeamte sind für bestimmte Quartiere zuständig und betreuen Opfer. "Sie alle sind ausnahmslos betroffen von diesem Umzug", sagt Löffelmann. Die Polizeiarbeit ruht nicht, nur weil die Räumlichkeiten sich ändern.

Für Leiter Peter Löffelmann ist es nicht der erste Umzug. (Foto: Florian Peljak)

Rückblick, Freitag vergangene Woche. Vier Wochen wurde geplant, an diesem Tag beginnt die heiße Phase. "Wild" sehe es aus in den Fluren der Pasinger Dienststelle, kommentiert der Chef. Überall im verwinkelten Klostergebäude der Schwestern von der Congregatio Jesu stehen Kisten herum. Kartons voller Aktenordner und Formblätter. Pakete mit Absperrbändern, Sprühkreide, Schutzmaterialien und Hundeleinen. Auch den Asservatenschrank, wo alles, was beschlagnahmt wurde und als Beweismittel sichergestellt werden muss, aufbewahrt wird - Drogen, Waffen, Videoaufzeichnungen, Handys - haben die Kollegen bereits leer geräumt. Vom Frostschutzwasser für die 14 Funkwagen über Mäntel für Verkehrspolizisten bis hin zu Werkzeug, Klo- und Druckerpapier muss sämtliches Material den Standort wechseln. Mit zwei Zwölftonnern transportiert die Umzugsfirma von Freitag bis Dienstag 500 normale und an die 100 Kleiderkartons. Computer und Telefone bringen Löffelmann und vier seiner Kollegen am Sonntag eigenhändig an die Heimburgstraße, Schusswaffen und Funkgeräte dann am Montag. "Das sind sicherheitsrelevante Sachen, die dürfen wir nicht aus der Hand geben." Zwei Beamte schließen die Technik am Wochenende gleich noch an - zur Freude ihres Chefs. "Da kann man in meiner Position echt froh sein, so engagierte Leute zu haben."

Mobiliar dagegen ist beim Umzug wenig dabei, lediglich vier Schreibtische, einige Schränke und Sideboards. Was an Möbeln noch nutzbar ist, erhalten andere Dienststellen, der Rest kommt zum Sperrmüll. An der Heimburgstraße stehen neue Möbel, modernere. Und Einbauschränke, die gleichzeitig Schlitze für die Be- und Entlüftung beinhalten. 40 Grad wie bisher im Sommer auf der Wache sind in Zukunft dank einer Klimaanlage passé, Heizung und Kühlung erfolgen nun mittels Aktivierung des Betonkerns über eine Grundwasser-Wärmepumpe.

Computer, Telefone, Schusswaffen und Funkgeräte bringen Löffelmann und vier seiner Kollegen eigenhändig an die Heimburgstraße. (Foto: Florian Peljak)

Überhaupt ist vieles optimiert in dem Neubau nahe der S-Bahnstation Westkreuz. "Wir haben zum ersten Mal einen eigenen Vernehmungsraum", freut sich Löffelmann. Die Beamten können in dem neuen Gebäude mittels Fotoapparat und Fingerabdruck-Scanner selbst eine erkennungsdienstliche Behandlung durchführen. Bislang war das nur im Präsidium an der Ettstraße möglich. Die neue Inspektion verfügt außerdem über einen Aufzug, sodass die Beamten Menschen, die im Rollstuhl sitzen, nicht mehr wie an der Institutstraße die Treppe hochtragen müssen. Statt zwei Gefängniszellen gibt es nun vier, eine davon ist als Sammelgewahrsraum konzipiert. "Für Bettlerbanden zum Beispiel, die bisher bei uns auf der Wache saßen." Die Zellen sind diesmal auch vandalismussicher gebaut. "Im alten Bau ist es uns erst vor Kurzem noch passiert, dass ein Häftling die Kloschüssel rausgerissen hat", erzählt Löffelmann.

Das Haus an der Heimburgstraße ist speziell auf die Bedürfnisse der Polizei zugeschnitten, deshalb sind die Scheiben im Erdgeschoss schusssicher und in den oberen Stockwerken einbruchsicher. Im Pasinger Zentrum waren sie noch mit einer kuriosen Schiebefenster-Konstruktion nachgerüstet, damit die Auflagen erfüllt wurden. "Das Gebäude ist pragmatisch und funktional, aber mit dem offenen Treppenhaus durchaus gelungen", lobt der Inspektionsleiter. Sogar die Kunst am Bau ziert bereits eine Wand: Zu sehen ist ein Memory aus Bildern von Polizeieinsätzen. Nicht alle Fotos gibt es doppelt, einige sind noch verdeckt. "Eine Anspielung auf unsere Arbeit", sagt Löffelmann lächelnd.

Schon ein bisschen veraltet wirkt der bisherige Waffenschrank. (Foto: Florian Peljak)

Der Lieblingsraum des 58-Jährigen liegt im Keller. Löffelmann ist Star-Trek-Fan - und die mit silbernen Folien verkleideten Schächte im Lüftungsraum erinnern ihn an Raumschiff Enterprise.

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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