Pasing:Helenes Linde

Regensteiner-Linde Pasing rathaus

Zeitzeuge: die Regensteiner-Linde vor dem Pasinger Rathaus.

(Foto: privat)

Baum vor dem Pasinger Rathaus erinnert an ein jüdisches Schicksal

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Wenn Bäume erzählen könnten. Im Fall der alten Linde vor dem Pasinger Rathaus wäre es eine Geschichte, die viel aussagt über das vergangene Jahrhundert. Von Helene Regensteiner wäre die Rede und ihrem großen Garten, in dem der Baum vor mehr als 100 Jahren gepflanzt wurde. Die Regensteiners waren eine angesehene Pasinger Familie, Unternehmer, die in der Industriegeschichte des Münchner Westens eine Rolle spielten. Der Fabrikant Albert Regensteiner führte in der Kolonie I Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts eine Schuhfabrik. Sein Sohn Siegfried, Helenes Ehemann, gründete die "Automobilwerke Pasing-München".

Nach seinem Tod 1927 lebt die Witwe weiter in der Villa mit Garten an der Münchner Straße, heute Landsberger Straße, bis das Haus Mitte der Dreißigerjahre dem Neubau des Pasinger Rathauses weichen muss. Helene Regensteiner kann ihren Besitz noch zu einem fairen Preis verkaufen, doch als Jüdin bleibt ihr nichts anders als die Emigration. Sie bringt eine horrende Summe für die sogenannte Reichsfluchtsteuer auf und kommt bei ihrem Sohn Karl in Chicago unter. Das Vermögen der Regensteiners wird auf einem Sperrkonto eingefroren und fällt an das Reich. Helene stirbt 1952 in Amerika. Nachlesen kann man diese Geschichte im Werkstattbuch "Ins Licht gerückt. Jüdische Lebenswelten im Münchner Westen", in dem sich Almut David auf Spurensuche der Regensteiners begeben hat.

Auf Initiative der SPD-Fraktion im Bezirksausschuss (BA) Pasing-Obermenzing soll die Regensteiner-Linde künftig doch etwas erzählen können. Da in München Plaketten direkt an Bäumen nicht gestattet sind, könnte eine Gedenkplatte am Rathaus oder eine Stele am Vorplatz nahe der Linde angebracht werden - versehen mit einem QR-Code, der Handy-Nutzer auf eine Infoseite über die Familie leitet. Unbeantwortet wird die Frage bleiben müssen, ob Helene Regensteiner im fernen Chicago dann und wann an ihre Pasinger Linde gedacht hat.

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