Pasing:Die Menschenfabrik

Theater Viel Lärm um Nichts Menschenfabrik

Amalgam aus Tanz, Musik, Schauspiel und Video bringt das Theater "Viel Lärm um Nichts" Oskar Panizzas weitsichtiges Stück von 1890 auf die Bühne in der Pasinger Fabrik.

(Foto: Veranstalter)

Panizza-Stück im Theater "Viel Lärm um Nichts"

"Tun Ihre Menschen denken?" - "Nein!" - rief er sofort mit dem Ton absolutester Sicherheit und nicht ohne den Ausdruck freudiger Erregung, als habe er die Frage erwartet oder sei froh, sie verneinen zu können. - "Nein!" - rief er - "das haben wir glücklich abgeschafft!"

In seiner fantastischen Erzählung "Die Menschenfabrik" führt der Schriftsteller Oskar Panizza den Erzähler an einen erstaunlichen Ort. In einer riesigen Industrieanlage werden auf Bestellung "schöpfungsfrische Wesen" produziert, sie sitzen schon in ihren Kleidern, schwitzen nicht, sind allumfassend pflegeleicht, Hybride, die unveränderlich perfekt bleiben, wie Panizzas erstaunter Wanderer erfährt. 1890, also lange bevor Aldous Huxleys oder George Orwell ihre schön-schaurigen neuen Welten schufen oder das Wort kafkaesk überhaupt erfunden war, hat der Dichter und Doktor der Medizin mit diesem "Dämmerungsstück" der Menschheit einen faustischen Größenwahn attestiert. Das Theater "Viel Lärm um Nichts" bringt nun Oskar Panizzas Stück als Amalgam aus Tanz, Musik, Schauspiel und Video auf die Bühne in der Pasinger Fabrik. Premiere ist dort an diesem Samstag, 1. Oktober. Beginn ist dort um 20 Uhr.

Nur wenige Jahre nach Veröffentlichung der "Menschenfabrik" musste Oskar Panizza am eigenen Leibe erfahren, zu was Menschen fähig sind. Wegen "Vergehens gegen die Religion" wurde er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und musste die Strafe bis zum letzten Tag absitzen. Mit seinem Werk "Das Liebeskonzil", in dem er das Auftreten der Syphilis im Jahr 1495 als göttliche Strafe für die Laster-Höhle am Hofe Papst Alexander VI. dargestellt hatte, war er wohl für einige zu weit gegangen. Panizzas Leben geriet aus Tritt, er musste ins Exil fliehen, sein Vermögen wurde konfisziert und er begann unter Halluzinationen und Verfolgungswahn zu leiden. Seine letzten Jahre verbrachte er, der als Assistenzarzt einst bei Professor Bernhard von Gudden in der Oberbayerischen Kreisirrenanstalt tätig war, selbst in Heilanstalten für "Gemütskranke".

Das Theater Viel Lärm um Nichts leistet Verdienstvolles, diesen ein wenig in vergessen geratenen Literaten wieder auszugraben. Bis 3. Dezember wird in der Fabrik jeweils am Donnerstag, Freitag und Samstag, 20 Uhr, gespielt. Nur am 1. Dezember gibt es keine Vorstellung. Tickets gibt es im Vorverkauf über München-Ticket unter Telefon 54 81 81 81.

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