Pasing:Absteigen und schieben

Pasing: Das Radl-Chaos rund um den Pasinger Bahnhof ist täglich zu beobachten. Die Nordwestumgehung aber scheidet nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts als zusätzliche Ost-West-Achse aus.

Das Radl-Chaos rund um den Pasinger Bahnhof ist täglich zu beobachten. Die Nordwestumgehung aber scheidet nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts als zusätzliche Ost-West-Achse aus.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Verwaltungsgericht hält Radfahrverbot auf der Pasinger Nordumgehung für rechtens. Kritiker der Radweglücken im Münchner Westen müssen ihre Vorschläge auf politischem Weg durchsetzen

Von Julian Raff, Pasing

Unter "Reisegeschwindigkeit" versteht jeder Radfahrer etwas anderes, je nach Kondition und Material. Klar ist nur, dass ein schnelles Tempo auf dem engen und unübersichtlichen Pasinger Bahnhofsplatz nicht zu halten ist und die vierspurige Josef-Felder-Straße ("Nordumgehung") als schneller Bypass ausscheidet. Beim Versuch, den Bau einer zügig befahrbaren Ost-West-Achse juristisch zu beschleunigen, musste der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), beziehungsweise der stellvertretend für den Verband klagende Aktivist Martin Feldner nun in erster Instanz eine Niederlage einstecken. Das Verwaltungsgericht wies Feldners Klage gegen das Radfahrverbot auf der Josef-Felder-Straße in west-östlicher-Richtung, also stadteinwärts, zurück.

In der Gegenrichtung stadtauswärts darf dort theoretisch weiterhin geradelt werden. Allerdings hat dies, wie alle Beteiligten inklusive Kreisverwaltungsreferat (KVR) einräumen, wohl nur deshalb noch nicht zu schweren Unfällen geführt, weil der Verkehr auf der dort fast autobahnartig ausgebauten Bundesstraße B 2 selbst auf kühne Radler abschreckend wirkt.

Die Causa Nordumgehung war übrig geblieben, nachdem Feldner die weiteren Klagepunkte beim zweiten mündlichen Verhandlungstermin nach gemeinsamer Ortsbeschau zurückgezogen hatte. Ursprünglich hatte Richter Dietmar Wolff insgesamt 24 Punkte zu prüfen gehabt, die sich auf zwölf Einzelregelungen bezogen - die Verdopplung ergab sich, da Feldner zunächst auch im Namen seines heute 16-jährigen Sohnes geklagt hatte. Dies zog er aber ebenfalls zurück. Den Nachweis, dass ein verkehrsreifer Jugendlicher die Beschilderung am Bahnhofsplatz schlicht nicht verstehen könne, hielt Wolff für unmöglich, trotz der dort insgesamt "ungünstigen" Regelung.

Um in besagter "Reisegeschwindigkeit" etwa von Laim nach Obermenzing zu kommen, wäre dem Kläger und seinen Beratern vom (selbst nicht klageberechtigten) ADFC ein radfreundlicher Bahnhofsplatz ebenso recht wie alternativ ein Zweirichtungs-Radweg an der Nordumfahrung. Letzterer ließe sich technisch leichter umsetzen, und zwar auf einem breiten, als Verkehrsfläche gewidmeten Grünstreifen, der bis zur Emil-Neuburger-Straße reicht. Östlich davon beginnt ein gemischter Rad- und Fußweg - und endet nach 240 Metern jäh und ohne Rampe an der Treppe zu den Pasing-Arcaden. Wer weiter will, muss tragen. Fiele das Radverbot, wäre die Stadt gezwungen, den Weg zu bauen, spätestens wenn die U 5 nach Pasing gebaut und dafür die Nordumfahrung aufgerissen würde.

Direkt einklagen lasse sich ein durchgehender Weg nicht, wie Richter Wolff abermals erklärte. Auch sonst - und darin liegt vor allem für den Bahnhofsplatz ein Knackpunkt - können Feldner und der ADFC nur gegen Verwaltungsakte klagen und müssen ihre konstruktiven Gegenvorschläge rein politisch durchsetzen. Ein Gerichtsentscheid bietet also keine direkte Chance für Feldners Idee, einen Teil der vom ADFC kritisierten, von Bürgern und Bezirksausschuss gewollten Taxistandplätze vom Bahnhofsplatz in die Bäckerstraße zu verlegen.

Wie schwer sich das Chaos vorm Bahnhof gerichtlich ordnen lässt, machte Wolff unter anderem an den nördlichen Absperrpfosten deutlich. Abgesehen davon, dass diese auf Bahngrund stehen, würde ihre Entfernung eben nicht nur Radlern freie Bahn verschaffen, sondern auch Falschparkern. Nicht zuletzt, um drohende Verschlimmbesserungen am Bahnhofsplatz zu vermeiden, zog Feldner die dortigen Punkte zurück. Es blieb also die Frage, ob die Stadt weiterhin Radfahrer aus Sicherheitsgründen von der Nordumfahrung aussperren dürfe. Sein "Ja" gründete Wolff unter anderem darauf, dass er der Route keine stadtweite Bedeutung als Rad-Schnellweg zubilligt. Da der Fall einigen Ermessensspielraum lasse, könnten die Kollegen am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof dies aber anders sehen, erklärte der Richter - und bestärkte Feldner in dessen Entschluss, sich per Berufungsantrag an die obere Instanz zu wenden.

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