Selbst die Geburtstagsgeschenke, die von Freunden mitgebracht werden, sind oftmals durchgeplant. Geschenkekiste heißt das Angebot, das sich auch in München und dem Umland etabliert hat. Das Ganze funktioniert ähnlich einer Hochzeitsliste: Das Geburtstagskind sucht sich im Laden Geschenke aus und packt sie in eine Box. Danach reisen die kleinen Gäste mit ihren Eltern an und kaufen je ein Spielzeug.
Das wiederum wird von der Verkäuferin schön verpackt und schließlich vom Kind zur Party mitgebracht. Einziger Unterschied zum Heiraten: Geburtstag feiert man jedes Jahr, eine Hochzeit findet in der Regel seltener statt. Großer Nachteil: Die Geburtstagskinder müssen sich an ein Budget von neun oder zehn Euro halten. Günstigere Geschenke sind aus Fairnessgründen nicht drin, auch wenn diese noch so verlockend sind.
Experten sehen diese Entwicklung mit Sorge. "Ein Kindergeburtstag muss nicht die Mega-Party sein", sagt Diana Beyer. Die Leiterin der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Taufkirchen ist mit diesem Thema immer wieder beschäftigt. Die einen Familien fühlen sich, so berichtet sie, regelrecht unter Druck gesetzt. "Die Eltern organisieren die Feier nicht nur für ihre Kinder, sondern für andere Eltern", sagt Beyer.
Sie wollten mit teuren, aufwendigen Festen zeigen, dass ihr Kind etwas Besonderes sei, wie toll sie sich um ihre Söhne und Töchter kümmerten, was sie ihnen alles bieten könnten. Das setze jedoch auch die Kinder unter Druck: Wenn ihre Mütter und Väter schon so viel Geld ausgegeben haben, müssen sie auch Spaß haben - ob es ihnen tatsächlich Spaß macht oder nicht.
Sozial schwächere Familien können längst nicht mehr mithalten im Geburtstagswettkampf. "Dieses Problem ist in München stark ausgeprägt, weil die soziale Schere auseinandergeht", sagt Beyer. Manche Kinder verweigerten ihre Geburtstagsparty ganz, weil sie sich für ihre kleine Wohnung und die ärmlichen Verhältnisse, in denen sie lebten, schämten. Andere kämen nicht einmal als Gast, weil sich die Familie die zehn Euro für das vorher bestellte Geschenk nicht leisten könne.
Die Kinder wollen im Mittelpunkt stehen - mehr nicht
Dabei könnte es auch so einfach sein, sagt Beyer. "Kinder freuen sich, wenn sie das Gefühl haben, dass sie wichtig sind, dass ihre Eltern sich Mühe gegeben und Zeit für sie haben", erklärt die Expertin. Und das habe wenig mit Geld und übergroßen Geschenken zu tun. Ganz im Gegenteil: Kinder orientierten sich nicht an Masse. Nicht fünf Clowns seien notwendig, bedeutender sei, wenn die Mädchen und Jungen wüssten, dass sie an ihrem Geburtstag im Mittelpunkt stünden. "Am besten kommen meist Partys an, die aus einer Mischung aus strukturiertem und freiem Spiel bestehen", sagt Beyer. Das Leben sei heute durchgetaktet, da biete ein Geburtstagsfest eine willkommene Abwechslung.
Darin stimmt sie mit Partyplanerin Daniela Schreck überein. Nur dass die Ansprüche von deren Kunden ein Stück über dem Durchschnittsniveau liegen. Die Kinder, die sie betreut, besuchen Privatschulen, haben manchmal sogar einen eigenen Chauffeur. "Für sie sind die Feiern angemessen, weil sie es nicht anders kennen", sagt die Unternehmerin. Kastaniensammeln wäre hier wahrscheinlich unangebracht.