Partygelände hinter dem Ostbahnhof:Wo Optimol ist, soll Rost werden

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Wie lange soll auf dem Partygelände hinter dem Ostbahnhof noch gefeiert werden dürfen? Die Betreiber wollen die Lizenz bis 2015 verlängern, für die Anwohner der Horror.

Clemens Markus

Die Sprecher städtischer Behörden stehen selten im Verdacht, Sachverhalte unzulässig zuzuspitzen. Wenn also Äußerungen von Thorsten Vogel über die Zukunft der Feiermeile hinter dem Ostbahnhof für helle Aufregung im Viertel sorgen, hat sich der Sprecher des Planungsreferats nicht im Ton vergriffen, sondern es ist ein Beleg dafür, wie aufgeheizt die Stimmung in Berg am Laim ist.

Bunt, laut und nachtaktiv: Die Optimolwerke. (Foto: ANGELIKA BARDEHLE)

Es geht um die Verlängerung der Genehmigung für die Party- und Amüsierclubs in der Kultfabrik und auf dem Optimolgelände. Eigentlich sollte am 31. Dezember diesen Jahres Schluss sein mit Party auf dem Areal, das bis Mitte der neunziger Jahre vor allem Sitz der Kartoffelfirma Pfanni war. Doch weil die Pläne für die anschließende Nutzung bisher nicht weit genug vorangekommen sind, haben die Betreiber beantragt, die Lizenz zum Feiern bis zum 31. Dezember 2015 zu verlängern - für die Anlieger ein Horror.

Behördensprecher Thorsten Vogel hatte sich nun mit den Worten zitieren lassen, dass die Stadt den Antrag intern erst prüfen müsse und dass man mit den Eigentümern auf einem guten Weg sei. Was also eine verfahrenstechnische Selbstverständlichkeit ist, schlug in Berg am Laim ein wie eine Bombe. "Der Bezirksausschuss", poltert dessen Vorsitzender Josef Koch (SPD), "ist offiziell nicht informiert worden, ehe das Planungsreferat mit seinen Verlautbarungen an die Öffentlichkeit gegangen ist."

Anton Spitlbauer senior (CSU) vermutet gar eine Anweisung von ganz oben hinter Vogels Äußerungen. Eigentlich sei doch die Stadt in einer äußerst komfortablen Situation, sitze am längeren Hebel und könne den Betreibern die Bedingungen diktieren. Doch stattdessen erkläre der Referatssprecher ohne Not, dass man sich mit fünf Jahren mehr Party anfreunden könne. In einem einstimmig verabschiedeten Dringlichkeitsantrag fordert der Bezirksausschuss die Stadt auf, einer auf maximal drei Jahre befristeten Verlängerung der Betriebserlaubnis nur zuzustimmen, wenn vorher mit den Grundeigentümern verbindliche Ziele für eine spätere Nutzung des Geländes vereinbart sind.

In dem Beschluss ausdrücklich festgehalten ist auch, dass der Bezirksausschuss "eine zeitnahe Rückmeldung" erwartet. Dieser Nachsatz darf einerseits wiederum als Beleg für die gereizte Stimmung gelten, andererseits drängt die Zeit aber auch tatsächlich. Wie Referatssprecher Vogel auf Anfrage mitteilte, soll eine Entscheidung nach der Sommerpause, also bis Mitte September fallen.

Auf dem Gelände, das jetzt noch Europas größte Party-Zone beherbergt, will München ein neues Quartier entwickeln. Dazu hat der Stadtrat 2007 ein Strukturkonzept verabschiedet, dem derzeit noch zwei Planvarianten zugrunde liegen. Das Gebiet firmiert unter dem Namen "Rund um den Ostbahnhof", abgekürzt Rost, und umfasst 40 Hektar zwischen Frieden-, Mühldorfer, Aschheimer und Rosenheimer Straße. Das Viertel ist allein schon wegen seiner guten öffentlichen Anbindung und seiner unmittelbaren Nähe zur Innenstadt ein Filetstück für Stadtplaner.

Nach den bisher vorliegenden Entwürfen sollen auf dem Gelände einmal 2000 Menschen in 900 Wohnungen leben und 10.000 Menschen zur Arbeit einpendeln. Das Herzstück des Quartiers ist nach den bisherigen Planungen ein etwa 1,3 Hektar großer Park, der sozusagen eine grüne Brücke über den Ostbahnhof nach Haidhausen auf den Orleans- und Bordeauxplatz schlagen soll.

Insgesamt werden etwa zehn Prozent des Gebiets, also vier Hektar, begrünte Flächen sein. Die Wohnungen im Inneren des Quartiers werden zur Friedenstraße hin durch Bürobauten, mitunter auch 60 bis 80 Meter hohe Häuser, abgeschirmt. Das bisher hermetisch abgeriegelte frühere Firmengelände soll nur durch wenige Straße erschlossen werden. Ein eigenes Konzept sehen die Entwürfe für Fußgänger und Radler vor.

Was das Konzept angeht, herrscht unter den Beteiligten - Stadt und Bezirksausschuss - große Einigkeit. Allerdings gehört das Areal mehreren Eigentümern, womit sich auch die Zahl der Interessen erhöht. Nicht umsonst fordern Bezirksausschuss und Planungsreferat, dass die Eigentümer einen Verantwortlichen für das Projekt benennen sollen, der verbindliche Aussagen für alle treffen kann. Außerdem besteht der Bezirksausschuss darauf, dass es einen überprüfbaren Zeitplan gibt, der notfalls auch Grundlage für Sanktionen sein kann, und dass alle Beteiligten sich darauf verpflichten, den Aufstellungsbeschluss zu Rost noch in diesem Jahr zu fassen.

Denn den Bewohnern und Politikern in Berg am Laim ist klar: Selbst wenn besagter Beschluss noch im Herbst fällt, dauert es mindestens weitere zwei Jahre, bis der nötige Bebauungsplan aufgestellt ist und endlich die Bagger anrollen dürfen. Deshalb ist es wiederum eine Selbstverständlichkeit, wenn Referatssprecher Vogel feststellt: "Das Areal kann die nächsten Jahren ohnehin nicht bebaut werden." Was läge also näher, als in dieser Zeit die Party in der Kultfabrik und auf dem Optimolgelände weitergehen zu lassen? Ein paar beruhigende Worte hat Vogel für die Berg am Laimer aber auch: "Die Betreiber haben in ihrem Vertragsentwurf deutliche Verbesserungen zugesagt." Es soll keine Flatrate-Partys mehr geben, die Straßen sollen besser sauber gehalten und der Durchgang durch das Gelände erleichtert werden. Vogel: "Wir sind an geordneten Verhältnissen interessiert."

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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