Party in der Bayernkaserne:Kein Schwarz, kein Weiß

Münchner und Flüchtlinge feiern ein gemeinsames Fest in der Bayernkaserne, mit Schlager, Hüpfburg und 1200 Kugeln Eis. Die Rechten wollen demonstrieren, scheitern aber grandios

Von Thomas Schmidt

Das Fantastische war, schwärmt Tobias Irl, dass es an diesem Tag, an diesem Ort keine Münchner gab. Und auch keine Flüchtlinge. Kein Arm, kein Reich, kein Schwarz und kein Weiß. "Wir sind alle gleich, wir gehören alle zusammen", sagt Irl. "Das war gigantisch." Etwa 6000 Menschen sind am Samstag zum "Sommerfest in der Bayernkaserne" gekommen, das Tobias Irl organisiert hat. Und es ist eine Ironie dieser Tage, dass ausgerechnet Pegida einen positiven Beitrag dazu geleistet haben könnte - wenn auch völlig unfreiwillig.

Die Rechtspopulisten hatten geplant, nahe des Ankunftszentrums für Flüchtlinge gegen "Asylmissbrauch" zu demonstrieren. Doch selbst in ihren eigenen Kreisen stieß der Plan auf wenig Gegenliebe. Die Initiatoren hatten die Zahl der Teilnehmer bereits am vergangen Donnerstag von 20 bis 30 auf zehn bis 15 reduziert. Als es dann soweit war, lag die Zahl der Pegida-Sympathisanten am Samstag allerdings noch niedriger, nämlich exakt bei null.

Während sich also null Rechtspopulisten zusammenrauften, feierten Tausende Münchner mit Tausenden Flüchtlingen ein Fest in der Bayernkaserne. "Der geplante Pegida-Protest hat uns mit Sicherheit zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft", freut sich Organisator Irl. Das Sommerfest sei eine gewaltige Solidaritätsbekundung gewesen. Kinder tobten auf Hüpfburgen, es gab Zuckerwatte und Popcorn, Schwedenschach und Tischkicker, 1200 Kugeln Eis, 1300 Burger und 20 000 Smoothies. Bata Illic und Ex-Voxxclub-Star Julian David schlagerten auf einer Bühne, bis sich die Flüchtlinge irgendwann selbst das Mikro schnappten und krumm und schief, dafür aber leidenschaftlich und unter dem Jubel des Publikums drauflos sangen.

Etwa 20 Dolmetscher drückten sich durchs Gedränge, um zwischen Münchnern und Flüchtlingen zu übersetzen. Gerade dieser Kontakt war Irl wichtig: "Ich bekomme immer wieder mit, dass Leute glauben, die Asylbewerber seien Wilde aus dem Urwald, die nur nach Deutschland kommen, um zu stehlen. Dabei sind es oft Ärzte oder Ingenieure, gebildete Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten." Eine Helferin berichtet mit Tränen in den Augen von einem Syrer, der mit seiner Tochter über das Mittelmeer nach Europa geflohen ist. Sein Kind, so erzählt es die Ehrenamtliche, habe ständig weinen und schreien müssen. Da hätten die Schlepper es genommen und über Bord geworfen. Der Vater habe hilflos zusehen müssen, wie seine Tochter im Meer ertrinkt.

Schockierende, traumatische Geschichten sind auch ein Teil des ansonsten so fröhlichen Festes. Immer wieder rufen junge Flüchtlinge auf der Bühne ihr Heimatland ins Mikrofon: Afghanistan, Kurdistan, Pakistan, Syrien . . . Sie sind stolz auf ihre Herkunft, auch wenn viele von ihnen unter Lebensgefahr fliehen mussten. "Sie wissen es zu schätzen, was hier für sie organisiert wird", sagt ein Übersetzer. "Heute sind sie sehr glücklich."

So erfolgreich das Fest in der Bayernkaserne war, so erfolglos ging am selben Tag eine Kundgebung der rechtsextremen NPD auf dem Rindermarkt zu Ende. Zu der offiziell angemeldeten Veranstaltung tauchten gerade mal zwei NPD-Mitglieder auf - und hundert Gegendemonstranten. Laut Polizei wurde die Kundgebung dann auch vorzeitig beendet. Nach 16 Minuten.

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