Süddeutsche Zeitung

Partnersuche im Web:Späte Liebe dank der Maus

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Ein Hort höflicher Anfragen: Auf der Internetseite "www.50plus-treff.de" suchen ältere Menschen nach Partnern.

Anja Burkel

Eine rote Rose als Erkennungszeichen ist nicht nötig; Margits Gesicht kennt Harald Meier ja schon vom Internet-Foto. Nun treffen sie sich auf halber Strecke zwischen München und Wien. Während der Fahrt zu dem Gasthof in St.Georgen ist der Münchner "wahnsinnig aufgeregt": Ist Margit in der Realität so nett wie in den virtuellen Emails? Wird sie ihn noch mögen, wenn er ihr leibhaftig gegenübersitzt?

Er ist 54. Einmal war Harald Meier schon verheiratet. Ein zweites Mal hatte er eine feste, zehn Jahre dauernde Beziehung. Diese ist vor einem Jahr zerbrochen. Aber schon kurz danach steht für ihn fest: "Ich will wieder eine Beziehung, das ist klar." Und es steht auch fest für ihn, dass er es nicht so langsam angehen will wie in jüngeren Jahren. Sich gelegentlich treffen, dann nichts mehr voneinander hören lassen, es dem Zufall überlassen, wann man sich wieder sieht - für solche Spielchen ist Meier nicht mehr zu haben. "In meinem Alter lässt man sich nicht mehr so viel Zeit."

Im Internet beguckt Harald Meier verschiedene Partnerbörsen und meldet sich schließlich bei www.50plus-treff.de an. Seit Juni gibt es diese Seite, die sich speziell an ältere Kunden wendet. Betrieben wird sie von einem erst 33 Jahre alten Münchner; Sven Exter wartet die Seite in Heimarbeit gemeinsam mit Frau und Schwägerin.

Schon 2000 hatten die Exters im Familienbetrieb eine Internet-Partnerbörse für Menschen jeden Alters gegründet. "Im Lauf der Zeit haben wir viele Mails und Anrufe von älteren Leuten bekommen", sagt Exter, "die es schade finden, dass sie oft von sehr jungen Menschen angeschrieben werden."

Meistens müssten sie lange suchen, bis sie in den Listen jemanden in ihrer Altersgruppe fänden. Also stellte Exter www.50plus-treff.de ins Netz. Mittlerweile sind 10.000 Mitglieder, vorrangig aus Deutschland, registriert. 500 Mitglieder zählt die Partnerbörse in München, knapp 1800 in Bayern.

Höflicher im Umgang

Im Vergleich zu den jüngeren Kunden, das hat Sven Exter festgestellt, sind die 50 plus-Mitglieder "viel höflicher - im Umgang mit uns und untereinander". So schreibt ein Herr an potenzielle Leserinnen der Internetseite: "Ich warte mit atemloser Spannung auf Ihre geschätzte Reaktion."

Auch hat Sven Exter den Eindruck, dass die älteren Kontaktsuchenden vorsichtiger sind. Lieber als abends träfen sie sich zunächst am Nachmittag - in einem Café oder Restaurant oder zu einer gemeinsamen Unternehmung, zum Beispiel im Museum. Wer möchte, kann sich als so genanntes "geprüftes Mitglied" ausweisen lassen. Dafür ist es nötig, eine Kopie des Personalausweises an die Betreiber der Seite zu schicken. Diesen Service nähmen viele Kunden in Anspruch.

Sich registrieren zu lassen, kostet beim 50 plus-Treff zunächst nichts. Allerdings kann man dann nicht alle Teilnehmer anschreiben. Harald Meier wird deshalb "Premiummitglied", also zahlendes Mitglied. Für 19,90 Euro kann er drei Monate lang so viele Frauen anschreiben, wie er möchte - er kann alle auf der Internetseite registrierten Mitglieder anmailen und selbst von allen Mitgliedern angeschrieben werden. In einem Formular muss er sich beschreiben. Wahrheitsgemäß gibt er als Haarfarbe "blond ergrauend" an; als Augenfarbe blau, als Fitnesslevel "durchschnittlich".

Er listet seine umfangreichen Fremdsprachenkenntnisse auf, und schreibt, was er mag: Heimat-, Liebes- und Actionfilme zum Beispiel. Und er eröffnet: "Suche wieder harmonische, kuschlige Zweisamkeit." Nach kurzer Zeit bekommt er Antworten. Er tauscht Emails mit einer Düsseldorferin aus, einer Hamburgerin und einer Münchnerin. Und mit einer Wienerin. Sie heißt Margit und ist 48.

Zu Jung für die Mitgliedschaft

Mit dem Alter nimmt man es nicht übermäßig streng bei "50 plus". Es dürfen auch etwas Jüngere dabei sein. Jedoch: Dass sich irgendwann auch 40-Jährige registrierten, war einigen Mitgliedern doch zu viel. Und zu jung. Also hat der Betreiber Exter das Mindestalter nun auf 45 angehoben. Die Herrschaften, die ins Altersraster passen, haben recht klare Vorstellungen von ihrer Wunschbeziehung. "Möchte die letzten 15 Jahre in völliger Harmonie genießen", schreibt ein 67-Jähriger.

Ein 65-Jähriger Kölner sucht eine Frau, die "das Leben auch nicht mehr so ernst nimmt". Eine Dame mit jugendlichem Kurzhaarschnitt beschreibt ihre Wünsche mit einem Kochrezept; neben einem Mann und einer Frau seien dazu "100 g Einsamkeit, 100 g Zuversicht, 150 g Gefühl, 120 g Wille, 125 g Kompromissbereitschaft, 150 g Vertrauen und 150 g Treue" nötig.

Eine der derzeit ältesten Mitglieder ist Omi077. Ganz ehrlich schreibt eine weißhaarige 77-Jährige unter diesem Pseudonym, dass sie wegen ihrer Gehbehinderung und chronischen Erkrankung das Haus nur mit Hilfe verlassen kann. "Ich suche einen lieben, sensiblen Freund mit christlicher Lebenseinstellung zum Gedankenaustausch!" Bei der Rubrik "Ich suche" hat sie denn auch "Freundschaft" angeklickt und nicht "Liebe" oder gar "Flirt" - letzteres ein Begriff, der unter den 50 plus-Mitgliedern beinah nie als Wunsch angegeben wird.

Auch Harald Meier will keinen Flirt. Er hat bei "Ich suche" das Wort "Beziehung" angegeben. Beim ersten Treffen in St.Georgen ordert Margit einen Kaffee. Ihre Finger zittern, als sie nach der Tasse greift. "Du brauchts nicht nervös sein", sagt Harald und nimmt ihre Hand. Es ist November und draußen schneit es riesige Flocken. Seit diesem Tag, so kommt es Harald Meier heute vor, hat es nicht mehr aufgehört zu schneien. Und seitdem sind er und Margit ein Paar.

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Quelle:
SZ vom 10.2.2006
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