Süddeutsche Zeitung

Freizeit:Bayerns schönste Klammen und Wasserfälle

Klammen, Schluchten und Wasserfälle sind wild und bieten an sonnigen Tagen Schutz vor der Hitze. Eine Auswahl der spektakulärsten Orte in Bayern.

Von Thomas Becker

Partnachklamm

Die wohl bekannteste Klamm Bayerns ist zwar auch die meistbesuchte, aber einmal sollte man sie schon erlebt haben. Nur 700 Meter sind es von der Kasse (Erwachsene: sechs Euro, Kinder drei Euro) aus, doch die haben es in sich. Die massiven Felswände ringsum: einschüchternd. Der Weg verläuft zum größten Teil in Tunneln oder Galerien, die stellenweise niedriger als 1,75 Meter sind, was das Gefühl verstärkt, nur ein Tropfen im Ozean zu sein. Und dann dieses nonstop tosende Wasser zur Rechten!

Bis in die Sechzigerjahre wurde die reißende Partnach dazu genutzt, das im Frühjahr weiter oben im Reintal geschlagene Brennholz mit der Kraft des Schmelzwassers ins Tal zu transportieren. Verkeilten sich Baumstämme, mussten bedauernswerte Männer in die Klamm steigen, um das teure Gut wieder zum Schwimmen zu bringen - ein Harakiri-Auftrag, der nicht selten tödlich endete. Auch heute tropft und rieselt es überall von den Wänden, weshalb festes Schuhwerk und Regenkleidung unbedingt zu empfehlen sind. Da die Eiserne Brücke, der stählerne Hingucker in 70 Metern Höhe über der Klamm, während eines Sturms durch einen herabstürzenden Baum schwer beschädigt wurde, muss sie längerfristig gesperrt bleiben, wodurch der Wanderweg dort hinauf nicht genutzt werden kann.

Partnachklamm, Garmisch-Partenkirchen, Juni bis Sep. 8-20 Uhr, Okt. bis Mai 8-18 Uhr, Infotelefon 08821/180700, www.partnachklamm.de

Starzlachklamm

Etwas abseits der beliebten Oberallgäuer Touristenpfade liegen in Burgberg sowie am Ortsrand des Sonthofener Weilers Winkel die beiden Einstiege zur Starzlachklamm, sozusagen der kleinen Schwester der bekannteren Breitachklamm ein paar Kilometer weiter südlich bei Oberstdorf. Der Name bedeutet Sturzbach oder "über die Felsen springende Ach" - und wer die teilweise ganz schön steilen 220 Höhenmeter bewältigt hat, hat tatsächlich das Gefühl, springendes und fliegendes Wasser gesehen zu haben. Vom Parkplatz aus geht es zunächst 20 Minuten lang durch den Wald, bis zur Jausenstation Klammhütte.

Da die Klamm wegen Murenabgangs schon mehrfach gesperrt war und weiterhin in die Instandsetzung der Wege investiert werden muss, zahlt der Wanderer 3,50 Euro Eintritt (Kinder zwei Euro). Direkt nach dem Einstieg der erste Wow-Effekt: die Schleierfälle. Und so atemraubend geht es weiter, stets in maximaler Nähe zum rauschenden Bach. Der entspringt oben zwischen dem Wertacher Hörnle und dem Grünten, dem imposanten "Wächter des Allgäus". Zu dessen Füßen endet der Gang durch die Klamm, es locken die Alpe Topfen sowie ein Berggasthof, der völlig zurecht den Namen Alpenblick trägt.

Starzlachklamm, Sonthofen, 1. Mai bis 1. Nov., Infotelefon 08321/88988, www.starzlachklamm.de, genaue Infos unter www.tourismus-sonthofen.de

Kuhfluchtfälle

Immer wieder spannend zu sehen, wie schnell man doch aus der Zivilisation raus und mittendrin in der wilden, berückend schönen Natur ist. Kurz bevor auf dem Weg nach Garmisch-Partenkirchen die B 2 im Tunnel verschwindet, nimmt man die Ausfahrt Farchant, steuert den Parkplatz des Warmfreibads Werdenfels an - und ist nach wenigen Schritten, vorbei am Nachbau eines Floßes, wie es auf Loisach und Isar früher zum Lastentransport genutzt wurde, schon auf dem Walderlebnispfad hinein ins Estergebirge, läuft durch schattige Waldstücke und über Almwiesen hinauf zu den selten spektakulären Wasserfällen.

Mit 270 Metern, verteilt auf drei Fallstufen, gehören sie zu den höchsten in Deutschland. Gut eine Stunde dauert der zunächst flache, später steile Marsch nach oben, und zwar über den Königsweg: König Maximilian II. soll Mitte des 19. Jahrhunderts auf seiner Wanderung von Lindau nach Berchtesgaden hier vorbeigeschaut haben. Weiter oben heißt es Obacht geben: Der Steig zum Hohen Fricken ist nur für geübte Bergsteiger geeignet. Fliehende oder fluchende Kühe wird man übrigens nicht zu Gesicht bekommen: Der Name geht offenbar auf das lateinische "confluctum" für Zusammenfluss zurück, da der Bach unten in die Loisach mündet.

Kuhfluchtfälle, Farchant, Infotelefon 08821/961696, www.kuhflucht-wasserfaelle.de

Josefsthaler Wasserfall-Runde

Das Schöne an Rundtouren ist ja, dass man den gleichen Weg nicht zwei Mal gehen muss - es soll Menschen geben, die damit wirklich ein Problem haben. Ein weiteres Plus: Man kann an mehreren Stellen in die Runde einsteigen, was wiederum pfeilgerade zum Thema Parken führt. Wer sich eine Runde fernab des Öffentlichen Nahverkehrs ausgesucht hat, muss angesichts des allgemeinen Drangs nach frischer Luft vorab bedenken, wo es für sein Gefährt ein Plätzchen geben könnte. Spitzing-Ausflügler kennen das Problem, deshalb heißt es auch bei der Josefsthaler Wasserfall-Runde: entweder den 9562er-Bus von Schliersee zum Spitzingsee nehmen oder mit dem Auto früh dran sein! Es empfiehlt sich, zunächst bergab zu laufen, denn unten in Josefsthal sind die Parkplätze noch rarer. Von der Taubensteinbahn geht es zunächst entlang des Sees, hoch zum Spitzingsattel, bevor der Weg die Hauptstraße nach links verlässt und an der Stockeralm vorbei zu den zwei Wasserfällen führt - ein doch ziemlich wildromantischer Anblick! Zeit für eine Brotzeit im Schatten, die Füße im herrlich kühlen Hachelbach. Reine Gehzeit für die 6,3 Kilometer-Runde mit 350 Höhenmetern: zweieinviertel Stunden.

Josefsthaler Wasserfälle, Schliersee, Infotelefon 08026/60650, www.schliersee.de/wandern

Maisinger Schlucht

Wesentlich gemütlicher und absolut kinderwagentauglich geht es dagegen in der Maisinger Schlucht zu, einem lauschigen Relikt der Eiszeit zwischen Starnberg und Pöcking. Auch kein Geheimtipp mehr, sondern eher ein Klassiker, dafür aber schön schattig und entspannt mit der S-Bahn erreichbar. Vom Bahnhof Starnberg geht es hinauf zur Söckinger Straße, von der die Maisinger-Schlucht-Straße abbiegt. Nun geht es nahezu ebenerdig immer am gemächlich dahinplätschernden Maisinger Bach entlang, mit zig Abenteuermöglichkeiten für die lieben Kleinen. Bis Maising sind es rund vier Kilometer, und wer noch ein wenig Energie übrig hat, marschiert auf dem König-Ludwig-Weg noch zwei Kilometer weiter bis zum Maisinger See. Der ist nicht besonders tief, also auch nicht so kalt und genau die richtige Erfrischung, ehe man sich im Seehof-Biergarten (Montag Ruhetag) für den Rückweg stärkt.

Maisinger Schlucht, Pöcking, Schluchtweg, www.maisinger-schlucht.de

Leutascher Geisterklamm

Wer bei der Anreise ein paar Kilometer mehr investiert, wird kurz hinter der deutsch-österreichischen Grenze bei Mittenwald mit einem sehenswerten Naturschauspiel belohnt: der Leutascher Geisterklamm. 2005 wurde aus der Leutaschklamm ein Themenweg für Kinder, ein in den Fels gehauener Stahlsteig samt spektakulär hoher Panoramabrücke über die sprudelnde Leutascher Ache. Die noch nicht gänzlich bewiesene Tatsache, dass sich früher in der reichlich verwunschenen Klamm Geister, Kobolde und Zwerge herumgetrieben getrieben haben, nutzten Marketingmenschen, um für Kinder den Aufenthalt in diesem wilden Stück Natur attraktiver zu machen, samt Koboldpfad, Hörrohr, Geisterschatz und versteckten Klammgeistern. Der historische Wasserfallsteig ist dagegen schon im 19. Jahrhundert angelegt worden, aber mit 23 Metern Fallhöhe nicht minder beeindruckend. Auf der rund sechs Kilometer langen, für Kinderwagen nicht geeigneten Route müssen etwa 250 Höhenmeter überwunden werden.

Leutascher Geisterklamm, Mittenwald-Leutasch, www.leutaschklamm.com

Wimbachklamm

Sehr malerisch geht es auch unterhalb des Watzmanns im Berchtesgadener Land zu: in der Wimbachklamm am Eingang eines gewaltigen Hochtals im Bergsteigerdorf Ramsau. Auf einer Länge von nur etwa 200 Metern schlängelt sich der Wanderweg auf breiten Holzbohlen über Brücken und Stege an den steilen, moosbewachsenen Felswänden der Schlucht entlang (Eintrittstickets am Automaten: 3 Euro für Erwachsene, Kinder bis sechs Jahre frei). Wer nach der Klamm noch weitergeht, kann im Wimbachschloss einkehren, dem geradezu putzigen ehemaligen Jagdschloss der Wittelsbacher, vom Parkplatz an der Wimbachbrücke in Ramsau aus in etwa zwei Stunden Wanderung zu erreichen. Besonders König Max II. und Prinzregent Luitpold schätzten das Wimbachtal als Jagdrevier und veranstalteten hier Hofjagden.

Wimbachklamm, Ramsau, www.wimbachklamm.business.site

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