Parteizentrale "Braunes Haus":Postkartenmotiv der Nazis

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Das "Braune Haus" in der Brienner Straße in München auf einem vermutlich nachkolorierten und undatierten Archivbild. (Foto: SZ Photo)
  • Am 1. Mai eröffnet das NS-Dokumentationszentrum in München. Die SZ setzt sich in mehreren Texten mit der schwierigen Vergangenheit der Stadt auseinander und wirft einen ersten Blick in das neue Haus.
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  • Im folgenden Artikel lesen Sie die Geschichte des "Braunes Hauses", der Parteizentrale der NSDAP.

Von Jakob Wetzel

Die Nationalsozialisten waren unangenehme Nachbarn, von Anfang an. Nachdem sie ihre Zentrale in das sogenannte Braune Haus an der Brienner Straße verlegt hatten - dorthin, wo heute das NS-Dokumentationszentrum steht -, hätten Singen, Geschrei und "wiederholt vorkommende Raufereien unter sich und mit Passanten aller Art" dort "einen Unruheherd geschaffen, der unser Anwesen aufs stärkste bereits entwertet hat", so beschwerte sich ein Nachbar 1931 bei der Regierung von Oberbayern. Er finde kaum mehr Mieter, "da niemand in nächster Nähe des braunen Hauses sein will".

Die Stadt München bewertete es ähnlich: Zur "vornehmen Ruhe" der Maxvorstadt stehe der ständige Trubel "in schreiendem Gegensatze", schrieb das Bauamt im August desselben Jahres. Und auch der päpstliche Nuntius, der bis 1934 gegenüber residierte, sah sich immer wieder Beschimpfungen von SA-Männern ausgesetzt.

Das "Braune Haus", benannt nach der Uniformfarbe der SA, war das erste Gebäude, das die Nazi-Partei in der Maxvorstadt nutzte. Es war 1828 von Jean Baptiste Métivier als Spekulationsobjekt errichtet worden und hatte ein Jahrhundert lang Unternehmer und Diplomaten beherbergt. 1930 kauften es die Nationalsozialisten von der britischen Industriellenfamilie Barlow; kurz darauf ließ es Hitler von seinem Lieblingsarchitekten Paul Ludwig Troost in ein Parteigebäude umbauen.

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Was das bedeutete, hat beispielhaft der Zeithistoriker Andreas Heusler zusammengetragen. An der Nordseite und im Garten entstanden Anbauten, im Haupthaus wurden Zwischendecken eingezogen und das Dach ausgebaut. Im Keller wurde ein Kasino eingerichtet. Den Eingang flankierten Standarten, und auf das Dach kam ein Mast, an dem eine 20 Quadratmeter große Hakenkreuz-Fahne flatterte.

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Die Nationalsozialisten vermarkteten ihr Bürogebäude fortan als neues ideologisches Zentrum der Bewegung. Bereits vor 1933 ließ die Partei das Haus auf Postkarten drucken. Und vor dem Eingangsportal postierte die NSDAP uniformierte Bewacher. So demonstrierte sie nicht zuletzt ihre Ablehnung der Weimarer Demokratie.

Das martialische Gehabe rief auch Widerstand hervor, zum Beispiel von Bayerns Innenminister Karl Stützel. Er erließ Uniformierungsverbote und ordnete mehrmals Razzien an. Im Gegenzug ließen die Nationalsozialisten, einmal an der Macht, ihrer Wut freien Lauf. In der Nacht zum 10. März 1933 wurde Stützel ins "Braune Haus" entführt und dort misshandelt. Er war einer von vielen, die dort gequält wurden. So wurde das Haus vom Verwaltungssitz und Kultort schließlich zu einer Stätte der Gewalt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde es von Bomben getroffen. Die Ruine wurde 1951 abgerissen.

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© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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