Das Tor öffnet sich, und ein blauer Mini fährt in den Eingangsbereich des 16 Meter hohen Turms. Sein Kennzeichen wird automatisch erkannt, und schon geht es mithilfe des Paternoster-Aufzugs nach oben, im Gegenzug erscheint ein bereits geparkter roter Mini von oben kommend im Blickfeld. Die Vorführung des neuen Parkturms im Werksviertel ist kurz, aber eindrucksvoll.
Ähnlich verhält es sich auch mit der grundlegenden Idee des Münchner Start-ups VePa (kurz für Vertical Parking). Sie ist schnell erklärt, aber leuchtet ein: Statt wie bei Tiefgaragen nach unten oder im Falle von Parkhäusern in die Breite zu bauen, soll in die Höhe ausgewichen werden.
Was bereits in den dicht bebauten asiatischen Städten besonders häufig praktiziert wird, ist mit Hilfe des Investors Hammer AG nun auch in Deutschland angekommen, die Initiatoren sprechen sogar von Europas erstem öffentlichen Parkturm. Lange Zeit hatten sich in den autozentriert geplanten Städten hierzulande immer wieder Flächen zum Parken gefunden. Nun stößt man zunehmend an seine Grenzen.

Da kommt ein Turm, der auf einer Fläche von 49 Quadratmetern zwölf Parkplätze bietet, gerade recht. Und die Platzersparnis ist nicht der einzige Vorteil. Sie wird durch die Paternoster-Technologie des Aufzugs, bei der sich zwei parallele Ketten permanent im Umlauf befinden, erst ermöglicht. Die Hälfte der Parkplätze ist zudem mit einer Lademöglichkeit ausgestattet, einem noch immer raren Gut in der Münchner Innenstadt. Was die beiden VePa-Gründer David Schön und Simon Schubnell zudem besonders gern betonen: So ein Turm ist – ganz im Gegensatz zu einer Tiefgarage – innerhalb kurzer Zeit rückbaubar. Die Türme dürfen allerdings aufgrund von Regularien nicht viel höher als umstehende Gebäude sein und sind daher in der Zahl ihrer Parkplätze begrenzt. So können sie nicht die einzige Lösung für die Zukunft darstellen.
Von vielen seiner asiatischen Vorbilder unterscheidet sich der Turm an der Friedenstraße unweit des Ostbahnhofs derweil durch die Optik. Während in Asien häufig unverkleidete Stahlgerippe zu sehen sind, zieren die Fassade des Turms im Werksviertels neben einem Werbebanner für eine französische Biermarke zwei rundherum laufende Schnüre. Die künstlerische Leiterin Martina Taubenberger spricht von einem Balkon im „Industrial Style“, und erst sie macht den bei der Eröffnmung anwesenden 250 Neugierigen klar: Das Werk der Künstlerin Mariella Kerscher stellt zwei miteinander verwobene Nabelschnüre dar. Diese sollen als weibliches Symbol einen Kontrast zum männlich konnotierten Auto bieten und zum Nachdenken anregen.
Bis 2028 will das Start-up jede Woche einen Turm in Betrieb nehmen
Wenn es nach den Verantwortlichen von VePa geht, soll dieser Turm, der etwa eine Dreiviertelmillion Euro gekostet hat, nur der Anfang gewesen sein. Ein weiterer Turm am Hackeschen Markt in Berlin-Mitte befindet sich bereits in der Planung. Allein in München liege das Potenzial, so Gründer David Schön, bei etwa 35 bis 40 derartigen Bauten. Bis 2028, so kündigt es Co-Founder Simon Schubnell gewagt an, wolle man jede Woche einen Turm in Betrieb nehmen.
Genau genommen ist der Bau am Ostbahnhof dabei nicht der erste Turm, den VePa ersonnen und gestaltet hat. Das aktuell acht Mitarbeiter zählende Unternehmen hat bereits 2023 einen Parkturm in Freising eröffnet, der allerdings nur einer geschlossenen Nutzergruppe zur Verfügung steht. „Nun sind wir dort angekommen, wo die Türme primär hingehören“, sagt Schön. „In der Stadt.“
Von Mai an wird der neue Parkturm in München für jedermann verfügbar sein. Der Preis soll bei vier Euro pro Stunde liegen – in etwa also so teuer wie die umliegenden klassischen Parkhäuser.